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Sonntag, 31. Januar 2021

Schnaufen, Schnaufen, immer nur Schnaufen

Ein Gedanke

Auf dem Olympos Thatali, Türkei im heftigen Wind
Foto © Jörg Niederer
"Schnufe, schnufe, du muesch schnufe, einmal ine, denn wieder use" Müslüm in Song "La Bambele"

Ein Bibelvers - Psalm 39,6 (BasisBibel)

"Sieh doch, nur eine Handvoll Tage hast du mir auf der Erde gegeben. Die Zeit, die mir zum Leben bleibt, ist vor dir so gut wie nichts. Nur ein Hauch ist der Mensch. Er steht mit leeren Händen da. Sela." (Sela ist ein Zeichen, um beim Singen der Psalmworte Atem zu holen!)

Eine Anregung

Auf Intensivstationen läuft wahrscheinlich keine Musik. Das ist gut so. Ich möchte dort nicht "Atemlos durch die Nacht" hören, während ich jeden Atemzug erkämpfen muss.

Atmen ist fundamental. Das Leben beginnt mit einem tiefen Schnauf, und es endet mit dem letzten Atemzug. Ohne Einatmen und Ausatmen gibt es kein menschliches Leben. Und wenn es ums Leben geht, dann immer auch um Gott und um Alles oder Nichts.

Sina singt in einem Lied: "Ich bi nummu Luft, nummu Luft fer dich. Ich bi nummu Luft, zum läbu brüchsch du mich". Hier kann man den Song anhören: https://youtu.be/F5bQwx7OKYI 

Wenn Gott für dich nur Luft ist, dann denke daran: Nichts brauchst du mehr, als diese Luft.

Davon handelt die Predigt vom heutigen Sonntag in der Methodistenkirche St. Gallen. Um 10.30 Uhr wird sie per Youtube übertragen auf https://youtu.be/GRhipE8-RnM

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 30. Januar 2021

Vom Schnauf und einigen Methodistinnen und Methodisten

Ein Gedanke

Kerzenflammen ausblasen mit der Atemluft
Foto © Jörg Niederer
"Glaube schenkt Geborgenheit in der Ungeborgenheit und Halt in der Haltlosigkeit. Glaube ist eine kreative Kraft, die aus sich selbst heraus immer wieder eine engagierte Zuversicht generiert." Herbert Gut, Pfarreileiter Stadt Luzern

Ein Bibelvers - Hiob 33,4 (BasisBibel)

"Der Geist Gottes hat mich erschaffen, der Atem des Allmächtigen macht mich lebendig."

Eine Anregung

Wie wäre es, einmal einige typische Methodistinnen und Methodisten auf anregende und unterhaltsame Weise näher kennen zu lernen? Unter dem Hashtag #Methodistetroffe befragt Lukas Wyser ausgewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten der Evangelisch-methodistischen Kirche. Aktuell ist Philipp Kohli an der Reihe, Pfarrer auf dem Bezirk Bäretswil-Uster-Dübendorf. Im Gespräch verrät der Berner Oberländer, dass er das "Zürioberland" seiner Herkunftsheimat vorzieht, und was ihn zur Theologie gebracht hat. Hier geht es zum Videoclip: https://youtu.be/C1routAT66Y

Das Leben beginnt mit einem tiefen Schnauf, und es endet mit dem letzten Atemzug. Ohne Einatmen und Ausatmen gibt es kein menschliches Leben. Und wenn es ums Leben geht, dann immer auch um Gott und um Alles oder Nichts.
Davon handelt die Predigt vom kommenden Sonntag in der Methodistenkirche St. Gallen. Um 10.30 Uhr wird sie per Livestream übertragen auf https://youtu.be/GRhipE8-RnM

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Freitag, 29. Januar 2021

Gegen die Polarisierung hilft nur... Ja was hilft den nun dagegen?

Ein Gedanke

Ernst Hug, Pfarrer in Lyss
Foto © Jörg Niederer
"Glauben und Religion scheinen nicht mehr Boden zu bieten für eine Verständigung, sondern werden zum Munitionslager degradiert und für die eine oder andere Seite instrumentalisiert." Ernst Hug, 1. Unterbrechung

Ein Bibelvers - 1. Johannes 4,20+21 (BasisBibel)

"Wer behauptet: 'Ich liebe Gott!', aber seinen Bruder und seine Schwester hasst, ist ein Lügner. Denn wer seine Geschwister nicht liebt, die er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht. Dieses Gebot hat uns Gott gegeben: Wer ihn liebt, soll auch seine Geschwister lieben."

Eine Anregung

"Unterbrechung" nennt Pfarrer Ernst Hug seine Videobeiträge. Darin beschäftigt er sich z.B. mit den Werten, die in der heutigen, zunehmend polarisierten Welt helfen könnten, das Gemeinschaftsgefüge zu erhalten. In seinem ersten von fünf "Unterbrechungen" nennt er als Antwort auf mögliche gemeinsame Werte die vierfache Liebe, wie sie Jesus in der Bergpredigt anspricht. Gemeint ist die Liebe zu Gott, die Selbstannahme (also die Liebe zu sich selbst), die Liebe zu Menschen und Mitgeschöpfen, sowie die Liebe und Achtung gegenüber dem Gegner oder der Gegnerin.

Mir stellt sich die Frage, wie wir einer Gewichtung bei dieser vierfach ausgerichteten Liebe entgehen. Im Alltag ist es nicht einfach, ein Gleichgewicht der Liebe zu halten, also Menschen zum Beispiel mit Respekt zu begegnen, die Homosexualität ablehnen, ohne dass dadurch zugleich Homosexuelle vor den Kopf gestossen werden. Ein "Gleichgewicht der liebevollen Abschreckung", darauf darf es ja nun wirklich nicht hinauslaufen.

