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Sonntag, 9. Mai 2021

Blind auf dem weiblichen Auge

Ein Gedanke

Wiborada oder dem Abt sein Gesicht leihen
Foto © Jörg Niederer
"Wir sind eingeladen, mit beiden Augen sehen zu lernen mit dem väterlichen von Gallus und dem mütterlichen von Wiborada." Hildegard Aepli

Ein Bibelvers - 1. Mose 39,20+21

"Er [Potifar] ließ Josef ergreifen und ins Gefängnis werfen – dorthin, wo die Gefangenen des Königs waren. Josef blieb im Gefängnis. Aber der Herr war mit Josef."

Eine Anregung

Hildegard Aepli verbrachte eine Woche eingesperrt in einer Klause bei der Kirche St. Mangen in St. Gallen, so wie einst Wiborada, die erste kanonische Heilige der Römisch-katholischen Kirche.

Was ging ihr in diesen sieben Tagen durch den Kopf? Einige Zitate:

"Ich sass und schlief eine Woche lang am Grab der Heiligen Wiborada von St.Gallen.
Sie wurde am 2. Mai 926, vor genau 1095 Jahren in ihrer Zelle bei St. Mangen von den Ungarn erschlagen.
Eine Woche lang wohnte ich eingeschlossen mitten in der Stadt St. Gallen. Parterre - ebenerdig... 
Ich habe mich abhängig gemacht von der Versorgung und Fürsorge von aussen. Ich hatte dafür gebundene Hände, spürte, wie angewiesen ich auf die Freiwilligen und auf Freundinnen war...
Ich merke am Tag nach dem Aufschliessritual, wie sensibel und dünnhäutig ich geworden bin. Es ist nicht harmlos und kein Spiel, sich in die Wiboradazelle einschliessen zu lassen und der Stadt auszusetzen...
Meine Aufgabe in dieser Woche war, offen zu sein für das, was in meinem Innern geschieht und offen für die Bitten der Stadt. Diese trug ich zu Gott. Jede geschriebene oder ausgesprochene Bitte (anonym oder mit Name) legte ich Gott ans Herz. Über das Fenster nach innen zur Kirche St. Mangen und über das Fenster nach aussen zur Stadt kamen 46 existentielle Anliegen zu mir...
Ich habe in meiner Woche als Inklusin das Lukasevangelium gelesen. Jeden Tag 4 Kapitel...
Ich sass und schlief eine Woche lang am Grab der Heiligen Wiborada von St.Gallen. Nach dieser Woche sage ich: Die Stadt St.Gallen lebt mit einem einäugigen Geschichtsbewusstsein. Alles ist auf den Klosterbezirk fokussiert. Auf Vater Gallus. Das ist der Magnet. Die Stadt St.Gallen hat aber ein zweites, ein weibliches und mütterliches Energiefeld mit Wiborada. Auf diesem Auge sind wir weitestgehend noch blind." (Aus einem Schreiben vom 2. Mai 2021)

Hier geht es zur Webseite von Wiborada 2021: https://www.wiborada2021.ch/

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

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