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Montag, 28. September 2020

Die Namensverhunzung durch Herrn Nationalrat Glarner

Ein Gedanke

Namenstafeln zum Gedenken im Garten der Wesley Chapel London
Foto © Jörg Niederer
"Habe acht auf deinen Namen, denn er wird dir länger bleiben, als ein großer Goldschatz." Chinesische Redensart

Ein Bibelvers - 1. Mose 17,5+15

Gott: "Man wird dich nicht mehr Abram nennen, sondern Abraham wird dein Name sein, denn zum Vater einer Vielzahl von Völkern habe ich dich bestimmt... Und Gott sprach zu Abraham: Sarai, deine Frau, sollst du nicht mehr Sarai nennen, sondern Sara soll ihr Name sein."

Eine Anregung

Herr Nationalrat Glarner stellte in einem Interview vage in Aussicht, dass er sich für den "Versprecher" beim Namen seiner Ratskollegin Nationalrätin Sibel Arslan (er nannte sie Arschlan) allenfalls entschuldigen könnte. Die Leichtigkeit, mit der ihm diese verachtende Benennung von den Lippen ging, lässt vermuten, dass er die politische Gegnerin in Gedanken und im Freundeskreis schon längere Zeit so bezeichnet. 

Die Verhunzung von Eigennamen, auch wenn sie spasseshalber, und nicht in beabsichtigter, verletzender Weise geschieht, missachtet die Persönlichkeit und Identität eines jeden Menschen. Das gilt auch in unserer Gesellschaft, in der die Benennung einer Person nicht durch die Trägerin oder den Träger des Namens erfolgt. Erst recht gilt es in Gesellschaften, in denen sich ein Mensch den Namen selbst gibt, wie das bei machen indigenen Völkern der Fall ist.

Namen offenbaren etwas von der eigenen Persönlichkeit und der kulturellen Einbindung. Darum wurden den Juden im Nationalsozialismus verhöhnende, abwertende Familiennamen gegeben. Darum war es lange Zeit nicht möglich, dass ein Mann bei der Ehe den Familiennamen der Frau annahm. Darum wurden Sklaven und Bedienstete nicht mit ihrem eigenen Namen gerufen. Darum ist das Aussprechen des Gottesnamens in manchen Religionen verpönt oder verboten.

Denn wer den Namen des Gegenüber kennt, kann anders mit ihm oder ihr umgehen, kann sie oder ihn direkt ansprechen, auch direkt anklagen, diffamieren, manipulieren oder auch loben.

Wer den eigenen Familiennamen ändert, etwa um sich einer neuen Kultur anzupassen, lässt immer etwas zurück, und das ist oft mehr als die Sonderzeichen der jeweiligen Schriftsprache oder die Betonung bei der Aussprache. Man lässt einen Teil seiner Vergangenheit zurück und passt sich in den neuen kulturellen Kontext ein. Man macht sich namentlich pflegeleicht, will dazugehören.

Namen sind alles andere als Schall und Rauch. "...ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst zu mir." (Jesaja 43,1) Gott spricht dies durch Jesaja dem Volk Israel zu. Indem Gott sein Volk benennt, gibt er ihm Würde, Beachtung und Zuwendung.

Ob sich wohl Herr Glarner bei Frau Arslan wirklich für die Namensverunglimpfung entschuldigt und ob diese Entschuldigung von Herzen kommt? Noch habe ich meine Zweifel.


Jörg Niederer ist Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

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