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Mittwoch, 31. März 2021

Methodisten erfanden die kirchliche Arbeit neu

Ein Gedanke

Die älteste Fotografie (ca. 1880) des gemischten Chors der Bischöflichen Methodistenkirche von St. Gallen. Gesungen wurde etwa geistliches Chorwerk von Felix Mendelssohn Bartholdy.
Foto © Archiv EMK St. Gallen
Da Wort des Tages: "Klassen" oder auch "Banden". Geistliche Kleingruppen, von John Wesley eingesetzt, um eine gute seelsorgliche Begleitung in der methodistischen Bewegung sicherzustellen. Seine "Allgemeinen Regeln" schrieb er als Leitfaden für diese Klassen.

Ein Bibelvers - Hebräer 10,24+25

"Und wir wollen uns umeinander kümmern und uns gegenseitig zur Liebe und zu guten Taten anspornen. Auch sollen wir unsere Gemeindeversammlungen nicht verlassen, wie es manchen zur Gewohnheit geworden ist. Vielmehr sollen wir uns gegenseitig Mut machen. Und das umso mehr, als ihr doch seht, dass der Tag nahe ist."

Eine Anregung

Am 25. März 2021 jährte sich der Beginn der kirchlichen Arbeit der Bischöflichen Methodistenkirche in St. Gallen und der Ostschweiz zum hundertsechzigsten Mal. Zum 100. Jubiläum schrieb das damalige Gemeindeglied Bangerter am 25.03.1961:

"Die grossen zu bedienenden Bezirke mit den vielen Predigtstationen machten es unmöglich, dass der Prediger alle Arbeit bewältigen konnte. Die Gemeinde wurde auch hier von Anfang an in Klassen eingeteilt. Ein Klassführer hatte seinen Mitgliedern helfend und ratend beizustehen. Schon 1876 waren es 6 Klassen.

Sonntagschulen wurden überall, wo es irgend möglich war, gegründet und eine grosse Zahl Sonntagschullehrer- und -lehrerinnen zur Unterrichtung der Kinder beigezogen. In Sonntagschullehrerkonferenzen hat der Prediger für die Weiterbildung dieser Hilfskräfte gesorgt.

Seit 1868 war der Jünglingsverein tätig und am 29. August 1874 gründeten die Frauen einen Nähverein. Protokoll und erste Statuten finden sich auch noch in unserm Gemeindearchiv. Es waren zu Beginn 13 aktive und 24 unterstützende Mitglieder. Als erstes wurde beschlossen, die Dekoration der Fenster und des Altars der neuen Kapelle zu übernehmen. Fr. 108.- wurden dafür ausgegeben.

Das Traktatkomitee berichtete regelmässig an die Vierteljährliche Konferenz über seine Tätigkeit.

Seit 1869 besteht der Chor und dient in den Gottesdiensten und vielen besondern Anlässen.

Am 26, Mai 1899 wurde der Jugendbund als Zweig der 'Epworth-Liga' gegründet. Präsident war W. Tröber, Sekretär A. Seifert."

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 30. März 2021

Zion lag einst über dem Gallusbrunnen

Ein Gedanke

Die ursprüngliche Zionskapelle der Methodisten in St. Gallen von 1875. Die Aufnahme ist wohl aus dem Winter 1924. Zu sehen sind die Bauprofile des geplanten Türmchens, das dann 1924 gebaut wurde.
Foto © Archiv EMK St. Gallen
Da Wort des Tages: "Flaschner". Verwandt mit dem heutigen Beruf des Spenglers, Klempners. Spätmittelhochdeutsch "vlaschener", (da früher Flaschen auch aus Blech oder Zinn hergestellt wurden).

Ein Bibelvers - Psalm 9,12+13

"Preist den Herrn, der auf dem Zion wohnt. Verkündet seine Taten unter den Völkern: Wenn er gewaltsam vergossenes Blut rächt, denkt er an die unschuldigen Opfer. Wenn die Armen um Hilfe schreien, vergisst er sie nicht."

Eine Anregung

Am 25. März 2021 jährte sich der Beginn der kirchlichen Arbeit der Bischöflichen Methodistenkirche in St. Gallen und der Ostschweiz zum hundertsechzigsten Mal. Zum 100. Jubiläum schrieb das damalige Gemeindeglied Bangerter am 25.03.1961:

"Schon lange sehnte sich die Gemeinde nach einem eigenen Heim. Vor St. Gallen erhielt Rheineck eine eigene Kapelle. 1869 wurde dort ein genügend grosses Grundstück gekauft. Darauf sollte ja auch der eigene Friedhof seinen Platz finden, sofern sich nicht, wie es dann später der Fall war, eine andere Regelung für das Begräbnis der Glieder der Kirche finden liesse. Am 2. Oktober 1870 konnte die Kapelle in Rheineck, die erste in der Ostschweiz, eingeweiht werden.

In der Vierteljährlichen Konferenz vom 24. Oktober 1874 konnte durch die Baukommission berichtet werden, dass an der Wassergasse in St. Gallen von Schlossermeister Emil Rietmann ein geeigneter Bauplatz für Fr. 9’600.- erworben werden konnte. Sehr rasch ging es nun ans Planen für den Bau. Am 6. Februar 1875 konnte festgestellt werden, dass der Bauplan von allen Instanzen genehmigt war und bereits Sonntag, den 31. Oktober, war der grosse Freudentag, da die Kapelle durch Distriktsvorsteher Heinrich Nuelsen eingeweiht werden konnte. Die Kollekte ergab Fr. 1’013.-.

1866 [Es müsste wohl 1886 heissen. Anm. des Redaktors] feierte man auch mit Freuden das 25-jährige Jubiläum des Beginns der kirchlichen Arbeit in St.Gallen. Bei dieser Gelegenheit stiftete Nationalrat Rikli aus Uzwil Fr. 2000.- als Baufonds für eine Kapelle in der Filialgemeinde Herisau.

1924 erfolgte die Erweiterung und vollständige Renovation der St. Galler Kapelle. Während diesen Umbauten musste die Gemeinde noch einmal an einem andern Ort Unterkunft suchen. Sie fand diese nicht weit entfernt an der Wassergasse 1a im Hause von Flaschner Weder.

Am. 19. Oktober 1924 konnte in einer schönen Einweihungsfeier wieder die alte, nun neu gewordene liebe Kapelle bezogen werden."