Auf der Youtube-Seite des methodistischen Ausschusses für Kirche und Gesellschaft kann sowohl der Trailer wie auch die 1. Unterbrechung von Ernst Hug angeschaut und angehört werden: https://www.youtube.com/channel/UCYwBzDAj61PWgBFWirPwYzA 

Und zur 1. Unterbrechung gibt es auch den gesprochenen Text als PDF-Datei: https://youtu.be/ls5fY4kwkwc

Über Diskussionsbeiträge freuen sich die Macherinnen und Macher der Videos.

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Donnerstag, 28. Januar 2021

Sakral wohnen

Ein Gedanke

Die Hölzlikapelle Rothrist ist heute eine Wohnung
Foto © Jörg Niederer
"Wohnen wie Gott in Frankreich." Redensart, die ein sorgenfreies Leben beschwört.

Ein Bibelvers - Sacharja 8,3 (BasisBibel)

"So spricht der Herr: Ich wende mich dem Zion wieder zu und werde mitten in Jerusalem wohnen. Dann wird man Jerusalem die 'Stadt der Wahrheit' nennen. Und der Berg des Herrn Zebaot wird »Tempelberg« heißen."

Eine Anregung

Auf ebay ist gerade ein aussergewöhnliches Wohnobjekt zum Kauf ausgeschrieben. Mitten in Konstanz ist die Loftwohnung mit Baujahr 1200 und 687 m2 Wohnfläche gelegen. Aktuell ist sie in Schweizer Besitz. Es handelt sich um die Stiftskirche St. Johann. Dazu gehören das Kirchenschiff, die Sakristei, Nebenräume und ein Kellerraum. Als denkbare Nutzung kommt nebst einer fürstlichen Wohnung eine Markthalle, eine Kunstgalerie oder ein Hostel in Frage. Nicht mehr als Kirche genutzt wird die Liegenschaft seit dem 19. Jahrhundert. Wer also gerade mal 2,9 Millionen Euro flüssig hat, sollte jetzt zugreifen.

Auch einst methodistische Kirchen in der Schweiz sind heute Wohnraum. So etwa die einstige Kapelle der Evangelisch-methodistische Kirche Teufen, die heute von einer Architektenfamilie bewohnt wird.

Einblick erhält man auch in die einstige methodistische Lukas-Kapelle in Bern, in der heute zwei schöne Wohnung zu finden sind. 

Und auch die Kapelle, in der meine Frau mich geheiratet hat, die Hölzlikapelle in Rothrist, ist heute eine Loftwohnung.

Ist man dem Geistlichen näher, wenn man in einer Kirche wohnt? Ich hatte nicht den Eindruck an den vier Orten, an denen ich bisher in Kirchen zu Hause war.

Die Stiftskirche St. Johann hat, zugegebenermassen, eine gewisse mystische Ausstrahlung. Mache dir selbst ein Bild bei einem virtuell Besuch: https://lmy.de/s360

Und wer zugreifen will: Hier findet man das Inserat auf ebay.

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 27. Januar 2021

Der Glaube der Andern

Ein Gedanke

Observatorium Greenwich
Foto © Jörg Niederer
Cora Seaborne zu Pfarrer William Ransome: "Ich habe die Heilige Schrift konsultiert, wie Sie es immer empfehlen, und ich stelle fest (vgl. Matthäus 18, Vers 15-22), dass Sie mir, bevor Sie mich endgültig verstossen, 489 weitere Vergehen nachsehen müssen." (in Sarah Perry: Die Schlange von Essex, München 2019, S. 266)

Ein Bibelvers - Matthäus 18,21-22 (BasisBibel)

"Da wandte sich Petrus an Jesus und fragte ihn: 'Herr, wenn mein Bruder oder meine Schwester mir Unrecht tut, wie oft soll ich ihnen vergeben? Bis zu siebenmal?' Jesus antwortete: 'Nicht nur siebenmal! Ich sage dir: Bis zu siebenundsiebzigmal!'" (Gelegentlich wird auch "sieben mal siebzigmal" übersetzt.)

Eine Anregung

Mich fasziniert es, wie die Religion in Romanen verarbeitet wird, und wie Glaubenshaltungen verschiedener Protagonistinnen und Protagonisten einander gegenüber gestellt werden. Im Werk "Die Schlange von Essex" von Sarah Perry gibt es den versehrten Bettler Thomas Taylor, der einen ziemlich überraschenden Satz von sich gibt: "Wissen Sie, ich bin ziemlich religiös und habe keinen Sinn für das Übernatürliche." Im ersten Moment scheint das eine widersinnige Aussage zu sein. Doch in der Konsequenz sagt der Bettler, dass Religiosität etwas Natürliches ist. Eine Haltung, die ich teile.

Anders äussert sich Cora Seaborne, und beschwört (auf poetische Weise) den Widerspruch von Naturwissenschaft und Glauben herauf: "Früher einmal war ich gläubig, ich besass jenen Glauben, mit dem vielleicht jeder Mensch geboren wird. Aber ich habe gesehen, wohin der führen kann, und da habe ich ihn eingetauscht. Zu glauben ist doch eine Form von Blindheit, als hätte man beschlossen, verrückt zu werden oder sich allem zu verschliessen, was neu und wunderbar ist. Unter dem Mikroskop gibt es so viele Wunder zu entdecken wie im Gesangbuch!" (Sarah Perry: Die Schlange von Essex, München 2019, S. 156 + 260).

