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Samstag, 24. April 2021

Fromm ohne Kirche

Ein Gedanke

Leert Corona die Kirchen?
Foto © Jörg Niederer
"Der Vogel ist nicht nur mit äusserlich ihm angehängten Flügeln ausgestattet, sondern sein ganzer körperlicher Bau ist darauf angelegt, sich von den Flügeln durch die Luft tragen zu lassen. (…) Ganz ebenso verhält es sich mit dem Menschen. (…) Der Mensch ist seiner Natur nach auf das Leben in Gemeinschaft angelegt." Oswald von Nell-Breuning (1890-1991), aus "Baugesetze der Gesellschaft – Solidarität und Subsidiarität"

Ein Bibelvers - Jeremia 15,17+18

"Nie sass ich mit anderen froh zusammen, nie konnte ich fröhlich sein. Von deiner Hand [Gott] niedergedrückt, saß ich einsam da. Du hattest mich mit Missmut erfüllt. Warum nimmt mein Leiden kein Ende? Warum ist meine Wunde so tief, dass sie nicht heilen kann? Eine Täuschung bist du für mich. Du bist wie Wasser, von dem man nicht weiß, ob es da ist oder nicht."

Eine Anregung

In den vergangenen Wochen wurden verschiedene Pfarrerinnen und Pfarrer der Evangelisch-methodistischen Kirche unter anderem gefragt, "...inwiefern das (Selbst-)Bild von Kirche und Glaube sich durch die Pandemie verändert."

Dazu habe ich mir folgende Gedanken gemacht. Wie schon bei früheren Seuchen besteht die Gefahr, dass religiöse Gemeinschaften weiter aufgesplittet werden. Durch die Corona-Massnahmen werden die sozialen Aktivitäten und die religiösen Bedürfnisse separiert. Was sich konsumieren lässt an der Kirche, findet problemlos online und privat statt. Der Kirchenbesuch wird damit stark auf das Soziale zurückgebunden. Der Kirchenkaffee dagegen als Begegnungsplatz kann nicht so leicht ersetzt werden. Wer diesen Begegnungsort sucht, wird auch in Zukunft in die Gottesdienste und Kirchen gehen. Wer diesen nicht braucht, weil das Private genug soziale Begegnung bietet, wird wohl in Zukunft weniger oder nicht mehr in die Kirche gehen, und sich religiös auf andere Weise versorgen. Das wiederum wir die Kirche zunehmend zu einem Ort der Einsamen, Unbeholfenen, der Randgruppen machen. Diese haben nebst den sozialen Kontakten oft gar kein oder ein nur kleines religiöses Bedürfnis.

Vielleicht kann man plakativ sagen: 'In die Kirche werden nicht die gehen, die Glauben suchen, sondern sozialen Kontakt. Wer spirituelle Erfahrungen sucht, findet sie überall, nur nicht in der Kirche.'

Das wiederum bedeutet für die Kirchen, dass sie nicht mehr zurück können hinter eine starke Online-Präsenz und zugleich eine starke Vor-Ort-Präsenz. Die kirchliche Arbeit wird irreversibel anspruchsvoller als vor der Pandemie.

Hier kann man lesen, was Pfarrerinnen und Pfarrer aus Basel, Bregenz, Schwarzenburg und Solothurn dazu meinen: https://emk-schweiz.ch/2021/04/17/die-pandemie-ein-gericht-gottes

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

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