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 29. März 2021

Die vorübergehende staatliche Anerkennung der Methodistenkirche

Ein Gedanke

Lena Stähelin, vielleicht die erste St. Galler Methodistin. Eintrag der Mitglieder im ersten Kirchenbuch der Bischöflichen Methodistenkirche.
Foto © Jörg Niederer
Da Wort des Tages: "Kopulationsbewilligung". Im 19. Jahrhundert die durch Schweizer Kantone ausgestellte staatliche Erlaubnis zu heiraten.

Ein Bibelvers - 1. Mose 25,20

"Als Isaak 40 Jahre alt war, heiratete er Rebekka, die Tochter des Aramäers Betuel aus Mesopotamien. Sie war die Schwester des Aramäers Laban."

Eine Anregung

Am 25. März 2021 jährte sich der Beginn der kirchlichen Arbeit der Bischöflichen Methodistenkirche in St. Gallen und der Ostschweiz zum hundertsechzigsten Mal. Zum 100. Jubiläum schrieb das damalige Gemeindeglied Bangerter am 25.03.1961:

"Am 3. und 4. Juni 1872 befasste sich der Grosse Rat mit der Vorlage. Ein Antrag auf Nichteintreten wurde abgelehnt, dagegen wurde beschlossen, eine spezielle Kommission zur gründlichen Vorbereitung einzusetzen. Diese Kommission wurde vom Ratsbüro wie folgt bestellt: Bislin, alt Landammann, St. Gallen; Seifert, Regierungsrat, St. Gallen (früher Pfarrer in Ebnat); Ruggle, Pfarrer Gossau; Pfändler, Regierungsrat, Flawil (vorher Kantonsrichter); Dr. Jung, Bezirksammann in Wil. Die Kommission prüfte eingehend alle aufgeworfenen Fragen...

Eine Minderheit der Kommission beantragte zwar nach wie vor Ablehnung des regierungsrätlichen  Antrages auf Anerkennung der Methodistenkirche. Für die Mehrheit richtete aber alt Landammann Bislin einen eingehend begründeten ausführlichen Bericht an den Grossen Rat... Er stellte darin u. a. fest, dass eine eingehende Prüfung der Moral-Lehre der Methodisten, die unter dem Titel 'Allgemeine Regeln' zusammengestellt ist, ergibt, dass diese Lehren ganz auf dem christlichen Boden der Gottes- und Nächstenliebe beruhen.

Am 24. November 1873 trat der Grosse Rat unter dem Vorsitz von Ständerat Dr. Hoffmann erneut auf die Beratung ein. Die Artikel 4 und 5 des regierungsrätlichen Antrages in Bezug auf das Friedhofwesen fielen dahin, da dieses nun Sache der politischen Gemeinden war. Die andern drei Artikel und damit der ganze Beschluss über die Anerkennung der Methodistenkirche wurden mit 92 gegen 16 Stimmen bei 131 Anwesenden angenommen...

St. Gallen ist wohl der einzige Kanton, in dem durch einen Beschluss des Grossen Rates die Anerkennung der Methodistenkirche ausgesprochen wurde. Damit konnten die Prediger nicht nur das Evangelium frei verkünden, sie konnten auch taufen, wobei die politischen Gemeinden verpflichtet waren, auf Grund der Taufbescheinigung des Predigers den Eintrag ins Geburtsregister vorzunehmen, die gleiche Regelung, wie sie für die Angehörigen der jüdischen Konfession bereits vorgesehen war. Nach den gleichen Bestimmungen hatte auch die Eheverkündigung zu erfolgen, d. h. an Stelle der Verkündigung von der Kanzel hatte das Gemeindeammannamt die Publikation im Kantonsamtsblatt und in einer Lokalzeitung zu veranlassen. Bei der Kantonskanzlei ist eine 'Kopulationsbewilligung' einzuholen. Dann hat der Eheschluss durch eine zuständige Amtsperson zu erfolgen. Der Regierungsrat stellte aber gleichzeitig fest, dass im Kanton St. Gallen nur die Geistlichen der beiden Landeskirchen für den Eheschluss zuständige Amtspersonen seien. Wollte nun ein Ehepaar aus irgend einem Grund sich nicht vom Pfarrer der Landeskirche trauen lassen, so gab es nur einen Ausweg, den ebenfalls- der Regierungsrat wies: Der Kt. Thurgau kannte bereits die Zivilehe. Dort konnte auch ein St. Galler mit regierungsrätlicher 'Kopulationsbewilligung' seine Ehe vor dem bürgerlichen Zivilstandsbeamten schliessen. Nachher stand der kirchlichen Einsegnung durch den Methodistenprediger im Kanton St. Gallen nichts mehr im Wege.

Am 19. April 1874 stimmte das Schweizervolk der neuen Bundesverfassung zu. Diese brachte für die ganze Schweiz die Übertragung des Zivilstandswesens an die politischen Gemeinden, bzw. an den Staat. Ebenso wurde die Niederlassungsfreiheit, wie die Glaubens- und Gewissensfreiheit, noch stärker verankert. Damit fielen auch im Kanton St. Gallen die bisherigen Schranken und Schwierigkeiten für die Entwicklung einer Freikirche weg."

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 28. März 2021

Der St. Galler Regierungsrat und die Methodisten

Ein Gedanke

Bauarbeiten zur Erichtung der methodistischen Zionskapelle in St. Gallen
Foto © Archiv EMK St. Gallen
"Ist der Palmsonntag hell und klar, so gibt's ein fruchtbar Jahr." Bauernweisheit

Ein Bibelvers - Markus 11,8+9

"Viele Leute breiteten ihre Mäntel auf der Straße aus. Andere aber legten Zweige hin, die sie am Feldrand abschnitten. Die Leute, die vor Jesus hergingen und ihm folgten, riefen unablässig: 'Hosianna! Gesegnet sei, wer im Namen des Herrn kommt!'"

Eine Anregung

Am 25. März 2021 jährte sich der Beginn der kirchlichen Arbeit der Bischöflichen Methodistenkirche in St. Gallen und der Ostschweiz zum hundertsechzigsten Mal. Zum 100. Jubiläum schrieb das damalige Gemeindeglied Bangerter am 25.03.1961:

"Es wurde eine 'Bischöfliche Methodistenkirche des Kantons St. Gallen' als kirchliche Genossenschaft organisiert. Am 13. November wurden die 11 Artikel an einer Mitgliederversammlung einstimmig angenommen und von 108 Kirchengliedern unterzeichnet. Es wurde ein Ausschuss bestimmt und in dessen Namen reichten Prediger Glättli und die Verwalter J. Keller und Bartholome Messmer noch am gleichen Abend dem Regierungsrat das Gesuch um Anerkennung ein.