Ganz anders hat sich Harald Lesch, Astrophysiker, TV-Moderator und Autor geäussert. Das christliche Medienmagazin "Pro" titelte: "Harald Lesch: 'Hatte nie eine Sekunde lang ein Problem, Physiker und Christ zu sein'". Der ganze Artikel kann hier gelesen werden: 

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 26. Januar 2021

Die Höhe der Bäume und der Jakobsstab

Ein Gedanke

Aronstab
Foto © Jörg Niederer
"(Orion) Jst das helle Gestirne gegen mittag / das die Bauren den Jacobsstab heissen. Die Glucke oder Henne sind die sieben kleinen Sterne." Randnotiz in der Original-Lutherbibel zu Hiob 9,10

Ein Bibelvers - Hiob 9,9 (BasisBibel) [= Hiob 9,10 in der Lutherbibel]

"Er schuf den Grossen Bären, den Orion, das Siebengestirn und die Kammern des Südens."

Eine Anregung

Laut https://www.buchstaben.com/ gibt es 321 deutsche Worte, die auf Stab enden. Darunter hat es auch solche, die aus religiösen Begriffen gebildet werden. 

Da gibt es Pflanzen wie den Aronstab, den Petersstab (die echte Goldrute) und den Josephsstab (die gelbe Narzisse).

Stäbe, die im Zusammenhang mit Aufgaben stehen, sind der Königsstab, der Priesterstab, der Bischofsstab und der Gotteshausstab. Mit Letzterem wird die richterliche Gewalt einer klösterlichen Grundherrschaft bezeichnet.

Nehmen wir nun den Hirten- oder Schäferstab, den Pilgerstab und den Heiligenstab; diese Stöcke stabilisieren Menschen bei der Fortbewegung; es sind also Spezialfälle des Wanderstabs.

Und dann ist da noch der Jakobsstab, auf Lateinisch baculus Jacobi. Sofort fällt der Zusammenhang auf mit dem Stab der Jakobspilger. Aber für einmal handelt es sich bei diesem "Kreuzstab" oder "Gradstock" nicht um ein Stützwerkzeug, sondern um ein astronomisches Instrument, das auf See und bei der Landvermessung verwendet wurde. Einfacher im Gebrauch als das Astrolabium wurde es auf Schiffen eingesetzt, um die geographische Breite zu bestimmen. Das Gerät sieht ein bisschen wie eine Armbrust aus, oder eben wie ein Kreuz. Die Funktion wird hier vorgeführt: https://youtu.be/_8Gj-UpAJk0

Auf schaukelnden Schiffen, auf denen Sterne angepeilt werden, ist das natürlich eine unpräzise Sache. Darum wurde der Jakobsstab dann später auch von Sextanten abgelöst.

Es geht aber noch einfacher. Ein Gärtner erklärt wie, unter https://youtu.be/448dTPP_n74

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 25. Januar 2021

Usama Al Shahmani im Literaturclub

Ein Gedanke

Usama Al Shahmani
Foto © Jörg Niederer
"Seither betrachte ich die Freundschaft so, als würde ich ein Gedicht lesen; man macht es kaputt, wenn man den Text wortwörtlich nimmt und es nicht nach seiner eigenen Logik versteht." Usama Al Shahmani: Im Fallen lernt die Feder fliegen, Zürich 2020, S. 158

Ein Bibelvers - 1. Mose 12,37 (BasisBibel)

"Dann brachen sie auf und zogen von Ramses nach Sukkot. Ungefähr 600.000 Leute machten sich auf den Weg, die Frauen und Kinder noch gar nicht mitgezählt."

Eine Anregung

Usama Al Shahmani ist in der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) kein Unbekannter. So las der Autor schon an der Jährlichen Konferenz (Synode) aus seinen Bücher und ebenso in der EMK St. Gallen. Seine Werke werden gefeiert und erzählen in verschiedener Weise aus dem Erleben von Migrantinnen und Migranten. Nun wird morgen Abend um 22:25 Uhr (und auch am 28. Mai 2021) Usama Al Shahmani im Literaturclub des Schweizer Fernsehens auf SRF 1 mit weiteren Fachleuten Bücher von Autorinnen und Autoren besprechen. Ich bin gespannt auf seine Gedanken, die bestimmt geprägt sein werden von seinem grossen philosophischen, dichterischen Wissen und einer humanistischen, herzlichen Lebenshaltung. 

Hier erfährt man mehr über die Sendung und den Autoren von den Romanen "Im Fallen lernt die Feder fliegen" und "In der Fremde sprechen die Bäume arabisch": https://www.srf.ch/programm/tv/sendung/P938199760527_T843515101812

Im St. Galler Tagblatt erschienen ist dazu folgendes Interview.

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 24. Januar 2021

Winterliches Farbenspiel

Ein Gedanke

Verfärbungen an gefälltem, entrindetem Baumstamm
Foto © Jörg Niederer
Es braucht Farbe, um nicht schwarz zu malen.

Ein Bibelvers - 2. Samuel 23,4 (BasisBibel)

"Wer gerecht über Menschen herrscht, der herrscht in Ehrfurcht vor Gott. Er ist wie die helle Morgensonne an einem klaren Morgen ohne Wolken. Sie sendet ihre Strahlen auf die Erde. Da sprießt grünes Gras nach dem Regen."

Eine Anregung

Wer sagt denn, dass der Winter farblos und fade sei? Das Foto zeigt einen Ausschnitt eines im Wald liegenden, entrindeten Baustamms. Was für ein Farbspektakel. So ein Anblick tut einfach richtig gut.

Wie viel Farbe gibt es gerade in deinem Leben?


