Ein Gedanke
"Die edelste Kunst ist, andere glücklich zu machen." Phineas Taylor Barnum (1810-1891)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Psalm 27,4
"Eines nur habe ich vom Herrn erbeten, dies eine begehre ich: zu wohnen im Hause des Herrn alle meine Tage, zu schauen die Freundlichkeit des Herrn und nachzusinnen in seinem Tempel."
Eine Anregung
Phineas Taylor Barnum war ein US-amerikanischer Zirkusgründer. Sein Kuriositätenkabinett betrieb er nach dem Grundsatz: "Da ist für jeden ein bisschen dabei".
Nach Barnum ist ein Effekt benannt, der durch die Psychologie bei Horoskopen und in der Graphologie beobachtet wird. Dabei werden Formulierungen und Beschreibungen so allgemein gehalten, dass sich fast jede Person in den Aussagen finden kann. Folglich wird ein Horoskop fast immer als auf die eigene Person zutreffend empfunden.
Von allem ein Bisschen gibt es in vielen Gottesdiensten verschiedenster Kirchen: Ein Gemischtwarenladen gefälliger Elemente. Ein bisschen Lobpreis, ein bisschen Prophetie, ein bisschen Gefühl, ein bisschen Humor, ein bisschen Philosophie, ein bisschen Mitwirkung, ein bisschen Zuspruch, ein bisschen Hokuspokus, ein bisschen Geschichte, ein bisschen Kunst, ein bisschen Pomp, ein bisschen Armut, ein bisschen Technik, ein bisschen Kerzenlicht, ein bisschen Tradition, ein bisschen Traditionsbruch, ein bisschen Wasser, ein bisschen Wein, ein bisschen Liturgie, ein bisschen freies Gebet, ein bisschen Talar, ein bisschen T-Shirt.
Laut Studien glauben nur gerade 2 Prozent der westlichen Bevölkerung mit Überzeugung an die Astrologie. Aber ein weitaus grösserer Teil der Menschen empfinden Horoskop-Texte als für sie zutreffend. Doch dazu müssen sie nicht zur Astrologin gehen. Ihnen reicht die Illustrierte.
Wie viele Menschen glauben so sehr an die Kraft von Gottesdiensten, dass sie diese unbedingt besuchen? Ich vermute, dass es auch nicht mehr sind als etwa 2 Prozent. Von den andern finden viele die Gottesdienste nicht schlecht, sind manchmal bei seltenen Besuchen auch ganz angetan davon. Aber weil darin von allem ein bisschen steckt, ist das Meiste davon für die Meisten nicht relevant. Der Gottesdienst wird auf die Dauer als langweilig empfunden. Es sei denn, man macht daraus ein Kuriositätenkabinett voller Wunder, eine religiöse Unterhaltungsshow.
Ich frage mich ernsthaft: Wie muss Kirche sein, so dass sie nicht wie der Zirkus von Barnum für alle ein bisschen bietet? Wie muss Kirche sein, dass sie den Leuten nicht nach dem Mund redet, und dennoch mit ihrer Botschaft den Nerv der Zeit trifft. Wie muss Kirche sein, damit sich die Botschaft von Jesus Christus durch kirchliche Form und Sprache nicht abnutzt und verblasst?
Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika
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