Der Regierungsrat beschloss, dem Grossen Rat folgenden Antrag zur Beschlussfassung zu unterbreiten:

Der Grosse Rat des Kantons St. Gallen,
Auf das Gesuch des Ausschusses der bischöflichen Methodistenkirche des Kantons St. Gallen vom 13. Wintermonat 1871 um die staatliche Anerkennung der besagten Religionsgenossenschaft und um Gewährleistung der freien Ausübung ihres Gottesdienstes,
Nach Prüfung der Vorlage und in Betracht, dass nach Ausweis derselben, 'Die bischöfliche Methodistenkirche des Kantons St. Gallen' 'innert den Schranken der Sittlichkeit und der staatlichen Ordnung' steht,
In Anwendung von Art. 6, Ziffer. 3 der Verfassung, beschliesst:
Art. 1: Es ist dem Petenten die freie Ausübung des Gottesdienstes gestattet.
Art. 2: Ehen unter den Mitgliedern der bischöflichen Methodistenkirche des Kantons St. Gallen werden bis zum Erlasse der bezüglichen gesetzlichen Vorschriften von Seiten des Staates nur anerkannt, wenn die Kopulation von einer hiezu ermächtigten Amtsperson vorgenommen wurde.
Art. 3: In Bezug auf die Eheverkündigung müssen die Vorschriften der Art. 6, 13 und 14 der Verordnung über den Handelsverkehr, den Aufenthalt und die Niederlassung der Israeliten vom 9. Brachmonat 1863 in analoge Anwendung gebracht werden.
Art. 4: Der Regierungsrat hat dafür zu sorgen, dass die Beerdigung der Angehörigen der 'Bischöflichen Methodistenkirche' angemessen reguliert werde.
Art. 5: Die in Art. 1 dieses Beschlusses erteilte Befugnis tritt erst in Kraft, wenn die in Art. 4 vorgesehene Anordnung vollzogen ist.

Am 21. Februar 1871 genehmigte der Regierungsrat die von der Staatskanzlei verfasste Botschaft z. H. des Grossen Rates. Eingehend werden darin die vorliegenden Verhältnisse nochmals geschildert und den Grossen Rat um Genehmigung des Antrages ersucht. Unter anderem schreibt der Regierungsrat zur Begründung in seiner Botschaft:

'Wir haben, Herr Präsident! Herren Kantonsräte! sowohl die Lehre und die Kirchenordnung der bischöflichen Methodistenkirche, als auch ihre Glaubensartikel und allgemeinen Regeln wohl geprüft und gefunden, dass sie nichts enthalten, was mit den Grundsätzen der Sittlichkeit und der staatlichen Ordnung in Widerspruch stünde. Sowohl die religiösen Grundsätze, auf die sich die bischöfliche Methodistenkirche stützt, als die weltlichen Regeln, die sie lehrt und zu denen sie sich bekennt, bewegen sich durchwegs innert den Schranken der Sittlichkeit und der staatlichen Ordnung und es kann und soll dabei der bezeichneten religiösen Genossenschaft nicht verwehrt werden, sich als eigene christliche Genossenschaft zu bilden, zu organisieren und den Gottesdienst in ihrer Weise auszuüben.'"

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 27. März 2021

Illegale Taufen durch Methodistenprediger

Ein Gedanke

Innenansicht der methodistische Zionskapelle St. Gallen um 1924
Foto © Archiv EMK St. Gallen
"Auch das Haus der Stille wurde nicht ohne Lärm erbaut." Walter Ludin

Ein Bibelvers - 1. Korinther 1,11-13a

"Meine Brüder und Schwestern, ich habe von Chloes Leuten erfahren, dass es unter euch Streit gibt. Ich meine damit, dass jeder von euch etwas anderes sagt: 'Ich gehöre zu Paulus.' 'Ich gehöre zu Apollos.' 'Ich gehöre zu Kephas.' 'Ich gehöre zu Christus.' Christus lässt sich doch nicht zerteilen!"

Eine Anregung

Am 25. März 2021 jährte sich der Beginn der kirchlichen Arbeit der Bischöflichen Methodistenkirche in St. Gallen und der Ostschweiz zum hundertsechzigsten Mal. Zum 100. Jubiläum schrieb das damalige Gemeindeglied Bangerter am 25.03.1961:

"Zu neuen Schwierigkeiten führte es aber, als Eltern auch ihre Kindlein durch den Prediger der Methodistenkirche taufen liessen. Noch galt im Kanton St.Gallen die Verfassung von 1861. Diese erklärte zwar die persönliche Glaubensfreiheit als unverletzlich. Anerkannt waren aber nur die katholische und evangelische Kirche und ihnen allein die Ausübung ihres Glaubensbekenntnisses und der Gottesdienste gewährleistet. Andere Konfessionen und Religionsgemeinschaften bedurften zur Ausübung ihres Gottesdienstes eine besondere Bewilligung durch den Grossen Rat. Alle matrimoniellen Angelegenheiten (d.h. das ganze Zivilstandswesen) war Sache der beiden Landeskirchen, ebenso gehörten die Friedhöfe der Kirche, auch das Schulwesen war konfessionell geregelt. Die vom Grossen Rat sanktionierte Kirchenordnung der evangelischen Landeskirche von 1866 enthielt besondere Bestimmungen und Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung des Sektenwesens. Eheverkündigungen erfolgten nur von der Kanzel der Kirche. Ehe- und Geburtsregister wurden nur vom Pfarrer geführt. Zivilstandsämter der Gemeinde kannte der Kanton St. Gallen noch nicht. Nachdem 1864 durch den Niederlassungsvertrag mit Frankreich den französischen Juden und durch die eidgenössische Verfassungsrevision von 1866 den Juden ganz allgemein ebenfalls die freie Niederlassung zugesichert wurde, musste der Grosse Rat allerdings in Bezug auf die Führung der Zivilstandsregister für die Juden eine besondere gesetzliche Regelung treffen und übertrug die Führung derselben den Gemeinden. Eine entsprechende Regelung wurde auch für die in St. Gallen seit 1836, (von Stephan und Daniel Schlatter gegründet), bestehende 'Freie Gemeinde', auch Dissidentengemeinde genannt, getroffen.
Am 9. Februar 1871 gelangte nun der evangelische Kirchenrat an den Regierungsrat und machte diesen darauf aufmerksam, dass insbesondere in der Stadt St. Gallen, im Rheintal und Toggenburg, die religiöse Gemeinschaft der Methodisten Eingang gefunden habe, und dass deren Prediger mitunter auch Taufen an Kinder vorgenommen hätten. Sie würden dann Taufbescheinigungen ausstellen und diese dem zuständigen Pfarramt zur Eintragung ins Geburts- und Taufregister zustellen. Es sei Sache des Regierungsrates, dieser willkürlichen Umgangnahme von gesetzlichen Vorschriften entgegenzutreten. Der Regierungsrat stellte in seiner Sitzung vom 12. April 1871 fest, dass es sich hier nicht einfach, wie 1865, um die Abhaltung von Privatversammlungen handle, dass vielmehr hier die Prediger der Methodistenkirche Handlungen vornehmen würden, zu denen nach der Verfassung nur Pfarrer der beiden Landeskirchen oder, vom Grossen Rat durch besonderen Beschluss anerkannte, andere christliche Religionsgemeinschaften befugt seien. Auf Antrag des Justizdepartementes beschloss dann der Regierungsrat, dass den Predigern der Methodistenkirche die Vornahme von Taufen untersagt sei, solange die Kirche nicht vom Grossen Rat den Status einer anerkannten christlichen Religionsgemeinschaft erlange. Die von den Methodistenpredigern ausgestellten Taufscheine seien ungültig und die evangelischen Pfarrämter seien nicht verpflichtet, diese Geburten ins Register einzutragen.
Damit war aber auch der jungen Methodistenkirche, die im Kanton nun seit 10 Jahren tätig war, der weitere Weg gewiesen. Es wurde eine 'Bischöfliche Methodistenkirche des Kantons St. Gallen' als kirchliche Genossenschaft organisiert."

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Freitag, 26. März 2021

Wiederstand und Glaubensfreiheit

Ein Gedanke

Haus und Restaurant Papagei, St. Gallen
Foto © Jörg Niederer
"Ich predige nicht die Duldsamkeit. Unbeschränkte Religionsfreiheit ist in meinen Augen ein so geheiligtes Recht, dass das Wort Duldsamkeit, als Ausdruck hierfür gebraucht, mir gewissermaßen selbst tyrannisch erscheint."
Honoré Gabriel de Mirabeau, Politische Diskurse

Ein Bibelvers - 2. Korinther 4,8+9

Paulus: "Wir stehen von allen Seiten unter Druck, aber wir werden nicht erdrückt. Wir sind ratlos, aber wir verzweifeln nicht. Wir werden verfolgt, aber wir sind nicht im Stich gelassen."

Eine Anregung

Am 25. März 2021 jährte sich der Beginn der kirchlichen Arbeit der Bischöflichen Methodistenkirche in St. Gallen und der Ostschweiz zum hundertsechzigsten Mal. Zum 100. Jubiläum schrieb das damalige Gemeindeglied Bangerter am 25.03.1961:

"In St.Gallen waren während kurzer Zeit die Versammlungen in ein Haus an der St. Leonhardstrasse verlegt worden; dann wurde im historischen Tuchhaus an der Neugasse... ein geeignetes Versammlungslokal gefunden. Doch auch hier war kein bleibender Ort. 1866 konnten im Haus zum 'Papagei' an der Neugasse im 3. Stock drei Zimmer zu einem Saal umgebaut werden, der 300 Personen Platz bot. Hier fand die Gemeinde ihr Heim bis zum Bau der eigenen Kapelle.

Im Saal des Hauses zum 'Papagei' fand am 25. Mai 1867 auch die erste konstituierende Vierteljahreskonferenz statt. Vorsitzender war Distriktsvorsteher Heinrich Nuelsen (der Vater unseres späteren Bischofs). Als Sekretär wurde Prediger H. Gisler bestimmt... Der Kirchenbezirk wurde St. Gallen-Rheintal genannt und die Sitzungen der Vierteljährlichen Konferenz fanden abwechslungsweise in St. Gallen und in Thal oder Rheineck statt...

Im Rheintal kam es bald zu Auseinandersetzungen mit den örtlichen Behörden. 1865 haben in St. Margrethen Kirchenvorsteherschaft und Gemeinderat Prediger Messmer das weitere Abhalten von Versammlungen verboten. Prediger Messmer und einige St. Margrether Bürger richteten deshalb eine Beschwerde an den Regierungsrat und verlangten Aufhebung dieses Verbotes. Im Protokoll des Regierungsrates vom 9. September 1865 ist dieser Streitfall eingehend behandelt. Zur Vernehmlassung eingeladen, hatte der Gemeinderat von St. Margrethen behauptet, dass durch solche separatistischen Versammlungen viel Uneinigkeit in die Gemeinde komme und insbesondere aus Gründen der Ordnung und Sittlichkeit hauptsächlich die nächtlichen Versammlungen (gemeint sind die Abendgottesdienste) zu untersagen seien. Im gleichen Sinne äusserte sich die Kirchenvorsteherschaft. Der Regierungsrat stelle demgegenüber fest, dass es sich bei diesen Versammlungen keineswegs um eine ausserhalb der evangelischen Landeskirche stehende Religionsgenossenschaft handle, dass das durch die Verfassung gewährleistete Recht der Glaubensfreiheit das Recht zur Abhaltung besonderer Versammlungen in sich schliesse, und dass keine gesetzlichen Bestimmungen bestehen, nach denen solche Versammlungen zur Abendzeit untersagt werden könnten. Aus diesen Gründen hob der Regierungsrat auf Antrag des Erziehungsdepartementes das St. Margrether Verbot wieder auf."

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Donnerstag, 25. März 2021

Es begann vor 160 Jahren...