Heute wird der ökumenische Gottesdienst zur Woche der Einheit im Dom St. Gallen gefeiert. Um 10.30 Uhr gibt es eine Livestream-Übertragung: https://www.bistumsg-live.ch/

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Samstag, 23. Januar 2021

Der nicht vorhandene Frühling in St. Gallen

Ein Gedanke

Historischer Stadtplan von St. Gallen (um 1900)
Foto © Jörg Niederer
"Der gefürchtetste Wind ist der SW., der oft heftig weht und mit seinem eisigen Hauch selbst in die bestvermachten Wohnungen [der Stadt St. Gallen] eindringt." aus: Geographisches Lexikon der Schweiz, Band 4, 1906 S. 427

Ein Bibelvers - 1. Mose 31,40 (BasisBibel)

Jakob zu Laban: "Bei Tag kam ich um vor Hitze und in der Nacht vor Kälte. Oft fand ich keinen Schlaf."

Eine Anregung

Ich habe mir die Schweiz von 1900 gekauft. Angeregt durch den Blogartikel https://widmerwandertweiter.blogspot.com/search?q=Lexikon+der+Schweiz erstand ich das Geographische Lexikon der Schweiz, das so um 1900 herum erschienen ist. Die 17 Kilogramm wurden mir aus einem Antiquariat in Deutschland geliefert. In generell gutem Zustand musste ich die Ledereinbände zuerst mit Seifenwasser von klebrigen Fingerabdrücken reinigen. Auch ohne Lakritzrückstände üben die Bände eine grosse Anziehungskraft auf mich aus. 

Wusstest du, dass auf dem Gebiet der heutigen Stadt St. Gallen bereits um 1900 60'000 Menschen lebten? Gerade einmal 20'000 weniger als heute. Damals gab es fast gleich viele Reformierte (17572) wie Katholiken (15006). Hinzu kamen 419 Juden und 119 Andere. Unter letzteren waren wohl auch Methodisten. Deren Kapelle ist auf dem historischen Stadtplan link neben dem ockerfarbigen Stadtteil eingetragen. In 2223 Wohnhäuser gab es 7090 Haushaltungen.

Amüsant, wie das Klima der Stadt von damals zusammengefasst wird: "Im Ganzen genommen darf das Klima von St. Gallen als gesund und kräftigend bezeichnet werden, wenn es auch für Lungenleidende und Rheumatiker als etwas rauh und feucht erscheint." Und nicht ohne Schmunzeln lese ich: "Da der Herbst sehr kurz ist und der Frühling eigentlich nur dem Namen nach existiert, kennt man in St. Gallen tatsächlich blos zwei Jahreszeiten: Winter und Sommer. Der oft schon mit dem Monat Oktober beginnende Winter dauert 7-8 Monate und bringt häufig Nebel..." Da kann ich nur noch sagen: 5 Monate Sommer sind doch auch nicht schlecht, oder?


Am kommenden Sonntag wird der ökumenische Gottesdienst zur Woche der Einheit im Dom St. Gallen gefeiert. Um 10.30 Uhr gibt es eine Livestream-Übertragung: https://www.bistumsg-live.ch/

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Freitag, 22. Januar 2021

Klagen, klagen und noch einmal klagen

Ein Gedanke

Ausschnitt aus der Plastik vom Heiligen Karl Borromäus, 2009 gestaltet von Wolfgang Eckert für die Konviktskirche Freiburg im Breisgau
Foto © Jörg Niederer
"Seelsorge, die Trost vermitteln will durch die Behauptung von Sinn und Bestärkung von Lebensgewissheit, ist immer in der Gefahr, der Fassadenwelt aufzusitzen. Das 'Dahinter' einer trostlosen Welt, die um den Verstand bringt und in die Verzweiflung treibt, bleibt ausgespart und verdrängt." aus: Henning Luther in: Die Lügen der Tröster, S. 164

Ein Bibelvers - Psalm 77,2.5+6 (BasisBibel)

"Laut rufe ich zu Gott, ich schreie! Laut rufe ich zu Gott, er wird mich hören! ... Meine Augenlider hältst du offen. Ich bin aufgewühlt und kann kaum reden. So versinke ich in Gedanken an früher, an die Jahre, die längst vergangen sind."

Eine Anregung

Gibt es ein "Entweder-Oder"? Entweder Bestärkung, Trost und Hoffnung, oder Klage, Schweigen und Zuhören? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein Artikel des Theologischen Feuilletons feinschwarz.net, geschrieben von Kerstin Menzel, Assistentin am Lehrstuhl für Praktische Theologie und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt "Sakralraumtransformation" an der Universität Leipzig. Dabei zitiert sie Henning Luther: "Trost wird da zur Lüge, wo er Klage und Trauer nicht zulässt oder nur in begrenztem, dosierten Maße." Also nicht "entweder-oder", sondern "sowohl-als auch". Klage und Trauer muss sich manifestieren, muss kommuniziert werden, muss Sprache, Ausdruck, Form werden. In St. Gallen haben sich die ökumenischen Partner vor Ort entschieden, den Kreuzweg der Gegenwart gerade darum an Karfreitag und trotz Corona-Unsicherheit durchzuführen, weil es eine dieser Gefässe ist, in der die Klage, die Trauer, die Wut, das Hadern sein darf und einen Sakralraum findet. (Mehr zum Kreuzweg der Gegenwart hier!)

Ich bin sicher, dass solche Orte des inneren und äusseren Aufruhrs auch dabei helfen, dass Klage und Trauer überwunden werden können. Denn Klage und Trauer wird da zerstörerisch, wo sie nicht gehalten wird von einer kollektive Hoffnung durch die Gemeinschaft der Glaubenden. Nicht billige, schnell dahingesagte Vertröstung, sondern Solidarität im Weinen und Lachen, im Zweifel und Vertrauen.

