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Mittwoch, 10. Januar 2018

"No-Funkstille"

Die älteren Semester unter uns erinnern sich vielleicht noch an den 20. Juli 1969: Die erste Mondlandung wurde live im Fernsehen übertragen und 900'000 Zuschauer und Zuschauerinnen verfolgten gespannt das Geschehen, das von Bruno Stanek kommentiert wurde. 
Aber auch andere Sendungen, wie «Dopplet oder nüüt» und «Wer gwünnt», die vom Frauenschwarm Mäni Weber moderiert wurden oder die legendären Hörspiele mit Ruedi Walter und Margrith Rainer waren Gassenfeger. Immer wieder schaffen es unsere staatlichen Medien, Menschen verschiedensten Alters und Geschlechts zusammen zu bringen, auch heute noch. Bei der Fussball-EM vor zwei Jahren fieberten bei den entscheidenden Spielen 2.2 Millionen Menschen mit. 
Nein zu No-Billag, Ja zu BillagDoch vor allem wird das Schweizer Fernsehen und Radio (SRG) für seine Nachrichtensendungen geschätzt. Über eine halbe Million Personen schauen sich regelmässig die Tagesschau an. Unaufgeregt werden die Ereignisse gezeigt, Politiker und Politikerinnen streiten sich, doch meistens geht es gesitteter zu und her als in unseren Nachbarländern. 
Gewiss, es gibt Sendungen, die sind nicht nach jedermanns Geschmack. Sollen sie auch nicht, die SRG hat den Anspruch, für jeden etwas zu bieten. Während private Medien genau auf ihr Zielpublikum abgestimmt sind, um so den Marktanteil zu erhöhen, kann es sich unser staatlicher Sender dank den Gebühren leisten, Sendungen abseits des Mainstreams zu senden. Dies nützt auch den Randregionen, die explizit durch unsere staatlichen Medien gefördert werden. Und nicht nur sie - die SRG baut Brücken zwischen den Sprachregionen, zwischen den ländlichen und den urbanen Orten. Mit swissinfo haben sogar die Auslandschweizer und -schweizerinnen ihren eigenen Kanal. 
Menschen mit einer Seh-oder Hörbehinderung profitieren von Untertiteln, Sendungen in Gebärdensprachen und Audiodeskription. 
Wenigen ist bewusst, dass die SRG auch Schweizer Literatur und Film fördert. Ohne diese staatlichen Mittel wäre heimisches Schaffen kaum möglich. 

Dies alles ist nur möglich, weil SRG Gebühren erhält. Das Geld wird trotz allen Unkenrufen wirtschaftlich eingesetzt. So werden Synergien genutzt, von denen auch die privaten Medien profitieren. Viele beziehen bereits ihre Informationen von der SRG und verbreiten diese dann auf ihrem eigenen Kanal weiter.
Die „No-Billag-Initiative“, über die am 4.März 2018 abgestimmt wird, verlangt die Abschaffung dieser Gebühren. Für die Initianten sind sie zu hoch, die SRG verschleudere nur Geld.  Sie fordern, sie müsse sich selber finanzieren können. 
Bezeichnenderweise befürworten Medienhäuser, Politiker und Politikerinnen diese Initiative, die gerade durch die Abschaffung am meisten profitieren würden. Doch sie würden die Rechnung ohne den Wirt machen. Nicht SRG ist ihr grosser Konkurrent im Werbemarkt, sondern die globalen Player wie Google und Facebook, die über unsere Meinungshoheit bestimmen. 

Der Ausschuss für Kirche und Gesellschaft lehnt diese Initiative klar ab. Sie gefährdet den Zusammenhalt im Land, die kulturellen Leistungen würden beschnitten. Ohne Gebühren wäre Lichterlöschen bei der SRG. Wer jetzt aus Trotz ein „JA“ einlegt, ist sich nicht bewusst, dass es einem selber trifft. Sehr viele Lokalfernsehen und -radios müssten schliessen, auch christliche Sender. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. 

Und - nehmt den alten Menschen nicht ihren Sender weg, er ist oft noch der einzige Kontakt zur Aussenwelt.  
Wir wollen kein privates, von Milliardären finanziertes Fernsehen. Untersuchungen haben gezeigt, dass gut funktionierende Demokratien in der Regel mit starken staatlichen Medien einhergehen. 
Wir treten ein für die Vielfalt dieses Land und wünschen uns einen Austausch zwischen den Regionen, Sprachen und Generationen.

Siehe auch:
https://kircheundgesellschaft.blogspot.ch/2017/12/vielfalt-und-miteinander-bewahren.html



Samstag, 16. Dezember 2017

Vielfalt und Miteinander bewahren - Stellungnahme zur «No Billag»-Initiative

No-Billag
In einem Monat werden Hunderttausende Schweizer vor dem Fernseher sitzen und die olympischen Winterspiele mitverfolgen. Vielleicht werden es die letzten Spiele sein, die ohne zusätzliche Kosten mitverfolgt werden können. Wenn die «No-Billag»-Initiative in der Abstimmung am 12. März  angenommen wird, fallen zwar die Gebühren weg, dafür gibt es auch keine Grossanlässe mehr zu sehen, ausser wir sind bereit, für diese tief in die Tasche zu greifen.
Die «No-Billag»-Initiative fordert einerseits die Abschaffung der TV- und Radio-Gebühren. Stattdessen sollen die Konzessionen ersteigert werden. Zum anderen verbietet sie dem Bund, eine eigene Radio-und Fernsehstation zu betreiben.
Der Ausschuss für Kirche und Gesellschaft lehnt diese Initiative ab. Die Argumente der Befürworter sind irreführend und verschleiern die Konsequenzen für sprachliche Vielfalt, Kultur und auch für christliche Sender und Angebote in der Schweiz.


Fernsehen kostet
Geschickt spielt die Initiative auf der Klaviatur der gebeutelten Gebührenzahler: Die monatlich gesparten 37.50 Franken, die ab 2019 noch rund 30 Franken betragen, würden zur Ankurbelung der Wirtschaft beitragen. Doch würde man wirklich so viel einsparen? Nein! Die Initiativ-Befürworter empfehlen als Alternative zur SRG Netflix (zurzeit 11.90 Franken pro Monat) und Teleclub (12.90 Franken). Damit müssten bereits 25 Franken bezahlt werden. Wer künftig die Spiele der Schweizer Nationalmannschaft an einer Fussball-WM schauen will, müsste dann nochmals einen grösseren Betrag hinblättern.
Der Bund, so fordern es die Initianten, solle die Konzessionen versteigern. Zum Zuge kämen finanzkräftige Konzerne wie Google und Amazon oder schwerreiche Milliardäre. Das Programm würde nach rein wirtschaftlichen Kriterien zusammengestellt. Es gäbe keine romanischen Sendungen mehr, dem Tessiner Fernsehen würde ebenfalls der Stecker gezogen. Fernsehen kostet also auch in Zukunft einen vergleichbaren Betrag – nur leisten die privaten Anbieter nicht, wozu die Gelder jetzt verwendet werden.


Aus für SRG
Überhaupt wäre bei der Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) Sendeschluss. Die Befürworter der Initiative betonen zwar, es gehe ihnen nicht um die Abschaffung der SRG. Doch im geänderten Verfassungsartikel steht: Der Bund betreibt in Friedenszeiten keine eigenen Radio- und Fernsehstationen. (Art. 96, Absatz 6). Die SRG müsste sich allein dem Marktdruck beugen. Der bisherige Leistungskatalog wäre nicht mehr finanzierbar.
Die Initianten werfen der SRG eine Verschleuderung den Gebührengeldern vor. Unter anderem kritisieren sie das horrende Jahres-Salär des ehemaligen SRG-Generaldirektors Roger de Weck (557'434 Franken). Im Vergleich zu Managern im privaten Sektor ist sein Gehalt jedoch eher bescheiden gewesen. Auch im Vergleich mit anderen Bundesbetrieben lag der SRG-Chef im hinteren Drittel.


Angebote für alle
Moniert wird weiter, dass die Gebühren weltweit die höchsten sind. Die SRG unterhält in allen drei Sprachregionen eigene Fernsehstationen, sogar in Rätoromanisch wird regelmässig gesendet. Diese Vielfalt kostet, trägt aber dazu bei, Brücken zwischen den einzelnen Sprachen zu bauen. Tendenziell sind zudem in kleinen Ländern die anfallenden Kosten höher.
Hauptargument der Befürworter ist die Zwangsabgabe. Obwohl man nicht oder kaum Sendungen schaue oder höre, sei man gezwungen zu zahlen. Dieses Argument greift zu kurz. Gewiss, es gibt Sendungen, die nicht nach jedermanns Geschmack sind. Sollen sie auch nicht: Die SRG hat den Anspruch, für jeden etwas zu bieten. Dies nützt auch den Randregionen, die explizit durch unsere staatlichen Medien gefördert werden.


Breite Folgen
Wenigen ist bewusst, dass die SRG auch Schweizer Literatur und Film fördert. Ohne diese staatlichen Mittel wäre heimisches Schaffen kaum möglich. Kein Wunder also, dass auch Verbände und Musiker/innen aus der Volksmusik sich gegen die Initiative aussprechen.
Bei einem «JA» zu Initiative wäre nicht nur bei der SRG Sendeschluss. Auch viele Lokalfernsehen und -radios könnten nicht mehr senden. Christliche Angebote wie «FENSTER ZUM SONNTAG» würden damit die Möglichkeit verlieren, ein breites Publikum auf nationaler Ebene mit ihren Beiträgen zu erreichen.
Der Ausschuss für Kirche und Gesellschaft empfiehlt ein «NEIN». Eine starke, unabhängige SRG fördert den Zusammenhalt im Land, fördert das Miteinander zwischen Stadt und Land, zwischen den einzelnen Kulturen und Sprachen.


Mehr erfahren
Initiativtext und Argumentarium der Befürworter: nobillag.ch
Argumente gegen die Initiative: sendeschluss-nein.ch
Volksmusik und «No Billag» (BLICK): https://is.gd/Volksmusik
Fakten-Check des Tagesanzeigers: https://is.gd/tagi_check


Erschienen in "Kirche und Welt" 01/2018