Ein Gedanke

Frühere Kapelle der Methodisten in St. Gallen an der Kapellenstrasse
Foto © Archiv EMK St. Gallen
"Kolporteur: (1) veraltet für Hausierer in billigen Heften, Schriften und Bücher, besonders religiöser Art. (2) eine Person, die Gerüchte verbreitet ... (4) schweizerisch: Verteiler von Pentlerzeitungen" https://www.wortbedeutung.info/

Ein Bibelvers - 2. Korinther 2,15+16

"Denn wir sind für Gott wie ein wohlriechender Duft, der von Christus ausgeht. Er kommt zu denen, die gerettet werden. Und er dringt bis zu denen, die verloren gehen. Für die einen ist es der Geruch, der aus dem Tod kommt und zum Tod führt. Für die anderen ist es der Duft, der aus dem Leben kommt und zum Leben führt."

Eine Anregung

Heute jährt sich der Beginn der kirchlichen Arbeit der Bischöflichen Methodistenkirche in St. Gallen und der Ostschweiz zum hundertsechzigsten  Mal. zum 100. Jubiläum schrieb das damalige Gemeindeglied Bangerter am 25.03.1961:

"Am 24. Februar 1856 hielt Prediger Ernst Mann... in Lausanne die erste Predigt der [Bischöflichen] Methodistenkirche in deutscher Sprache...

Schon 5 Jahre später, am 25. März 1861, reiste Superintendent Dr. L. S. Jakoby mit dem jungen Prediger Baumann nach St. Gallen. Am folgenden Tag konnten sie im Haus des Kantonsschullehrers Prof. Bertsch an der Neugasse (heute [1961] Firma Grossenbacher) im 2. Stock zwei ineinandergehende Zimmer mieten. Prediger Baumann begann hier seine Missionsarbeit, vor allem auch als Buchhändler und Kolporteur. Bald sammelte er auch eine kleine Gemeinde, die sich regelmässig an der Neugasse zusammenfand. Das war der Ausgangspunkt für die Arbeit der Methodistenkirche nicht nur in Stadt und Kanton St. Gallen, sondern in der Ostschweiz überhaupt.

Bereits im Oktober aber kehrte Prediger Baumann in seine deutsche Heimat zurück... Prediger Ernst Mann, der 1859 die Arbeit der Kirche in Lausanne begonnen hatte, kam regelmässig nach St. Gallen. 1864 nahm Prediger Jak. Messmer in St. Gallen Wohnsitz...

Schon 1864 hatte Prediger Messmer in Speicherschwendi, Rehetobel, Trogen, Thal und St. Margrethen zu predigen begonnen. Es folgten Walzenhausen, Rorschach, Konstanz, Wattwil, Chur, Herisau, Wald, Rheineck, Igis, Diepoldsau, Andeer, Romanshorn, Heiden, Roggwil, Urnäsch, Teufen und andere mehr..." (Bangerter, 25.03.1961)

In den nächsten Tagen werde ich anlässlich dieses Jubiläums noch weitere Abschnitte aus der Jubiläumsschrift "100 Jahre Methodistenkirche in Stadt und Kanton St. Gallen" zitieren. Eine Geschichte, die auch verknüpft ist mit dem Kantonspital St. Gallen und und einer staatlichen Anerkennung der Methodistenkirche durch den Grossen Rat des Kantons St. Gallen.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 24. März 2021

"Beim Namen nennen" - Fluchtopfer nicht vergessen

Ein Gedanke

Namen von verstorbenen Flüchtlingen
Foto © Beim Namen nennen
"Migranten und Flüchtlinge sind keine Figuren auf dem Schachbrett der Menschheit. Es geht um Kinder, Frauen und Männer, die aus verschiedenen Gründen ihre Häuser verlassen oder gezwungen sind, sie zu verlassen; Menschen, die den gleichen legitimen Wunsch haben, mehr zu lernen und mehr zu besitzen, vor allem aber mehr zu sein." Papst Franziskus

Ein Bibelvers - 5. Mose 26,5+6

"Mein Vater war ein Aramäer, dem Umkommen nahe, und zog hinab nach Ägypten und war dort ein Fremdling mit wenig Leuten und wurde dort ein großes, starkes und zahlreiches Volk. Aber die Ägypter behandelten uns schlecht und bedrückten uns und legten uns einen harten Dienst auf."

Eine Anregung

In verschiedenen Städten der Schweiz wollen Menschen und Organisationen an die in den letzten drei Jahren auf der Flucht nach Europa verstorben Flüchtlinge denken. Bei der Aktion "Beim Namen nennen" geht es darum, die Namen der Verstorbenen in Erinnerung zu rufen. Sie sollen nicht vergessen werden. Selbst bin ich in St. Gallen an dieser Aktion beteiligt. Wir erhoffen uns, dass so viele Menschen wie möglich daran mitwirken. 

Am 5./6. Juni wird die Aktion in der Kirche St. Laurenzen als eine 24-stündige Gedenkfeier durchgeführt.

So kann deine Mitarbeit, Unterstützung und Hilfe aussehen:
- Du machst direkt mit, indem du eine Aufgabe übernimmst – siehe dazu die Webseite: https://www.kathsg.ch/DE/180/BeimNamennennen.htm
- Du verbreitest die Info und wirbst dadurch um Menschen, die mitmachen können/wollen.
- Du motivierst viele Menschen in deinem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis, in deiner Nachbarschaft, beim Namen schreiben, etc. mitzumachen.
- Du kommst einfach vorbei und schreibst mit.

Dann bist du eingeladen, dir am Freitag, 18. Juni das Theaterstück "Die Mittelmeer-Monologe" in der Grabenhalle St. Gallen anzusehen. Es wird vom Maxim Theater aus Zürich aufgeführt.

Je nach Coronamassnahmen können diese Veranstaltungen auch nur in den Sozialen Medien stattfinden. Entsprechende Infos folgen zu gegebenem Zeitpunkt.

Hier geht es auch zu den Aktionen in anderen Städten: https://www.beimnamennennen.ch/

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 23. März 2021

Vom Hund und vom Käse

Ein Gedanke

Kühe auf dem Chäserrugg
Foto © Jörg Niederer
"Du denkst, Hunde kommen in den Himmel? Ich sage dir, sie sind lange vor uns dort!" Louis Armstrong

Ein Bibelvers - Tobias 6,2

"Und der junge Tobias zog dahin und der Engel mit ihm, und sein Hund lief hinterher und machte sich mit ihnen auf die Reise. So zogen die beiden hinaus, und als die Nacht über sie hereinbrach, nächtigten sie am Fluss Tigris."

Eine Anregung

Auf der gestrigen Suche nach dem Haafechääs bin ich auch auf den Hunds-Chäs gestossen.