Hier geht es zum feinschwarz-Artikel: https://www.feinschwarz.net/nur-wer-klagt-hofft/

Und hier geht es zu https://klagezeit-leipzig.de/ , der praktischen Umsetzung von Menzels Überlegungen. Heute um 17 Uhr kann man per Livestream an der "Klagezeit" teilnehmen.

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Donnerstag, 21. Januar 2021

Gott in Amerika

Ein Gedanke

Washinton D.C. mit Capitol und United Methodist Building (das kleine V-Gebäude rechts unten)
Foto © Jörg Niederer
"An diesem Tag liegt es mir besonders auf der Seele, Amerika, das Land und die Menschen zu vereinen. Ich bitte alle Amerikaner, mir dabei zur Seite zu stehen." Joe Biden in seiner Rede zur Amtseinführung. Siehe: https://www.myzitate.de/joe-biden/

Ein Bibelvers - Micha 4,2+4

"Denn vom Zion wird Weisung ausgehen und das Wort des Herrn von Jerusalem... Und ein jeder wird unter seinem Weinstock sitzen und unter seinem Feigenbaum, und da wird keiner sein, der sie aufschreckt, denn der Mund des Herrn der Heerscharen hat gesprochen!"

Eine Anregung

Es ist schon auffällig, wie die Amtseinführung eines Präsidenten in den USA christlich religiös durchdrungen ist. Da sind gleich drei Bibeln im Einsatz, zwei offizielle Gebete werden gesprochen, Texte aus der Bibel werden zitiert; auch diejenigen Worte, die in Micha 4,4 steht. Leute bekreuzen sich während der Rede des Präsidenten. "Amazing Grace" wird gesungen. Zuvor besuchte Biden den Gottesdienst in der Kirche.

All das wäre in Frankreich oder der Schweiz wohl undenkbar.

Aber ist es wirklich so gut, wenn die Anrufung "Gott" so leicht von den Lippen geht? Wenn sich ein Staatswesen legitimiert durch die Religion?

Ich bin froh, wenn Kirchen eine kritische Distanz wahren zur Politik. Dabei ist mir bewusst, dass weder Kirche noch Staat die Wahrheit, ja Gott selbst, für sich gepachtet haben.

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 20. Januar 2021

Auf dem Capitol Hill

Ein Gedanke

The United Methodist Building in Washington D.C.
Foto © Jörg Niederer
"Wir neigen dazu, Erfolg eher nach der Höhe unserer Gehälter oder nach der Größe unserer Autos zu bestimmen als nach dem Grad unserer Hilfsbereitschaft und dem Mass unserer Menschlichkeit." Martin Luther King Jr. (1929-1968)

Ein Bibelvers - Micha 6,8

"Er hat dir kundgetan, Mensch, was gut ist, und was der Herr von dir fordert: Nichts anderes, als Recht zu üben und Güte zu lieben und in Einsicht mit deinem Gott zu gehen."

Eine Anregung

Heute finde die Amtseinführung von Joe Biden als 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika statt. Traditionell erfolgt dies auf dem Capitol Hill in Washington, D.C. Dort neben dem U.S. Capitol und dem Supreme Court steht seit 1923 ein markantes Gebäude aus Indiana-Kalkstein im Stil der italienischen Renaissance: Das United Methodist Building. Es ist das einzige Nichtregierungsgebäude im weiten Umkreis und beherbergt nebst den Büros der Mitarbeitenden des General Boards of Church & Society noch etliche weitere kirchliche und religiöse Organisationen und eine kleine Kapelle. Auch Bischöfe der Evangelisch-methodistischen Kirche haben hier ihren Sitz. In einem 1931 erbauten zweiten Haus befinden sich 50 Wohnungen, und erweitern die sozialen, kirchlichen und politischen Möglichkeiten.

Ob an diesem Tag bei der weiträumigen militärischen Absperrung anlässlich des Präsidentenwechsels viele der Mitarbeitenden in diesem Haus sein können, bleibt offen. Doch das Haus selbst hat schon manchen historischen Moment erlebt. So wurden in diesen Räumen durch Dr. Martin Luther King Jr. und weitere Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler der Marsch auf Washington vom März 1963 geplant. Auch der Widerstand gegen den Vietnamkrieg von 1968 formierte sich hier, und 1978 wurden die Ureinwohner Amerikas am Ziel ihres Längste Marsches von Sacramento nach Washington D.C. empfangen. Auch Obama Care fand hier bis heute breite, von vielen kirchlichen Behörden mitgetragene Unterstützung.

An diesem Tag wird wohl auf der grossen Schriftentafel vor dem Haupteingang des United Methodist Buildings dem neuen Präsidenten Joe Biden Gottes Segen gewünscht für seine herausfordernde Aufgabe.

Einblick in die methodistische Arbeit auf dem Capitol Hill gibt es hier: https://www.umcjustice.org/

Das Gebäude wird hier vorgestellt: https://www.umcjustice.org/who-we-are/the-united-methodist-building

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 19. Januar 2021

BasisBibel - Urtext in zeitgemässer, verständlicher Sprache

Ein Gedanke

Die Gesamtausgabe der BasisBibel ist da
Foto © Jörg Niederer
"Auch wenn es wahrhaft genug gute Bibelübersetzungen gibt, ist die BasisBibel etwas Einzigartiges: Sie verbindet die Nähe zum Urtext mit einer zeitgemäßen, verständlichen Sprache." Dr. Jörg Barthel, Lehrstuhl für Altes Testament an der Theologischen Hochschule Reutlingen

Ein Bibelvers - Jesaja 57,15 (Übersetzung der neuen BasisBibel)

Gott spricht: "Als Heiliger wohne ich in der Höhe, ich bin aber auch bei den Verzagten und Erniedrigten. Ich stärke den Lebensgeist der Erniedrigten und gebe den Verzagten neuen Mut."

Eine Anregung

Die Gesamtausgabe der BasisBibel ist da. Am 21. Januar wird sie ausgeliefert, und ab dann kann sie auch online von Genesis 1 bis Offenbarung 22 gelesen werden.

Schon längere Zeit gab es das Neue Testament. Nun ist auch das ganze Alte Testament verfügbar. Daran mitgewirkt haben zwei Professoren der Theologischen Hochschule Reutlingen. Dr. Jörg Barthel war zuständig für den vollständigen Text des Propheten Jesaja. Christof Voigt hat die beiden Bücher der Chronik und Ester übersetzt, nachdem er zum Neuen Testament zusammen mit Dr. Ulrike Voigt bereits den Römerbrief und die Apostelgeschichte beigetragen hatte. 

Die BasisBibel nimmt moderne Sprachgewohnheiten auf. Sie ist einfach geschrieben. Die Sätze bleiben kurz. In einigen Ausgaben ist die Bibel auch im Drucksatz eines Gedichts gesetzt. Sinneinheiten bestimmen den Aufbau. Zum Einsatz kommt die BasisBibel sowohl in gedruckter wie in elektronischer Form. Ergänzt ist die Bibel mit hilfreichen Erklärungen.
Mehr zur Neuausgabe findet man hier: https://www.die-bibel.de/bibeln/unsere-uebersetzungen/basisbibel/. Da befindet sich auch der Link zur Gesamtausgabe der Online-Version (ab 21.01.2021).

Auch gut zu wissen: Der ZDF-Fernsehgottesdienst zur Einführung der BasisBibel findet am 7. Februar um 9:30 Uhr in Frankfurt am Main unter Beteiligung von Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche in Westfalen und stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD, statt. Der Gottesdienst wird fünf Jahre lang auf der ZDF-Mediathek verfügbar sein.

Und noch in eigener Sache: Durch ein Versehen wurde die Predigt der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen vom vergangenen Sonntag ohne Ton aufgezeichnet. Seit gestern kann das Video nun mit Ton angeschaut werden unter https://youtu.be/ptUGM9-4pKc.
Es geht um Umarmungen, die in diesen Tagen "Mangelware" geworden sind. Und das oft dann, wenn Nähe besonders nötig wäre.

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 18. Januar 2021

Was glaubt die Katze?

Ein Gedanke

Katze auf Stalltür
Foto © Jörg Niederer
"Katzen liegen nicht faul rum. Sie verschönern den Raum." Quelle unbekannt

Ein Bibelvers - Markus 10,35-38a

"Da kommen Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, auf ihn (Jesus) zu und sagen: Meister, wir wollen, dass du für uns tust, worum wir dich bitten. Er sagte zu ihnen: Was soll ich für euch tun? Sie sagten zu ihm: Gewähre uns, dass wir einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken sitzen werden in deiner Herrlichkeit. Jesus aber sagte zu ihnen: Ihr wisst nicht, worum ihr bittet."

Eine Anregung

Zum Wochenstart eines der beliebten Katzenbildchen, dazu etwas zum Schmunzeln.

Ein deutscher Schäferhund, ein Dobermann und eine Hauskatze sind gestorben. Nun stehen sie vor Gott, der von ihnen wissen will, was sie glauben. 
Der Deutsche Schäferhund sagt: "Ich glaube an Disziplin, Training und absoluten Gehorsam." "Gut", sagt Gott. "Dann setz dich zu meiner Rechten."
"Dobermann, woran glaubst du?" fragt Gott weiter. Der Dobermann antwortet: "Ich glaube an die Liebe, die Führsorge und den Schutz meines Meisters." "Aha", sagt Gott. "Dann setz dich zu meiner Linken."
Dann schaut Gott die Katze an und fragt auch sie: "Und woran glaubst du?" Diese antwortet: "Ich glaube, du sitzt auf meinem Stuhl."

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 17. Januar 2021

Wie umarmen sich Vögel?

Ein Gedanke

Wintergast Rotkelchen
Foto © Jörg Niederer
"Beneide nicht den Adler, weil er fliegen kann, er kann nicht schwimmen wie du." Xokonoschtletl Gomora, mexikanischer Buchautor und Referent

Ein Bibelvers - Hohelied 2,6

"Seine Linke liegt unter meinem Haupt, und seine Rechte umarmt mich."

Eine Anregung

Wie umarmen sich die Vögel? Nun, wenn man Bildern glauben soll, mit den Flügeln. Für eine Umarmung verzichten sie also auf das Fliegen. Es gibt Momente, da will man nicht abheben, sondern in die Arme genommen werden.

Genau davon handelt auch die heutige Predigt, die um 10.30 Uhr aus der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen via Youtube übertragen wird. Darin geht es um Umarmungen, die in diesen Tagen "Mangelware" geworden sind. Und das oft dann, wenn Nähe besonders nötig wäre. Gedanken zu menschlicher und göttlicher Zuwendung: https://youtu.be/1HMk8XRQWIs

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 16. Januar 2021

Gedankenstriche eines Bischofs

Ein Gedanke

Eiskalte Umarmung
Foto © Jörg Niederer
"Wir sind alle Engel mit nur einem Flügel. Um fliegen zu können, müssen wir einander umarmen." Luciano De Crescenzo, Schriftsteller und Filmregisseur (1928-2019)

Ein Bibelvers - Psalm 139,4-6

"Kein Wort ist auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht ganz und gar kennst. Hinten und vorne hältst du mich umschlossen, und deine Hand hast du auf mich gelegt. Zu wunderbar ist es für mich, dies zu erkennen, zu hoch, ich kann es nicht fassen."

Eine Anregung

Mit einem "Gedankenstrich" von Bischof Patrick Streiff zur Jahreslosung begann das Neue Jahr auf der Webseite der Evangelisch-methodistischen Kirche von Mittel- und Südeuropa.

"Gedankenstriche" erscheinen mindestens monatlich, manchmal auch öfters. Der "Gedankenstrich" oder andere News auf dieser Webseite der Zentralkonferenz dürfen auch für Gemeindepublikationen verwendet werden. Hier geht es zum Gedankenstrick: https://www.umc-cse.org/

Am Sonntag wird um 10.30 Uhr die Predigt aus der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen auf Youtube gestreamt. Darin geht es um Umarmungen, die in diesen Tagen "Mangelware" werden. Und das oft dann, wenn menschliche Nähe besonders nötig wäre. Gedanken zu menschlicher und göttlicher Nähe: https://youtu.be/1HMk8XRQWIs

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Freitag, 15. Januar 2021

"Schau mir nicht in die Augen, Kleines"

Ein Gedanke

Anschauen, Auge
Foto © Jörg Niederer
"Schau mir in die Augen, Kleines!" Berühmtes, falsch übersetztes Zitat von Humphrey Bogart zu Ingrid Bergman im Film "Casablanca".

Ein Bibelvers - Matthäus 6,22

"Das Licht des Leibes ist das Auge. Wenn dein Auge lauter ist, wird dein ganzer Leib von Licht erfüllt sein."

Eine Anregung

Es gibt Eigenheiten bei Videokonferenzen, die mich immer wieder irritieren. So gilt: Wenn ich die Person auf dem Bildschirm anschaue, dann schaue ich für diese gesehen nicht in ihre Augen, sondern irgendwo anders hin. Und wenn ich sie nicht anschaue, sondern direkt ins Kameraobjektiv, dann sieht es für diese Person so aus, als würde ich sie direkt anschauen.

Weil die Kamera leicht oder auch stark verschoben zu den Augen des Gegenübers auf dem Bildschirm angebracht ist, kehren sich normale Sehgewohnheiten und Anstandsregeln um, zumindest für Westeuropäerinnen und Westeuropäer.

Bei Videogesprächen gilt also: Schau mich nicht an, dann schaust du mich an. und: Wenn du mich ansiehst, sieht du mich nicht an.

Mit andern Worten. Die Blicke überkreuzen sich. Dann aber entsteht mitunter der Eindruck, dass man sich ansieht. Allerdings, wenn beide Seiten in die Kamera blicken, sehen beide nicht, wie der Eindruck entsteht, dass man sich gegenseitig anschaut. Und wenn sich beide Seiten auf dem Bildschirm in die Augen schauen wollen, dann sieht es so aus, als sehe man aneinander vorbei. Es ist ein Kreuz mit der Wahrnehmung per Bildschirm.

Was bedeutet es wohl, wenn wir uns in diesen Tagen immer weniger in die Augen schauen können?

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Donnerstag, 14. Januar 2021

Ohne Strom und doch voll Energie

Ein Gedanke

Wohnhaus der Familie von Bruder Klaus in Flüeli
Foto © Jörg Niederer
"Ohne Strom wäre unser Leben arm, brutal, bösartig" Michael Stürmer

Ein Bibelvers - Psalm 104,29+30

"Verbirgst du (Gott) dein Angesicht, erschrecken sie (die erschaffenen Lebewesen), nimmst du ihren Atem weg, kommen sie um und werden wieder zu Staub. Sendest du deinen Atem aus, werden sie erschaffen, und du erneuerst das Angesicht der Erde."

Eine Anregung

"Schule stellt sich selbst den Strom ab", titelte am Dienstag das St. Galler Tagblatt. Einen Tag lang testeten die Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler des Gossauer Oberstufenzentrums Rosenheim, wie man ohne Elektrizität über die Runden kommt. Der Aktionstag wurde mit der Klimaschutzorganisation "My Blue Planet" durchgeführt.

Nur drei Tage zuvor viel in Pakistan in vielen Städten der Strom aus.

Gut erinnern kann ich mich an einen Stromausfall am 10. Dezember 2003. Dieser grösste Stromausfall in der nordamerikanischen Geschichte legte den Nordosten der USA und den Süden Kanadas still.

Am 8. Januar dieses Jahres musste das Verbundnetz Europas aufgesplittet werden aufgrund einer Netzfrequenzabweichung. Im Süden gab es zuviel Strom, im Norden zuwenig. Die Stromnetze konnten später wieder synchronisiert werden. (Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_historischer_Stromausf%C3%A4lle)

Ab wann wird es ohne Elektrizität ungemütlich? Im Winter dauert es einige Stunden, bis der Gefrierschrank nichts mehr nützt. Die Mobiltelefone halten meist ein, zwei Tage durch. Aber ob sie Netz haben? Glücklich, wer gerade nicht im Lift steckt, oder bei der sich die einzigen Kleider nicht im verschlossenen Waschautomaten befinden. Und: Funktioniert der elektronische Schlüssel auch ohne Stromnetz, komme ich überhaupt aus der Wohnung heraus oder in die Wohnung hinein?

Zur Zeit von Bruder Klaus in Flüeli (Im Bild das Wohnhaus seiner Familie) waren das unbedeutende Fragen. Er lebte ganz ohne Elektrizität in inniger Verbindung mit Gott. 

Ich würde das gerne einmal ausprobieren: Wie lange geht es noch gut, wenn der Strom in der ganzen Wohnung ausfällt. Aber vermutlich würden meine Mitbewohnenden an diesem Experiment wenig Freude haben.

Nicht ausprobieren möchte ich, wie lange es gut geht ohne die Energie der Liebe Gottes. Ich möchte nicht in der Nacht der Gottferne verschwinden, keinen noch so kurzen Moment lang.

