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Sonntag, 26. Juli 2020

Was ist schon lustig an der Diskriminierung?

Ein Gedanke
Szene vor dem Strassburger Münster
Foto © Jörg Niederer
Rainer Burger, berät für die Diakonie Hasenbergl in München Sinti und Roma bei der Jobsuche. "Er erinnert sich an nur eine junge Frau, die sich in den vergangenen fünf Jahren vor ihrem Chef geoutet hat. 'Alle anderen sagen, dass sie türkische, kroatische oder italienische Wurzeln haben.' Das sei alles besser, als ein 'Zigeuner' zu sein."
https://www.spiegel.de/karriere/sinti-und-roma-alles-ist-besser-als-ein-zigeuner-zu-sein-a-1193918.html

Ein Bibelvers - Johannes 4,9
"Die Samaritanerin nun sagt zu Jesus: Wie kannst du, ein Jude, von mir, einer Samaritanerin, zu trinken verlangen? Juden verkehren nämlich nicht mit Samaritanern."

Eine Anregung
Ich gebe es zu. Ich habe es auch gesungen. Das Lied "Lustig ist das Zigeunerleben..." Es hat mir sogar gefallen, als Kind. Ich war immer schon gerne im Wald, und die Zigeuner im Lied schienen sich vor allem im Wald aufgehalten zu haben: "Lustig ist es im grünen Wald, wo des Zigeuners Aufenthalt...". In unserer schülerkonformen Version wurde der "Moselwein" zum "moos'gen Stein"
Erst viel später wurde mir die diskriminierende Bedeutung dieser Fremdbezeichnung der Sinti und Roma bewusst. So schreibt Johann Heinrich Zedler, im "Universallexicon" (1731–1754), der bedeutendsten deutschsprachigen Enzyklopädie im 18. Jahrhundert: "Ziegeuner... ein umherschweifendes und zusammen gelauffenes Gesindel, das sich fast in die ganze Christenheit geschlichen und unterschiedlich genennt wird." Gemeinsame Merkmale sind nach Zedler "Delinquenz" und eine nicht ortsfeste Lebensweise.
Die meisten Sinti und Roma sind schon seit Generationen sesshaft. Und das mit der Delinquenz ist eine jahrhundertelange Verunglimpfung, die bis heute nachhallt. An vielen Orten gelten Sinti und Roma als Menschen zweiter Klasse, werden ghettoisiert und vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Selbst in der scheinbar integrativen Gesellschaft der Schweiz ist das erkennbar daran, wie Stellplätze für die Fahrenden kaum politisch durchgesetzt werden können.
Andererseits gibt es auch zunehmend Gruppierungen und Organisationen, welche sich solidarisch mit den Sinti und Roma einsetzten gegen Ausgrenzung und für Respekt; nicht zuletzt auch die Kirchen. Zu manchen Kirchen gehören Sinti und Roma ganz selbstverständlich dazu, wie zum Beispiel in der Evangelisch-methodistischen Kirche in Nordmazedonien oder in Ungarn.
Selbst in der Coronozeit findet in Ohrid/Nordmazedonien die Sommerschule für Roma-Kinder statt. Hier der berührende und motivierende Beitrag: https://www.emk.at/blog/sommerschule-trotz-covid-19

Worüber ich anrege, an diesem Sonntag nachzudenken: Was bringt uns zu so klischeebehafteter, romantisierender Verklärung von Minderheiten, die wir in der Praxis zugleich ausgrenzen und desavouieren? Schlechtes Gewissen? Selbstrechtfertigung? Gedankenlosigkeit? Verschleierung des Unrechts?


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