Nein, das ist kein Käse aus Hundemilch. Und es ist auch kein Käse für den Hund. Obwohl, Hunde fressen Käse, vertragen aber die im Käse enthaltene Laktose nicht so gut.

Beim Hunds-Chäs handelte es sich um eine freiwillige Abgabe an den Landvogt. Dieser beauftragte an bestimmten Tagen seine Knechte, mit den Hunden zu den Alpweiden aufzusteigen, um dort die Raubtiere zu vertreiben. Dafür erhielt er als Dank nach der Sömmerungszeit einen speziellen Käse, eben den Hunds-Chäs. Der letzte Hunds-Chäs wurde etwa vor 100 Jahren auf der Rotschalp über dem Thunersee hergestellt.

Ich könnte mir vorstellen, dass diese Einsätze für die Knechte des Landvogts schöne Abwechslung waren, eine Art Betriebsausflug. Ich wäre da gerne dabei gewesen.

Besuche doch wieder einmal ein Käseladen und kaufe dir einen Käse, den du bisher noch nie versucht hast!

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 22. März 2021

So en Haafekääs!

 Ein Gedanke

Noch kein Hafenkäse, der Wein fehlt
Foto © Jörg Niederer
"Bei manchen ist Käse eine abfällige Bemerkung, bei mir voller Genuss." Uwe Ochsenknecht

Ein Bibelvers - Hiob 10,8+10

"Deine [Gottes] Hände haben mich kunstvoll geschaffen. Hast du mich nicht wie Milch in eine Form gegossen und mich wie Käse gerinnen lassen?"

Eine Anregung

Ein bedeutender milchverarbeitender Betrieb hat in diesen Tagen einen "Haafechääs" lanciert. Dabei wird an eine Redensart aus der Region Basel und Süddeutschland angeknüpft. "Das ist Hafenkäse" meint, etwas sei total dumm und unsinnig.

In einem Beitrag hat jemand dieses Wort in der Schifffahrt, im Hafen, verortet, was sehr unwahrscheinlich ist. Gemeint ist ein Käse, der in einem "Haafe" oder österreichisch "Haferl" zubereitet wird, in einem Topf also. Topfkäse gibt es auch. Gemeint ist ein frischer Käse, der im Topf auf dem Herd zubereitet wird. Einige denken, damit sei Quark gemeint.

Das Schweizer Idiotikon - https://www.idiotikon.ch/ - zitiert einen Text von Johann Jakob Sprenger (1699-1768) über den "Hafe(n)käse": "Allerhand Käsbrocken, die man in einen Topf zslegt und, nachdem man sie mit Wein begossen, auf einander faulen lässt."

Das klingt nach Resteverwertung und nach "handglismet", nach bäuerlicher Kochkunst, nach Verlegenheitsrezept, nach Delikatesse. So etwas lanciert also jetzt dieser milchverarbeitende Betrieb. Ob er damit die Basler strafen will? Jedenfalls nimmt er damit ein negativ besetztes Wort auf, um die Qualität und Sonderstellung eines neuen Produkts hervorzuheben. Da muss ich natürlich auch an die Methodisten denken. Die haben sich den Spotnamen der Gegner zu eigen gemacht, und leben und glauben damit ganz gut. "Kei Haafechääs" - ehrlich.

Rezept zu einem selbstgemachten Hafenkäse: https://www.chefkoch.de/rezepte/445091136652499/Pfaelzischer-Handkaes-mit-Musik.html

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 21. März 2021

Wir subjektiv sind religiöse Erfahrungen?

Ein Gedanke

Morgenrot in Frauenfeld
Foto © Jörg Niederer
"Erfahrungen sammelt man wie Pilze: einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist." Erskine Caldwell (1903-1987) Schriftsteller

Ein Bibelvers - Psalm 34,9

"Schmeckt und seht, wie gut der Herr ist! Glücklich ist, wer bei ihm Zuflucht sucht."

Eine Anregung

Erfahrungen entstehen aus sinnlichen Wahrnehmungen und sind verknüpft mit Emotionen und Gefühlen. Das gilt auch bei religiösen Erfahrungen. Wie objektiv oder subjektiv sind diese? Wie sehr kann ich mich darauf verlassen?

Heute ab 09.30 Uhr handelt die Predigt von Jörg Niederer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen genau davon. Hineinhören ist möglich: https://youtu.be/Z4Z5kaIqss4

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 20. März 2021

Schön Fliegen

Ein Gedanke

Geflügeltes Kind
Foto © Jörg Niederer
"Mancher will fliegen, ehe er Federn hat." Sprichwort

Ein Bibelvers - Hesekiel 8,9

"Die Gestalt streckte etwas wie eine Hand aus und packte mich an meinen Haaren. Da hob mich ein Wind hoch zwischen Himmel und Erde und brachte mich nach Jerusalem."

Eine Anregung

Mit zunehmender Faszination beobachte ich die Vögel und Schmetterlinge. Ihr Flug ist von einer Virtuosität, dass ich nur staunen kann. Punktlandungen bei Sturm, Balancekünste auf Baumspitzen, Saltos bei Luftkämpfen, manchmal spielerisch, dann wieder ernst. Das Segeln der Störche im Aufwind. Die Schmetterlinge können sogar rückwärts fliegen. Nicht verwunderlich, dass ein Kind sich gerne mit Flügeln schmückt. "Schmücken" ist das richtige Wort. So geht es nicht nur um fliegerische Fähigkeiten, nein es geht auch darum, dabei schön auszusehen. Nicht selten ist mit dem Abflug auch ein Farbenspiel verbunden, und aus einem unscheinbaren Tierchen wird ein schillerndes Juwel.

Schön aussehen ist auch möglich, ohne zu fliegen. Beim Mädchen wird das wohl noch entscheidender sein.

Auch gesehen habe ich heute in der reformierten Stadtkirche Zofingen Glasfenster-Bilder von Engeln. Sie trugen Vogelschwingen und Ritterrüstung. Was für eine schräge Vorstellung.

Hier geht es zu einem Video mit Formationsflug der Stare: https://youtu.be/Aa24mo4buvg

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Freitag, 19. März 2021

Segen zum Jahrestag

Ein Gedanke

Altarbild "Urvertrauen" von Yvonne Berther
Foto © Thomas Berther
"Der Segen selbst kommt von Gott - und ist Gott sei Dank nicht von den Segnenden abhängig." Franz Kreissl, Pastoralamtsleiter des Bistums St. Gallen

Ein Bibelvers - Philipper 4,7

"Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, soll eure Herzen und Gedanken behüten. Er soll sie bewahren in der Gemeinschaft mit Jesus Christus."

