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Dienstag, 24. Oktober 2017

Rassismus

Rassismus - Ausländer raus
Vor 25 Jahren ging ich aus Südafrika in die USA. Ich dachte, ich würde das System der Apartheid und den Rassismus hinter mir lassen. Aber ich merkte damals, dass der Rassismus mich begleitet, denn das Phänomen ist nicht auf ein Land oder auf eine bestimmte Zeit begrenzt. Rassismus ist in die kapitalistische Struktur der Weltwirtschaft und in eine globalisierte Kultur hineingewoben. 
Rassismus entsteht, wenn Menschen wegen ihres Aussehens, ihrer Herkunft und Zugehörigkeit in bestimmte „Schubladen“ eingeordnet werden. Dabei bleibt das Wort „Rasse“ ein Konstrukt, das unterschiedlich interpretiert wird. Oft werden diese Menschen als Gruppe dann zu Sündenböcke für Probleme in der Gesellschaft gemacht. Oder es wird behauptet, sie hätten wegen ihrer „Rasse“ in einem anderen Land nur eingeschränkte (Menschen-)Rechte.

Die Vorurteile, auf die der Rassismus sich stützt, werden weltweit mit Macht untermauert. Mir scheint diese Erkenntnis wichtig. Denn Vorurteile sind ein normaler Teil menschlicher Gedankenprozesse. Aber nicht jedes Vorurteil, mag es auch bedauernswert und einschränkend sein, ist schon ein Ausdruck von Rassismus. Erst wenn Menschen aufgrund ihrer Vorurteile gegen andere Menschen vorgehen dürfen, weil ihnen keine Sanktionen drohen, lebt der Rassismus.

Rassismus funktioniert in Verbindung mit gesellschaftlicher Akzeptanz. Als selbstverständlich und natürlich eingestuft bleibt der Rassismus für diejenigen, die aus ihren Vorurteilen heraus handeln, zum grossen Teil unsichtbar. Wenn dieses System sichtbar wird, droht die Möglichkeit, es zu hinterfragen oder ändern zu wollen.

Mir ist es wichtig, den systemischen Hintergrund des Rassismus zu erkennen. Sonst sind immer nur andere Menschen rassistisch, und der eigene Rassismus bleibt verborgen. Eine Welt, in der nicht alle Menschen den gleichen Wert haben, eine Welt, in welcher der Tod eines weissen Europäers mehr Aufmerksamkeit erregt als der Tod von tausenden von Afrikanern ist rassistisch geprägt. Die Anerkennung, dass die globale Welt ein rassistisches System bildet, bedeutet, dass wir alle darin verstrickt sind. Wir müssen uns aufmachen, dieses System zu durchschauen und zu ändern.

Als Europäer, als Menschen, die wählen dürfen, die Häuser besitzen und Steuern bezahlen, die Waffen produzieren und einsetzen und Meinungen bilden und aussprechen dürfen, haben wir viel Macht. Darum haben unsere Vorurteile eine grosse Wirkung. Wir lernen jedoch selten, diese Macht zu würdigen. Stattdessen sprechen wir über die „Macht“ von Politikern. Rassismus lebt aber nicht von Politikern, sondern von den Millionen Menschen, die tagtäglich ihre Vorurteile mit Macht ausleben, sich darüber keine Gedanken machen und nicht sehen müssen, was sie damit bewirken.

In der Nachfolge Christi sind wir verbunden mit Menschen aus vielen Völkern und Nationen, und wir sind berufen, gegen Rassismus aufzustehen. Das bedeutet vor allem, eigene Vorurteile kennenzulernen und sie in Jesu Fusstapfen abzulegen. In der Nachfolge Christi gilt es, Menschen als Personen zu sehen und nicht nur ihr Äusseres zu bewerten. In der Nachfolge sind wir berufen, unsere Verantwortung für die Gesellschaft wahrzunehmen anstatt die Schuld an gesellschaftlichen Problemen auf andere Menschen zu schieben. Wir müssen jeden ausschliesslichen Anspruch auf irgendein Stück Erde – „dieses Land gehört nur uns“ - ablehnen. Denn mit Jesus Christus bekennen wir: die Erde und alles in ihr gehört Gott, und wir sind höchstens Verwalter Gottes, wo wir leben.

Dienstag, 3. Oktober 2017

Ging die Reformation weit genug?

John Wesley in der Methodist Central Hall
In England zur Zeit John Wesleys (1703-1791) diskutierten Kirchenführer, ob die Reformation in Europa und England stark genug durchgesetzt wurde. Manche Menschen schauten auf die Zeit nach dem englischen Bürgerkrieg zurück, als die Puritaner versucht hatten, die Gesellschaft und die Kirche so zu reformieren, dass sie das widerspiegelte, was ihrer Meinung nach von der Bibel verlangt wird. Wesley selbst war der Ansicht, dass die Reformation nicht stark genug durchgesetzt wurde. Wie die Puritaner damals, wollte er sehen, dass sich die Gesellschaft verändert. Seine Lösung war jedoch eine andere. Für Wesley wäre das Problem nicht durch neue Gesetzgebungen für Kirche und Gesellschaft gelöst worden. Das wäre zu oberflächlich. Nötig waren Menschen, deren Motive und Begehren von der Kraft des Heiligen Geistes so reformiert wurden, dass sie Gott und ihre Mitmenschen lieben. Solche Menschen würden die Gesellschaft verändern.