Foto © Jörg Niederer |
Was wir mit dem Auge sehen, beeinflusst unser inneres Auge, die Bilder die in uns leben und wirken. Was wir sehen, bestimmt also, was wir denken und wie wir handeln.
Es gibt Dinge, die wir immer wieder sehen, wie geliebte Gesichter oder den Frühling. Dann schärft die Wiederholung unser Sehen. Bei anderen Bildern, zum Beispiel von überfüllten Flüchtlingsbooten oder sterbenden Wäldern, werden wir allmählich "blind". Das hat damit zu tun, dass wir nicht nur mit dem Auge sehen, sondern auch mit dem Herzen und dem Verstand. Sie bestimmen den Rahmen, durch den wir sehen.
Eine Kamera zeigt auch schön, wie ein Rahmen das, was wir sehen, beeinflusst. Der Rahmen verändert sich durch die Einstellung der Grösse oder mit einem neuen Winkel. So steht etwas neu im Zentrum oder der Hintergrund wird deutlicher.
Alltäglich bieten Nachrichtensendungen, politische Kampagnen, und der Dorftratsch uns Bilder in bestimmten Rahmen. Wir haben wenig Einfluss auf diese Bildern, die vor unsere Augen auftauchen. Wir können jedoch Einfluss nehmen auf den Rahmen, durch den wir schauen, und damit auf das, was wir sehen und was unser Handeln bestimmt.
Wenn Jesus von der kommenden Gottesregierung spricht, wenn er diese mit Bildern von Lilien und Vögeln beschreibt, bietet er uns einen Rahmen fürs Sehen. Den Rahmen, durch den er sieht, stellt Menschen neu ins Zentrum und stellt auch unerwartete Menschen ins Zentrum. Mit seinem Rahmen würdigt er die Erde, auf der er unterwegs ist. Das, was er so wahrnimmt, bestimmt sein Handeln. Es könnte auch unser Handeln bestimmen, mit ihm hinzuschauen.
Marietjie Odendaal, Kirche und Gesellschaft
Ein Beitrag für "Kirche und Welt", 9/2020
Marietjie Odendaal ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika
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