Eine Anregung

Mit diesem Beitrag habe ich nun ein Jahr lang täglich einen Text mit Bild veröffentlicht. Gedacht waren und sind sie als eine Anregung zu humanistischen und geistlichen Entdeckungsreisen in der Coronazeit, speziell für die Mitglieder der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen, aber auch darüber hinaus. Ein Bild, ein Zitat, ein Bibelvers und weitere Gedanken führen immer wieder zu interessanten Querverbindungen.

Dieser Jubiläumsbeitrag hat den Segen zum Thema. Gerade in ausserordentlichen Zeiten sind wir auf die Zuwendung Gottes besonders angewiesen. An seinem Segen ist alles gelegen.

"Gott segne dich.
Er erfülle deine Füsse mit Tanz und deine Arme mit Kraft.
Er erfülle dein Herz mit Zärtlichkeit und deine Augen mit Lachen.
Er erfülle deine Ohren mit Musik und deine Nase mit Wohlgerüchen.
Er erfülle deinen Mund mit Jubel und dein Herz mit Freuden.
Er schenke dir immer neu die Gnade der Wüste: Stille, frische Wasser und neue Hoffnung.
Er gebe uns allen immer neu die Kraft, der Hoffnung ein Gesicht zu geben.
Es segne dich der Vater und der Sohn und der heilige Geist."
(Aus Afrika)

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Donnerstag, 18. März 2021

Schorf am Apfel

Ein Gedanke

Äpfel im Winter am Baum
Foto © Jörg Niederer
"Der Pavian sprach zum Maskenschwein: / 'Wie kann man nur so hässlich sein!' / Der Marabu, der schaut ihn an / Mit schiefen Kopf und sprach: 'Man kann!'" Rudolf Presber (1868 - 1935)

Ein Bibelvers - Jesaja 52,14+15

"Viele haben sich entsetzt von ihm abgewandt, zur Unkenntlichkeit entstellt sah er aus. Er hatte keine Ähnlichkeit mehr mit einem Menschen. Doch dann werden viele Völker über ihn staunen, und Königen wird es die Sprache verschlagen. Denn sie sehen, was ihnen keiner je erzählt hat. Sie erleben, was sie noch nie gehört haben."

Eine Anregung

Äpfel mit Schorf, kann man die essen? Gibt es "guten" Schorf oder "schlechten" Schorf? Schneidet man die Schale am Apfel weg, wie das ein holländischer Bekannter jeweils tat? In den Läden sind die Früchte so schön, dass ich keine Ahnung habe, wie hässlich sie sein dürfen, um noch geniessbar zu sein.

Trüffel sieht hässlich aus, und ist doch richtig gut und teuer. Also an der Schönheit liegt es nicht.

Selbst in schönsten Äpfeln habe ich im Gehäuse schon Würmer entdeckt. Einem Apfel sieht man nicht an, ob er langweilig schmeckt oder interessant. Auch bin ich nicht sicher, ob die Sorten, die ich bei Migros kaufe, wirklich die sind, die am Besten schmecken, oder ob es die sind, die visuell überzeugen und gute Erträge abwerfen.

Und jetzt denke ich einmal nach, wie das bei den Menschen ist. Sind die Schönen auch die Guten? Was steckt hinter einer rauen Schale? Und wie ist es mit der Optimierung der äusseren und inneren Werte. Bringt eine Fettabsaugung auch einen Gewinn an Weisheit und Humor?

Noch etwas: War Jesus hässlich? Mehr dazu unter https://lifechannel.ch/radio/war-jesus-entstellt/

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 17. März 2021

Selbstkasteiung in den Sozialen Medien

Ein Gedanke

Trinkende Schafe
Foto © Jörg Niederer
"Der Mensch ist gut! Wenn er noch besser wäre, / wär er zu gut für die bescheidne Welt. / Auch die Moral hat ihr Gesetz der Schwere: / Der schlechte Kerl kommt hoch - der Gute fällt." Aus Erich Kästners Gedicht: Der Mensch ist gut - https://www.deutschelyrik.de/der-mensch-ist-gut.html

Ein Bibelvers - Römer 3,22

"Es ist der Glaube an Jesus Christus, der uns die Gerechtigkeit Gottes zugänglich macht. Der Weg zu ihr steht allen Glaubenden offen."

Eine Anregung

Manchmal überkommt mich ein masochistischer Zug, und dann versuche ich in den sozialen Medien in einer Diskussion meine Meinung zu vertreten. Ich gebe mir Mühe, sachlich zu bleiben. Immer dann, wenn ich eine abweichende Meinung äussere, bekomme ich das deutlich zu spüren. Dann wird mir etwa vorgeworfen, ich erzähle Schwachsinn und glaube selbst noch daran, stelle unhaltbare Behauptungen in den Raum, würde mit der Kirche zusammen Verbrechen unterstützen (weil ich die Covid-19-Massnahmen verteidige). Mir wird gesagt, ich hätte komplett den Verstand verloren und drehe vollkommen durch, ja solle mit dem Scheiss aufhören. Einer hat ein wiederkäuendes Schaf gepostet, um zu sagen, was er von mir hält.

Ich weiss, das sind immer noch moderate Beschimpfungen.

Was bringt Menschen dazu, sich so abgründig zu outen?  Könnte Paulus recht haben, wenn er schreibt: "Alle sind schuldig geworden und haben keinen Anteil mehr an der Herrlichkeit Gottes." (Römer 3,23).

Nun, mein Menschenbild ist nach solchen Beschimpfungen etwas angekratzt, aber ich kenne zugleich viele andere, die mir in meinem Alltag gut tun oder gut getan haben. Und dann ist da ja auch noch das, was Paulus im selben Zusammenhang auch schreiben konnte, und das gibt mir Hoffnung - für meine Gesprächspartner und für mich: "Denn in dieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied: Alle sind schuldig geworden und haben keinen Anteil mehr an der Herrlichkeit Gottes. Sie verdanken es also allein seiner Gnade, dass sie von Gott als gerecht angenommen werden. Er schenkt es ihnen aufgrund der Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist." (Römer 3,22c-24)

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 16. März 2021

Abendleuchten oder Morgenrot?

Ein Gedanke

Himmelsglühen
Foto © Jörg Niederer
"Abendsegen, Morgensegen." Sprichwort

Ein Bibelvers - 1. Mose 1,4b+5

"Gott trennte das Licht von der Finsternis. Er nannte das Licht 'Tag' und die Finsternis 'Nacht'. Es wurde Abend und wieder Morgen – der erste Tag."

Eine Anregung

Morgen oder Abendrot? Wer bei einem Bild die zugrundeliegende Zeit und Ausrichtung nicht kennt, kann das wohl kaum beantworten. Morgen, Anfang oder Abend, Ende? Der Himmel leuchtet. Und wer weiss, ob nicht der Anfang schon das Ende, oder das Ende erst der Anfang.

In der Natur sind die Randstunden aufstrahlenden Lichts oder schwindender Helligkeit besonders spektakulär. Dazu Zeilen von Hermann Hesse: "Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe / Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, / Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern / In andre, neue Bindungen zu geben. / Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, / Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben."

Anfang und Ende, Morgen und Abend, Jugend und Alter, Aufwachen und Einschlafen; es sind wohl solche Übergangsmomente, die - kitschig und irgendwie auch beschwerlich - in besonderer Erinnerung bleiben.

Auf das Foto zauberte der vergangene Samstagmorgen in der Frauenfelder Allmend Farben, und leuchtete dem stürmischen Wind den Weg in die Auen.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 15. März 2021

Pilgern erdet und himmelt

Ein Gedanke

Beim Pilgern Problemzonen hinter sich lassen.
Foto © Jörg Niederer
"Reduzieren zu müssen, kann befreiend wirken." Josef Schönauer

Ein Bibelvers - 1. Samuel 1,3

"Jahr für Jahr verließ Elkana seine Stadt und ging mit seiner Familie nach Schilo hinauf. Er tat das, um den Herrn Zebaot anzubeten und ein Schlachtopfer darzubringen."

Eine Anregung

Josef Schönauer ist Präsident des Vereins Pilgerherberge St. Gallen und betreibt die Website pilgern.ch. Der 69-Jährige hat in diesen Tagen ein Buch zum Pilgern veröffentlicht, das eine Fülle an Informationen und Hintergründe zum Pilgern aufgreift: Das Werk "Pilgern erdet und himmelt" ist beim Verlagshaus Schwellbrunn erschienen. Am Einfachsten kann man sich in den Trailern darüber informieren. Aber es lohnt sich auch, der per Zoom stattfindenden Buchpräsentation am 26. März um 19.30 Uhr beizuwohnen. Eine Anmeldung ist möglich unter https://www.pilgern.ch/

Und hier geht es zu den Trailern: https://youtu.be/EPwTEgcntyA und https://youtu.be/rwdXTOcq7l0

Ich wünsche dem Buch viele Leserinnen und Leser, die dann selbst aufbrechen auf einen geistlichen und leiblichen Weg durch Gottes Welt.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 14. März 2021

Wenn der Hase kein Hase wäre

Ein Gedanke

Hase auf der Flucht
Foto © Jörg Niederer
"Der Fortgang der wissenschaftlichen Entwicklung ist im Endeffekt eine ständige Flucht vor dem Staunen." Albert Einstein

Ein Bibelvers - Jona 1,3a

"Da machte sich Jona auf den Weg, aber genau in die andere Richtung. Er wollte vor dem Herrn nach Tarschisch fliehen."

Eine Anregung

Was wäre, wenn beim Anblick eines Hasen alle Menschen und Tiere die Flucht ergreifen würden. Würde dann der Hase irgendeinmal kein Angsthase mehr sein, und nicht mehr weghüpfen? Und würde er mit der Zeit, da sie nicht mehr benötigt würde, seine Geschwindigkeit verlieren und nicht mehr Haken schlagend bergauf hetzen? Würde aus ihm gar ein Tier, das anfangen würde, andere Tiere zu jagen. Würde der Hase zu einem Raubtier? Und würde er dann auch von "Angstmenschen" sprechen?

Seltsame Fragen für einen Sonntag, ausgelöst durch Begegnungen mit fliehenden Hasen, Reihern, Rehen und Wildschweinen gestern Samstag in der Frühe. Was macht es mit mir, dass die meisten Wildtiere mich als bedrohlich einschätzen?

Anders gefragt: Was macht uns zu dem, was wir sind? Welchen Einfluss haben die andern und ihre Reaktion auf unser Erscheinen, Reden und Handeln?

Und wenn wir mit Gott rechnen in unserem Leben - macht uns das mutiger, selbstsicherer, friedfertiger oder abhängiger?

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 13. März 2021

Wir glauben einander den Glauben.

Ein Gedanke

In der Rumänisch-orthodoxen Kirche St. Gallen
Foto © Jörg Niederer
"Wir glauben einander den Glauben." Leitlinie für das Gespräche am Runden Tisch in der Evangelisch-methodistischen Kirche Deutschland

Ein Bibelvers - Römer 14,13

"Lasst uns aufhören, uns gegenseitig zu verurteilen! Achtet vielmehr darauf, den Bruder oder die Schwester nicht zu Fall zu bringen. Werdet auch nicht zum Stolperstein für sie."

Eine Anregung

Das war der besten Satz, der mir gestern untergekommen ist: "Wir glauben einander den Glauben". Er steht in Leitlinien, welche in der Evangelisch-methodistischen Kirche Deutschland Basis gewesen sind für den Austausch darüber, wie man in der strittigen Frage der Homosexualität verfahren will.

Wie oft habe ich erlebt, dass Christinnen und Christen den Glauben anderer Christinnen und Christen in Zweifel zogen. Wobei die ungläubigen Pfarrer meist in der reformierten Kirche verortet wurden, die rechtgläubigen dagegen in der eigenen.

Selbst erlebte ich das eine oder andere Mal, dass Glaubensgeschwister mir und meinem Glauben misstrauten. Aber auch ich hatte schon Zweifel am Glauben von Mitchristinnen und Mitchristen.

"Wir glauben einander den Glauben". Das heisst doch: Vertraue grundsätzlich. Setze deinen Glauben nicht durch Zweifel in andere aufs Spiel! Akzeptiere die unvollkommene Vielfalt der Kinder Gottes ohne wenn und aber!

Den Satz schreibe ich mir hinter die Ohren: "Wir glauben einander den Glauben".

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika