Ein Gedanke
Foto © Jörg Niederer |
Ein Bibelvers - 2. Samuel 12,1-7.9
"Und Natan kam zu David und sprach zu ihm: Es waren zwei Männer in einer Stadt, der eine war reich, und der andere war arm. Der Reiche besass Schafe und Rinder in grosser Zahl, der Arme aber besass nichts ausser einem einzigen kleinen Lamm... Da kam ein Besucher zu dem reichen Mann, und diesen reute es, eines von seinen eigenen Schafen oder Rindern zu nehmen, um es für den Reisenden zuzubereiten, der zu ihm gekommen war. Und so nahm er das Lamm des armen Mannes... Da entbrannte der Zorn Davids heftig über den Mann, und er sprach zu Natan: So wahr der Herr lebt: Der Mann, der das getan hat, ist ein Kind des Todes! ... Natan aber sprach zu David: Du bist der Mann! ... Urija, den Hetiter, hast du mit dem Schwert erschlagen, und seine Frau hast du dir zur Frau genommen..."
Eine Anregung
In diesen Tagen hat Finn Nina Hasler den diesjährigen Basler Theologiepreis für herausragende Maturaarbeiten gewonnen. Der Titel der Arbeit: "Drei Ringe – Drei Religionen: Entstehung und Wandel der Ringparabel". Die Arbeit kann unter https://theologie.unibas.ch/en/faculty/news-503/details/news/drei-ringe-drei-religionen-entstehung-und-wandel-der-ringparabel/ heruntergeladen werden.
Beim Überfliegen der Arbeit habe ich in kürzester Zeit Neues gelernt über die verschiedenen Varianten der Ringparabel. Einen kleinen Ausschnitt aus der Arbeit gebe ich hier wieder von einer jüdischen Version dieser für Toleranz zwischen den Religionen und Anschauungen werbenden Geschichte. In der Schebet Jehuda, geschrieben von Salomo ben Verga (1460-1554) findet sich die folgende Version: "König Don Pedro der Ältere von Aragonien stellt einem Juden die Frage, welche Religion die bessere sei, die christliche oder die jüdische. Nach einer Bedenkzeit von drei Tagen kommt der Jude verärgert zurück und erklärt dem König die Ursache seines Ärgers. Vor einem Monat sei sein Nachbar verreist und habe seinen zwei Söhnen je einen Edelstein hinterlassen. Die Söhne hätten daraufhin ihn, den Juden, aufgesucht, um ihn zu den Besonderheiten der Edelsteine zu befragen. Er habe darauf geantwortet, ihr Vater könne dies am besten tun, da er Juwelier sei. Daraufhin hätten sie ihn beleidigt und geschlagen. Der König wendet ein, dass die Brüder nicht richtig gehandelt hätten und dass sie dafür bestraft werden müssten."
In dieser Version gelingt es dem Juden, auf geschickte Weise ein Dilemma zu umschiffen. Einerseits wäre es gefährlich gewesen, gegenüber dem christlichen König die jüdische Religion als die bessere zu bezeichnen. Andererseits wäre es für den Juden demütigend gewesen, zuzugeben, dass die christliche Religion die bessere sei. Also gibt er die Frage wieder an den König zurück, indem er deutlich macht, dass Gott, der höchste Juwelier, allein diese Frage nach der Qualität der Religion beantworten könne.
Zugleich beton er, dass der König gar nicht berechtig gewesen sei, diese Frage ihm, dem Juden zu stellen, und der König bestätigt dies indirekt mit seinem Tadel der beiden gewalttätigen Söhne.
Wirklich eine lesenswerte Arbeit. Finn Nina Hasler hat damit ganze Arbeit geleistet und für Toleranz geworben.
Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika
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