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Montag, 15. Februar 2021

Zur Volksinitiative "Ja zum Verhüllungsverbot"

Ein Gedanke

Musliminnen in London
Foto © Jörg Niederer
"Der Zufall ist die in Schleier gehüllte Notwendigkeit." Marie von Ebner-Eschenbach

Ein Bibelvers - 1. Korinther 11,5

"Eine Frau entehrt ihr Haupt, wenn sie bei Gebet oder prophetischer Rede ihren Kopf nicht bedeckt. Denn das ist genauso, als ob sie kahl geschoren wäre."

Eine Anregung

Heute möchte ich dazu anregen, sich eine eigene Meinung zu einer Volksinitiative zu bilden. Am 7. März dürfen Schweizerinnen und Schweizer mitbestimmen, wie das Zusammenleben in diesem Land aussehen soll. Dazu schlägt die Volksinitiative "Ja zum Verhüllungsverbot" vor, dass niemand in der Öffentlichkeit das Gesicht (ganz) verdecken darf. Das, beteuern die Initianten, würde die Rechte von unterdrückten Frauen schützen oder stärken und Kriminalität vorbeugen.

Die Regierung sieht es anders. Sie schlägt in einem Gegenvorschlag vor, dass Verhüllte bei Bedarf den Behörden ihr Gesicht zeigen müssen. Frauenrechte sollen auf andere Weise gestärkt werden. Ausserdem soll die kantonale Hoheit respektiert werden. Siehe: https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/themen/abstimmungen/verhuellungsverbot.html

In kirchlichen Kreisen wurde mehrheitlich gegen diese Initiative Stellung genommen oder Stimmfreigabe beschlossen (EVP).

Argumente dafür und dagegen gibt es viele:

Dafür:
- Frauenrechte werden gestärkt von den Frauen, die (aus religiösen Gründen) gezwungen werden, sich zu verhüllen.
- So können wir Werte und Kultur unserer Gesellschaft einfordern.
- Gewalttätige Demonstrierende oder Hooligans können sich nicht hinter einer Maske verstecken.
- Eine einheitliche Lösung der Verhüllungsfrage durch den Bund ist überfällig.

Dagegen
- Kleidervorschriften sind wenig hilfreich für die Stärkung der Frauenrechte.
- Kleidervorschriften gehören nicht in die Bundesverfassung.
- Die Religionsfreiheit wird durch dieses Gesetz unangemessen eingeschränkt.
- Es ist ein antiislamisches Gesetz, das seinen Ursprung in fremdenfeindlichen Tendenzen hat.
- Für Ausschreitungen bei Demonstrationen und Sportanlässe gibt es in vielen Kantonen schon geeignete Gesetze.
- In den Kantonen Tessin und St. Gallen, die schon ein Verhüllungsverbot kennen, gibt es kaum Probleme mit verhüllten Personen. In St. Gallen kam es noch zu keiner einzigen Anzeige.
- Das Gesetz betrifft gerade einmal 30 Musliminnen, die in der Schweiz die Vollverschleierung praktizieren. Und sonst sind nur noch Touristinnen davon tangiert.
- Weitaus frauenfeindlicher sind sexistische Bilder von Frauen in unserer westlichen Gesellschaft.

Wie stehst du zu diesem politischen Anliegen. Mitdiskutieren kannst du hier im Kommentarbereich! 

Christliche und religiöse Kreise haben verschiedentlich Stellung bezogen:

Evangelische Kirche der Schweiz

Rat der Religionen

Evangelische Volkpartei

Katholischer Mediendienst

Jörg Niederer und Marietjie Odendaal sind Mitglied  im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

2 Kommentare:

  1. Bei der Minarett-Initiative war es klar: es geht gegen "den Islam" und im erweiterten Sinne gegen alles Fremde. Mit dem Verhüllungsverbot ist es komplizierter. Auch hier steht zwar für die Initianten die Abwehr des Fremden, der Erhalt abendländischer Werte und einheimischen Brauchtums (das vom Verbot ausgenommen ist!) im Zentrum. Geschickt instrumentalisieren sie aber zusätzlich Frauenrechte und Selbstbestimmung, die ihnen sonst ziemlich egal sind, für ihre Zwecke und entfachen damit auf einem Nebenschauplatz eine hitzige Debatte.

    Für mich ist nicht entscheidend, ob jemand die Burka ablehnt (mir ist sie sehr fremd) oder nicht. Ausschlaggebend ist ob damit Zwang ausgeübt wird. Hier muss der verfassungsmässige Schutz greifen. Kleidervorschriften (Zwingli lässt grüssen) gehören nicht in die Verfassung. Unsere Auseinandersetzung mit dem Islam und anderen Religionen und Weltanschauungen darf sich nicht auf das Verbot von Symbolen beschränken. Hier ist nicht unsere Ablehnung, sondern uns Bekenntnis gefragt.
    Markus Brandenberger

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  2. Vielen Dank für den Raum der Auseinandersetzung, den ich leider erst jetzt sehe. Viele werden schon abgestimmt haben. Wie auch immer das Resultat ausfällt, das Thema wird uns weiterhin beschäftigen.

    Ich stimme Herrn Brandenberger zu.

    Die Kräfte, die hinter der Initiative stehen, werden sich kaum gegen den Verkauf von Waffen an Saudi Arabien stellen. Worum geht es ihnen also - ausser um eigene Sichtbarkeit?

    Der Chefredaktor der NZZ bedauerte, dass ausgerechnet Liberale den epochalen "Krieg der Ideen" ignorieren und sich auf eine rein individualistische Argumentation versteifen. Der Nikab sei heute kein religiöses sondern ein politisches Statement.

    Ich weiss nicht. Und wenn?
    Sollte sich bewahrheiten, dass hinter jedem Nikab eine menschenverachtende Aktivistin steht, ist es dann nicht besser, dass sie sichtbar bleibt? Wobei dann auch sämtliche dunklen Bärte unter Generalverdacht fallen müssten.

    Die Initiative ist keine Lösung um gegen Extremismi aller Art zu kämpfen und uns die berechtigte Angst davor zu nehmen.


    Nach Artikel 261bis Absatz 2 des Strafgesetzbuchs (StGB, SR 311.0) und Artikel 171c Absatz 2 des Militärstrafgesetzes (MStG, SR 321.0) ist es unter anderem verboten, öffentlich Ideologien zu verbreiten, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sind.

    Diese Bestimmung soll genügen.

    Ich möchte in einem besonnenen Rechtsstaat leben. Nur ein solcher begünstigt religiösen Frieden.

    Mich würde noch ein Gespräch unter Frauen über Scham und Verhüllung interessieren. Aber nicht unverhüllt in einem Chat, versteht sich.
    Mit herzlichen Grüssen
    Claudia Bloem

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