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Montag, 5. Oktober 2020

Karma-Boost und andere neuzeitliche Irritationen

Ein Gedanke

Hindutempel im Haus der Religionen in Bern
Foto © Jörg Niederer
"Jedes Mal, wenn Du lächelst, gewinnt Dein Leben an Zeit." (AutorIn unbekannt)

Ein Bibelvers - Prediger 8,14

"Es gibt Nichtiges, das auf Erden geschieht: Es gibt Gerechte, denen es ergeht, als hätten sie gehandelt wie Frevler, und es gibt Frevler, denen es ergeht, als hätten sie gehandelt wie Gerechte. Ich dachte: Auch dies ist nichtig."

Eine Anregung

Bei RefLab - https://www.reflab.ch/ - kann man die dortigen Beiträge in fünffacher Abstufung bewerten. Aufgrund der Erfahrung, dass es in der angelsächsischen Welt bei Texten von links oben nach rechts unten geht, erkenne ich, ohne anfänglich die Wertungen wirklich zu verstehen, dass weiter links "besser" und weiter rechts "schlechter" bedeutet.

RefLab verwendet Slang-Begriffe aus der urbanen Gesellschaft. Das wirkt etwas verspielt und zeigt mir wieder einmal auf, wie alt und out ich schon geworden bin.

Die Bestbewertung "OMG" lautet ausgeschrieben "Oh my God". Das ist noch einfach zu verstehen. In der Mitte findet sich das neutrale "Deep", wohl im Sinn von "tiefgründig, aber nicht wirklich der Hammer". Das darauf folgende "Boring" ist Englisch für "langweilig". Die schlechteste Bewertung lautet "Fake News". Dabei denken wohl alle an unnatürlich blonde Haartollen.

Aber was bedeutet die zweitbeste Wertung "Karma-Boost"?

"Boost" ist einfach. Es ist Englisch für "fördern", "steigern". "Karma" dagegen ist ein Begriff aus dem Hinduismus. Es besagt, dass alle Handlungen Folgen haben, entweder in diesem Leben oder in einem folgenden Leben. Wer Gutes tut, hat es demnach im folgenden Leben leichter, wer Schlechtes tut, wird vielleicht als bedauernswerter Toilettenmann wiedergeboren. Das beste Karma hat, wer gar nicht mehr wiedergeboren werden muss, um schlechte Taten zu kompensieren.

Die urbane Gesellschaft verwendet "Karma" in säkularisierter Weise ohne die Wiedergeburts-Philosophie, und im Sinn des alttestamentlichen Tun-Ergehen-Zusammenhangs. Gutes und Schlechtes fallen auf den Täter oder die Täterin zurück und zwar in nachvollziehbarer, diesseitigen Weise. Dumm nur, dass diese Philosophie durch die Erfahrung regelmässig widerlegt wird. Selbst in der Bibel finden sich gewichtige Texte dagegen, mit entsprechenden Auswirkungen auf das Gottes- und Menschenbild. Was für ein Gott ist denn das, der, obwohl du ein anständiges Leben zu führen versuchst, dich nicht anständig leben lässt? Und warum kommen die Bösen immer an die Macht?

Zurück zur Bewertung "Karma-Boost" im RefLab. Ich vermute, damit soll ein Beitrag als hilfreich und förderlich für die eigene Lebenspraxis definiert werden. Ob das nun für diesen hier vorliegenden Beitrag von mir auch gilt, überlasse ich der mehr oder weniger geneigten Leserin, dem mehr oder weniger geneigten Leser.


Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika


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