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 13. Januar 2021

Ausländerwahlrecht, Mitgliedschaft und Tatbeweis

Ein Gedanke

Bundeshaus in Bern
Foto © Jörg Niederer
"[D]er Einzelne soll, als Herr seiner selbst, auch sein eigener Gesetzgeber sein, der die Bindungen seines Handelns nicht von einer fremden Macht oder Autorität auferlegt erhält, sondern sich selbst gibt." Ernst-Wolfgang Böckenförde. Deutscher Bundesverfassungsrichter (1930-2019)

Ein Bibelvers - Galater 6,2

"Tragt einer des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen."

Eine Anregung

Bis heute werden in allen Demokratien der Welt beachtliche Anteile der Bevölkerung vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen. In der Schweiz, so sagen die Jungen Grünen, sind es aktuell 40%. Gemeint sind SchweizerInnen im Alter von 16-18 Jahren und alle, die hier ohne Schweizer Pass leben.

So könnte es sein, dass die Jungen Grünen im April die Demokratie-Initiative lancieren.

Dabei sollen alle Menschen, die über 16 Jahren sind und länger als 5 Jahre in der Schweiz leben, das Stimmrecht auf nationaler Ebene erhalten.

Ich finde das ein berechtigtes Anliegen. Immerhin zahlen diese Menschen ja auch Steuern und arbeiten in der Schweiz, ja halten sich an die Gesetze und Gebräuche, die hier gelten.

Die Frage ist also: Wer darf politisch partizipieren. Mehr zu dieser Idee unter: https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/junge-grune-werben-mit-schredder-fur-auslander-stimmrecht-65849491

In der Evangelisch-methodistischen Kirche gibt es eine ähnliche Situation. Da gibt es die Mitglieder (Bekennende Glieder) die stimm- und wahlberechtigt sind, und da sind die Menschen im Freundeskreis, die lediglich mitreden, aber nicht mitentscheiden dürfen. Analog zur Frage: Muss man Schweizer sein, um in der Schweiz mitzuentscheiden, heisst in der Kirche die Frage: Muss man Mitglied sein, um in der Kirche mitzuentscheiden?

Über beides kann man unterschiedlich denken. im kirchlichen Bereich bin ich für einen einfacheren Weg der Mitgliedschaft. Wie wäre es, wenn ein erwachsener Mensch automatisch als Mitglied gezählt wird, wenn er sich aktive ein Jahr lang am Gemeindeleben beteiligt hat. Die Bekenntnisfrage könnte dann unabhängig von der Mitgliedschaft geklärt werden. Und ebenso automatisch würde die Mitgliedschaft erlöschen, wenn sich jemand ein Jahr lang nicht mehr am Gemeindeleben beteiligt.

Deine Meinung dazu interessiert mich!

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 12. Januar 2021

Sex und die methodistische Jugend

Ein Gedanke

Herz auf Hochzeitstorte
Foto © Jörg Niederer
"Nein, es gibt immer eine versteckte Verzweiflung. Liebe hingegen ist etwas sehr Schönes, da bin ich romantisch und vielleicht auch etwas altmodisch." So Starphilosoph Slavoj Zizek auf die Frage: "Aber es gibt doch Menschen, die ganz ohne Liebe genussvollen Sex haben." SonntagsZeitung vom 10.01.2021, Seite 57

Ein Bibelvers - 1. Mose 2,24

"Darum verlässt ein Mann seinen Vater und seine Mutter und hängt an seiner Frau, und sie werden ein Fleisch."

Eine Anregung

Die Einschränkungen durch die Pandemie führen dazu, das Schulungsanlässe ins Internet verlagert werden. Das ermöglicht, dass man als alter Mann an Fortbildungen für Jugendliche teilnehmen kann, und so z.B. herausfindet, was in der Evangelisch-methodistischen Kirche von offizieller Seite  über die persönliche Sexualität gesagt wird. In einem Schulungsbeitrag unter dem Label "Lets Rock" tut dies Lukas Wyser, Mitarbeiter im Bereich Gemeindeentwicklung. Und er tut dies aus meiner Sicht auf spannende, konkrete und liebevolle Art. Vier Punkte sind ihm dabei wichtig:

1. Sexualität gehört in eine treue Beziehung
2. Nein zur Pornographie
3. Ja zu deiner Lust, deinem Körper, deiner Sexualität
4. Über deine persönliche Sexualität sprechen

Zugleich streicht er eindrücklich die Grenzen biblischer Texte zur Sexualität heraus, ohne sie in Bausch und Bogen zu verwerfen.

Was sich aus meiner Sicht ein Jugendlicher wohl noch mehr gewünscht hätte an hilfreichen Anregungen: Wie geht jemand mit der Sexualität in der Phase zwischen endender Kindheit und fester Beziehung um?

Ach ja: Über Sexualität habe ich dann auch gleich noch mit meiner Frau gesprochen, die etwas überrascht war, als sie mich beim Anhören dieses Beitrags "ertappte".

Hier geht es zum Video-Beitrag: https://youtu.be/XsHjoVFd_tk

In dieser Serie werden auch noch die folgenden weiteren Themen angesprochen: DNA eines Methodisten / Offene Kirche / Die Bibel anders / Schöpfung und Hoffnung / Hey du Opfer (Mobbing und andere Grenzverletzungen) / Hey lass mich! (Sexueller und anderer Missbrauch) / Vier häufige Fragen zur Homosexualität / Harte Jungs / Resilienz ganz persönlich / Resilienz für Teams. Zu finden ist alles auf dem Youtube-Kanal von EMK young unter https://www.youtube.com/channel/UCuNV3gTQEskPJwh6pC6Px6Q

Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika