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Freitag, 30. April 2021

Veränderungen ernst nehmen

Ein Gedanke

Der Erdgletscher zerstört Wege und schafft neue Gefahren
Foto © Jörg Niederer
"Seit der Jahrtausendwende haben die Gletscher rund 17 Prozent ihres Volumens verloren. Besonders die Schweizer Gletscher schmelzen rapide." https://www.wwf.ch/de/stories/vom-sterben-der-gletscher

Ein Bibelvers - 2. Mose 34,6+7

"Der Herr ging an ihm vorüber. Mose rief: 'Herr, Herr, Gott! Du bist reich an Barmherzigkeit und Gnade, unendlich geduldig und voller Güte und Treue. Tausende lässt du deine Güte erfahren. Du vergibst Schuld, Vergehen und Sünde. Ungestraft aber lässt du nichts. Du verfolgst die Schuld der Väter an Kindern und Enkeln bis in die dritte und vierte Generation.'"

Eine Anregung

Der Gletscher ist Luftlinie 7.5 Kilometer von der Evangelisch-methodistischen Kirche in St. Gallen entfernt. Wer sich auskennt, wird sagen: Das kann nicht sein. Der Blauschneegletscher auf dem Säntis ist weiter weg, und es gibt ihn schon fast nicht mehr.

Ich rede aber auch nicht von einem Eis-, sondern von einem Erdgletscher. Wie das Eis eines Alpengletschers bewegt sich das Erdreich des Erdgletschers unmerklich und unaufhaltsam zu Tal.

Im vergangenen schneereichen, nassen Winter bewegte er sich mehrere Meter das Goldachtobel hinab und zerstörte eine Strasse.

Erdgletscher und Klima haben eines gemeinsam: Die Veränderung geschieht für unser Empfinden so gleichmässig, dass wir sie übersehen würden, wären da nicht die grösseren Verwerfungen. Veränderungen müssen ernst genommen werden. Es braucht ein Umdenken und eine Anpassung unserer inneren Gefahrenkarte. An der Volksabstimmung vom 13. Juni beschäftigen sich gleich drei Vorlagen mit diesen Themen. Neben dem CO2-Gesetz sind es die Initiativen "Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung" und "Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide".

Der Erdgletscher lässt sich nicht aufhalten. Aber gegen selbstverursachte Klimaerwärmung und Umweltbelastung können wir etwas tun. Ja, wir müssen etwas tun. Sonst geht die Zukunft unserer Kinder den Bach hinunter.

Ein Beitrag für "Kirche und Welt", 3/2021

Donnerstag, 29. April 2021

Wenn Rehe die Jäger austricksen

Ein Gedanke

Rehe im Lutikerriet
Foto © Jörg Niederer
"Wer mit Freuden durchs Leben geht, geht mit dem Wind im Rücken." G.N. (Aufschrift auf einem Parkbank des VV Stäfa)

Ein Bibelvers - Psalm 91,1+2

"Wer unter dem Schutz des Höchsten wohnt, wer im Schatten des Gewaltigen die Nacht verbringt, der sagt wie ich über den Herrn: 'Meine Zuflucht ist er und meine Burg, mein Gott, dem ich vertraue!'"

Eine Anregung

Einige Rehe beim Lützelsee müssen davon gelesen haben, dass ihnen von Jägern keine Gefahr droht, wenn sie sich innerhalb des Naturschutzgebiets aufhalten. Sie geniessen das Leben im Lutikerriet bei ausgelassenen Spielen, ohne gross auf die zahlreichen Menschen zu achten. So lassen sie sich, nebst den auch dort lebenden Störchen, am helllichten Tag beobachten. Das Rudel umfasst so 14 Tiere.

Sich schützen. Sich in sicherer Distanz halten. Nur keine Panik. Was die Rehe da tun, ist das nicht auch das, was in der Pandemie helfen kann? Schutz, Distanz. Vertrauen.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 28. April 2021

Ein goldiger Fluss

Ein Gedanke

Wer entdeckt die Quelle der Goldach?
Foto © Jörg Niederer
"Wenn mehr von uns Essen und Freude und Gesang höher schätzen würden als gehortetes Gold, so wäre es eine glücklichere Welt." J. R. R. Tolkien in "Der Hobbit"

Ein Bibelvers - Offenbarung 21,18

"Die Mauer [des neuen Jerusalems] ist aus Jaspis gebaut, und die Stadt besteht aus reinem Gold – so rein wie Glas."

Eine Anregung

Von der Quelle der Goldach bis zur Mündung in den Bodensee sind es nur gerade 18,5 Kilometer. Doch die führen durch eine kupierte Landschaft und teilweise tiefe Gräben. Will man der Goldach zu Fuss folgen, wandert man gut 10 Kilometer weiter. Der wilde Fluss versteckt sich gut und ist streckenweise kaum begehbar. Von 1005 m ü. M. geht es 710 Höhenmeter hinunter zur Badi der Ortschaft Goldach. Zuletzt bildet der Fluss die Grenze zwischen St. Gallen und Thurgau.

Wir sind der Goldach zwei Tage lang gefolgt, durch bezaubernde Landschaften. Ein wirklich goldiger Wasserlauf, der völlig banal beim Ruppenpass (Siehe Bild: Wer entdeckt die Quelle?) als Rinnsal aus einer Kunststoffröhre beginnt.

Auf die Goldsuche haben wir verzichtet. Noch ist Schonzeit für die Fische und das Jagen nach dem schnöden Mammon nicht erlaubt.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 27. April 2021

Bäche, die aufwärts fliessen

Ein Gedanke

"Wen Gott nass macht, den macht er auch wieder trocken." Sprichwort

Ein Bibelvers - Psalm 126,4

"Wende, Herr, unser Geschick, versiegten Bächen im Südland gleich."

Eine Anregung

Die Wehrkirche von Greifensee
Foto © Jörg Niederer
In der Wehrkirche in Greifensee steht an einer Wand in Zwinglideutsch folgender Spruch. "Müssend dies Läben ein Ellend sin, nit ein Säligkeit. Herr kehr um unsere Gefängnuss wie die Bäch im Föhnen."

Gefragt habe ich nach der Bedeutung dieses biblischen Verses.

Eine Hilfe war gestern schon im Blogbeitrag enthalten: der Bibelvers. Dass der Psalmvers 126,4 in der Kirche im Zwinglideutsch geschrieben ist, hat nichts mit seinem Alter zu tun, sondern damit, dass man in späterer Zeit Zwingli ehren wollte.

Eine Antwort von Regula zum zweiten Teil trifft den Sinn des Satzes. Er geht von der Beobachtung aus, dass Bäche im Föhnwind manchmal den Anschein erwecken, als würden sie bergauf fliessen. Es geht um eine Umkehrung der Wasserfliessrichtung. Denn nach altorientalischem Weltbild kommt das Wasser von oben als Regen und von unten aus dem Meer unter der Erde. Gott kann die Tiefen öffnen und so die Welt bewässern.

Es gibt an diesem Vers noch weitere heute missverständliche Inhalte. So war "Elend" früher gleichbedeutend wie "Fremde". Mit diesem Wissen kann der Vers vielleicht so wiedergegeben werden: "Müssen wir den wirklich unser Leben fern der Heimat und dem Glück fristen? Herr kehre unsere Gefangenschaft in Freiheit, so wie du auch Wasser aus den Tiefen hochsprudeln lässt."

Noch ausführlicher erklärt Pfarrer Theo Handschin den Sachverhalt: http://www.ref-greifensee.ch/cm_data/Wandspruch_Flyer.pdf

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 26. April 2021

Von der krummen Nase zum Fabeltier

Ein Gedanke

Der Vogel Greif in der Wehrkirche von Greifensee.
Foto © Jörg Niederer
"Wir leben in einer Fantasiewelt, einer Welt voller Illusion. Die große Aufgabe im Leben ist es, die Realität zu finden." Iris Murdock

Ein Bibelvers - Psalm 126,4

"Herr, wende unser Schicksal zum Guten, so wie du die Bäche in der Wüste füllst nach langer Trockenzeit."

Eine Anregung

Einst gehörte das Städtchen Greifensee zum Toggenburg. Das war in den Jahren 1369-1402. Danach wurde es von Friedrich VII. verpfändet und der Stadt Zürich vermacht.

In der Wehrkirche Greifensee kann man nebst einem Löwen auch eine Fabelgestalt sehen, bekannt unter dem Namen "Vogel Greif". Bis ins Mittelalter glaubte man daran, dass es die aus einem Löwenkörper, einem Greifvogelkopf und Flügeln bestehenden Fabeltiere gibt.

Woher aber kommt das Wort "Greif"

Im Griechischen bedeutet "grȳpos" "krummnasig, mit einer Habichtsnase". Via lateinische Sprache gelangte es als "grīfe" ins Deutsche. So wurde also aus einer krummen Nase ein Fabeltier, das einem See und einer Stadt den Namen gab. Oder stimmt das etwa gar nicht, und mit Greifen waren lediglich die Greifvögel gemeint. Noch heute nennen wir sie so. Greifvögel hat es an einem landwirtschaftlich geprägten See bekanntlich in grosser Zahl.

Nun noch etwas zum Nachdenken. In dieser Wehrkirche in Greifensee steht an einer Wand in Zwinglideutsch ein Spruch. Wer findet die Bedeutung heraus? Und so lauten die Sätze: "Müssend dies Läben ein Ellend sin, nit ein Säligkeit. Herr kehr um unsere Gefängnuss wie die Bäch im Föhnen."

Die Auflösung folgt morgen.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 25. April 2021

Humanismus in der Vogelwelt

Ein Gedanke

Ein Gartenbaumläufer turn an einem alten Baumer herum.
Foto © Jörg Niederer
"Die kalte Schnauze eines Hundes ist erfreulich warm gegen die Kaltschnäuzigkeit mancher Mitmenschen." Ernst R. Hauschka (1926-2012)

Ein Bibelvers - Prediger 4,11+12

"Wenn zwei dicht beieinanderliegen, wird ihnen warm. Wenn aber einer allein ist, wie kann dem warm werden? Einer allein kann überwältigt werden. Zwei miteinander können dem Angriff standhalten, und die dreifache Schnur reißt nicht so schnell!"

Eine Anregung

Das Vögelchen ist klein, es misst gerade einmal 13 Zentimeter, doch in sozialer Hinsicht ist es ein Riese, von dem auch wir Menschen lernen können.

Den gut getarnten Gartenbaumläufer konnte ich heute aus einiger Entfernung am Greifensee in einem alten schönen Baum beobachten, wie er in allen möglichen Positionen an ihm herum turnte. So richtig aufrecht habe ich das Tierchen die ganze Zeit kaum gesehen. Kopf unter dagegen gleich mehrfach. Doch nicht seine Kletterkünste allein imponieren mir, auch sein Sozialverhalten ist top. Die Vogelwarte Sempach beschreibt es in ihrem Text zum Vogel so: "Bei Frost sucht er [der Gartenbaumläufer] Schlafplätze in geschützten Schlupfwinkeln auf, beispielsweise unter einem Dachvorsprung. Hier verbringen mehrere eng aneinander gekuschelte Vögel die Nacht. Sie wechseln oft ihren Platz, so dass im Verlauf der Nacht jedes Tier einige Zeit zuinnerst in der Schlafgemeinschaft verbringen kann."

Siehe dazu: https://www.vogelwarte.ch/de/voegel/voegel-der-schweiz/gartenbaumlaeufer

Die Sorge um die Andere, den Andern, und die Bereitschaft, Wärme zu teilen, das ist doch ein Verhalten, bei dem wir Menschen von Humanismus und Altruismus sprechen. Nun, manche Vögel können das schon lange.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 24. April 2021

Fromm ohne Kirche

Ein Gedanke

Leert Corona die Kirchen?
Foto © Jörg Niederer
"Der Vogel ist nicht nur mit äusserlich ihm angehängten Flügeln ausgestattet, sondern sein ganzer körperlicher Bau ist darauf angelegt, sich von den Flügeln durch die Luft tragen zu lassen. (…) Ganz ebenso verhält es sich mit dem Menschen. (…) Der Mensch ist seiner Natur nach auf das Leben in Gemeinschaft angelegt." Oswald von Nell-Breuning (1890-1991), aus "Baugesetze der Gesellschaft – Solidarität und Subsidiarität"

Ein Bibelvers - Jeremia 15,17+18

"Nie sass ich mit anderen froh zusammen, nie konnte ich fröhlich sein. Von deiner Hand [Gott] niedergedrückt, saß ich einsam da. Du hattest mich mit Missmut erfüllt. Warum nimmt mein Leiden kein Ende? Warum ist meine Wunde so tief, dass sie nicht heilen kann? Eine Täuschung bist du für mich. Du bist wie Wasser, von dem man nicht weiß, ob es da ist oder nicht."

Eine Anregung

In den vergangenen Wochen wurden verschiedene Pfarrerinnen und Pfarrer der Evangelisch-methodistischen Kirche unter anderem gefragt, "...inwiefern das (Selbst-)Bild von Kirche und Glaube sich durch die Pandemie verändert."

Dazu habe ich mir folgende Gedanken gemacht. Wie schon bei früheren Seuchen besteht die Gefahr, dass religiöse Gemeinschaften weiter aufgesplittet werden. Durch die Corona-Massnahmen werden die sozialen Aktivitäten und die religiösen Bedürfnisse separiert. Was sich konsumieren lässt an der Kirche, findet problemlos online und privat statt. Der Kirchenbesuch wird damit stark auf das Soziale zurückgebunden. Der Kirchenkaffee dagegen als Begegnungsplatz kann nicht so leicht ersetzt werden. Wer diesen Begegnungsort sucht, wird auch in Zukunft in die Gottesdienste und Kirchen gehen. Wer diesen nicht braucht, weil das Private genug soziale Begegnung bietet, wird wohl in Zukunft weniger oder nicht mehr in die Kirche gehen, und sich religiös auf andere Weise versorgen. Das wiederum wir die Kirche zunehmend zu einem Ort der Einsamen, Unbeholfenen, der Randgruppen machen. Diese haben nebst den sozialen Kontakten oft gar kein oder ein nur kleines religiöses Bedürfnis.

Vielleicht kann man plakativ sagen: 'In die Kirche werden nicht die gehen, die Glauben suchen, sondern sozialen Kontakt. Wer spirituelle Erfahrungen sucht, findet sie überall, nur nicht in der Kirche.'

Das wiederum bedeutet für die Kirchen, dass sie nicht mehr zurück können hinter eine starke Online-Präsenz und zugleich eine starke Vor-Ort-Präsenz. Die kirchliche Arbeit wird irreversibel anspruchsvoller als vor der Pandemie.

Hier kann man lesen, was Pfarrerinnen und Pfarrer aus Basel, Bregenz, Schwarzenburg und Solothurn dazu meinen: https://emk-schweiz.ch/2021/04/17/die-pandemie-ein-gericht-gottes

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Freitag, 23. April 2021

Je älter desto knackiger

Ein Gedanke

Seniorenausflug 1996
Foto © Jörg Niederer
"Altern ist ein hochinteressanter Vorgang: Man denkt und denkt und denkt - plötzlich kann man sich an nichts mehr erinnern." Ephraim Kishon

Ein Bibelvers - Prediger 12,3+4

"Wenn der Mensch alt geworden ist, zittern die Wächter des Hauses und krümmen sich die starken Männer. Die Müllerinnen stellen die Arbeit ein, weil nur noch wenige übrig geblieben sind. Die Frauen, die durch die Fenster schauen, erkennen nur noch dunkle Schatten. Die beiden Türen, die zur Straße führen, werden auch schon geschlossen."

Eine Anregung

Im Gemeindebrief der Methodistenkirche Rhein-Bodensee ist mir folgendes Gebet begegnet. Da ich bereits selbst Erfahrungen mit dem Älterwerden mache, halte ich diese Worte für recht zutreffend. Wer es gedichtet hat, weiss ich leider nicht.

"Seniorengebet

Was soll man noch in alten Tagen / unserm Herrgott alles sagen: / Ach lieber Gott, / im Knie Arthrose, / der Bauch passt nicht mehr in die Hose, / das Kreuz wird auch schon krumm, / die Hüfte knackt, das ist doch dumm. / Auch der Kopf der wackelt sehr. / Die Hände zittern immer mehr, / ach Gott, was hab ich nur verbrochen, / verschliessen sind Gelenk und Knochen, / doch schöne kleine Alters-G'schenke, / sind künstliche Zähne und Gelenke. / Wenn in der Früh kein Schmerz sich regt, / schnell schauen ob das Herz noch schlägt; / und dennoch Herr, will ich dir sagen: / mag auch das Kacken noch so plagen, / trotz aller Fülle von Beschwerden, / bin ich gern auf dieser Erden. / Wenn das Zwacken und das Zwicken, / wäre eines Tages ausgelitten / und hörte plötzlich alles auf, / wär ja vorbei mein Lebenslauf, / drum lieber Gott, hör auf mein Bitten, / lass es doch noch lange weiterzwicken."

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Donnerstag, 22. April 2021

Frauen und die Charta Oecumenica

Ein Gedanke

Frauen und Männer an der 2. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz 1997
Foto © Jörg Niederer
"So warf die Tatsache, dass Menschen in zwei Varianten - also mit und ohne Gebärmutter - existieren, grundsätzliche Fragen auf. Etwa die, ob Menschen, die schwanger werden könnten, genau so begabt und geeignet für geistliche Ämter seien wie jene, die es nicht können." Antje Schrupp, bref 3/2021 S. 16

Ein Bibelvers - Römer 16,6+7

"Grüsst Maria, die sich sehr für euch eingesetzt hat. Grüsst Andronikus und Junia, meine Landsleute, die mit mir im Gefängnis waren. Sie nehmen unter den Aposteln eine herausragende Stellung ein. Auch haben sie schon vor mir zu Christus gehört."

Eine Anregung

Frauen und Kirche, eine lange Geschichte. Da gibt es die Bewegung Maria 2.0: https://www.katholisch.de/aktuelles/themenseiten/kirchenstreik-maria-20.

Auch das Projekt Wiborada 2021 hat starke Bezüge zu Frauenrechten in der Kirche: https://www.wiborada2021.ch/.

Heute wird die Charta Oecumenica 20 Jahre alt. Die "Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit unter den Kirchen in Europa" wurde am 22. April 2001 gemeinsam von der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) angenommen. In der Schweiz folgte die Unterzeichnung vier Jahre später durch die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz.

Auch in diesem Dokument werden die Rechte der Frauen thematisiert. Unter dem Kapitel: "II. Auf dem Weg zur sichtbaren Gemeinschaft der Kirchen in Europa" steht im Abschnitt: "8. Völker und Kulturen versöhnen" Folgendes zu lesen:

"Unsere gemeinsamen Bemühungen richten sich auf die Beurteilung und Lösung politischer und sozialer Fragen im Geist des Evangeliums. Weil wir die Person und Würde jedes Menschen als Ebenbild Gottes werten, treten wir für die absolute Gleichwertigkeit aller Menschen ein.
Als Kirchen wollen wir gemeinsam den Prozess der Demokratisierung in Europa fördern. Wir engagieren uns für eine Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier Konfliktlösungen. Wir verurteilen jede Form von Gewalt gegen Menschen, besonders gegen Frauen und Kinder.
... Wir verpflichten uns,
... die Stellung und Gleichberechtigung der Frauen in allen Lebensbereichen zu stärken sowie die gerechte Gemeinschaft von Frauen und Männern in Kirche und Gesellschaft zu fördern."

Heute, zwanzig Jahre nach der Unterzeichnung der Charta erneuern die Kirchen der Schweiz ihre Selbstverpflichtungen im Rahmen eines Zoom-Anlasses, welcher auf YouTube übertragen wird. Ab 15.00 Uhr kann man live dabei sein: https://www.youtube.com/watch?v=xE50lzJXNdE

Um 19 Uhr organisieren KEK und CCEE einen ökumenischen Jubiläums-Gottesdienst (online). Inspiriert ist das Thema des 20-jährigen Jubiläums der Charta Oecumenica von der biblischen Prämisse aus Römer 12,12: "Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet!" Eine Anmeldung ist erforderlich: https://zoom.us/webinar/register/WN__lClRISEQW2ofhF2ufA0aA

Hier geht es direkt zur Charta Oecumenica: https://agck.ch/wp-content/uploads/2021/04/ChartaOecumenicaDE.pdf

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 21. April 2021

Der Westgote auf dem St. Galler Grabstein

Ein Gedanke

Grabstele von Gottfried Bion (1804-1876) vor der Kirche St. Mangen in St. Gallen
Foto © Jörg Niederer
"Das Wesentliche des Romantischen ist Ungewissheit." Oscar Wilde

Ein Bibelvers - Psalm 64,3+4

"Versteck mich vor der Truppe der Bösen, vor dem schlimmen Treiben der Übeltäter. Die haben ihre Zunge wie ein Schwert geschärft. Der Pfeil auf ihrem Bogen ist ein giftiges Wort."

Eine Anregung

Ich bin kein Kunstexperte. So kann ich die Darstellung auf dem Grabstein von Gottlieb Bion nicht sicher einordnen. Mir ist die Stele vor der Kirche St. Mangen in St. Gallen aufgefallen, weil sie so skurril ist. Der behelmte Typ könnte einem Computergame entsprungen sein. Er sieht wie ein Westgote aus dem Asterix-Comic aus; oder ist es ein Bildnis von Gottlieb Bion, Lehrer, Landschaftsmaler und Mitgründer des Kunstvereins? Ähnlichkeiten sind schon auszumachen mit dem Portrait von ihm auf https://de.wikipedia.org/wiki/Gottlieb_Bion.

Pinsel und Palette unten an der Stele sind leicht als Attribute des Malers zu deuten. Der Sinnspruch "Kunst bringt Gunst" mag sich reimen, aber einen tieferen Sinn scheint er mir nicht zu entfalten. 

Eichenlaubkranz und Helm könnten eine militärische Anspielung sein. Die Zunge ist einem Schwert nachempfunden. Mit etwas Fantasie dringt das Schwert bis zum Parierbügel in den Schädel ein und durch den Mund wieder aus. Und was soll das Gewächs, da wo die Ohren wären? Es bildet riesige Hörmuscheln. Könnte es sein, dass so ein hellwacher Zeitgenosse dargestellt wird, der zu seinem malerischen Talent auch eine scharfe Zunge führte?

Hättest du anhand des Grabsteins darauf geschlossen, dass Gottfried Bion in einem Pfarrhaus aufgewachsen ist? Also ich wäre nicht darauf gekommen. Jedenfalls seine Bilder sind ganz der Romantik verpflichtet. Auch darauf wäre ich - vor dem Grabstein - nie gekommen.

Und was wird dein Grabstein von dir erzählen, dereinst in 150 Jahren?

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika


Dienstag, 20. April 2021

Ergründlich unergründlich

Ein Gedanke

Wohnüberbauung Laubwiesen in Frauenfeld
Foto © Jörg Niederer
"Im täglichen Vergeben an uns begangenen Unrechts vermögen wir einen Blick in den unergründlichen Abgrund des göttlichen Erbarmens zu tun und zu ahnen, dass Gott größer ist als unser Herz." Jochen Klepper

Ein Bibelvers - Jesaja 55,8a+9

"So lautet der Ausspruch des Herrn: ...Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde! So fern sind meine Wege von euren Wegen und meine Pläne von euren Plänen."

Eine Anregung

Als ich nach Frauenfeld zog, war da eine Industriebrache, der Zutritt für Unbefugte verboten, was eine alte Frau nicht davon abhielt, dort ihre Katzen zu füttern. Dann wurde eine Überbauung erstellt mit mehr als 100 Wohnungen. Nun führen Fusswege zu den Hauseingängen und durch die Siedlung hindurch. Auf meinem Arbeitsweg durchstreife ich regelmässig das weitläufige Gebiet. Längst schon werden mich Bewohnerinnen und Bewohner beobachten. Die einen im vorderen Teil werden sagen: "Er muss da weiter hinten wohnen!". Die andern, die weiter hinten wohnen, denken wohl: "Ah, der, der irgendwo da vorn wohnen muss, geht wieder zur Arbeit!". Würde mich einer den ganzen Weg verfolgen, währe ihm schnell klar: "Der ist nur auf der 'Durchreise', er gehört gar nicht zu uns."

Wer sieht schon das Ganze, den ganzen Weg, das ganze Leben? Nicht einmal die Vorhaben der Menschen liegen klar und übersichtlich vor uns. Wie viel mehr sind die Wege Gottes in dieser Welt unergründlich und geheimnisvoll. Bruchstückhaft bleibt die Erkenntnis. Es gibt noch viel zu entdecken - auf dem Arbeitsweg und im Glauben.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 19. April 2021

Kampfläufer und andere seltsame Vögel

Ein Gedanke

Das Weibchen eines Kampfläufers im Neeracherried
Foto © Jörg Niederer
Bekommen Schnepfen schnupfen und wenn ja, wie schnäuzen sie sich?

Ein Bibelvers - 1. Mose 1,22+23

"Gott schuf die großen Seeungeheuer und alle Arten von Lebewesen, von denen das Wasser wimmelt. Er schuf auch alle Arten von Vögeln. Und Gott sah, dass es gut war. Gott segnete sie und sprach: 'Seid fruchtbar, vermehrt euch und füllt das ganze Meer! Auch die Vögel sollen sich vermehren auf der Erde!'"

Eine Anregung

"Kampfläufer" - das klingt martialisch. Doch hinter dem Namen verbirgt sich ein Schnepfe, ein hübsches Vögelchen, dem ich dieses Wochenende zum ersten Mal begegnet bin. Bei einem Ausflug ins Neeracherried konnte ich auch noch andere, nie vorher in freier Wildbahn gesehene Limikolen beobachten. Da gab es Bekassinen, die auf einer Feuchtwiese brüten, welche von Schottischen Hochlandrinder beweidet werden; in der Schweiz eine Sensation, und das nur gerade 8 Kilometer Luftlinie von Flughafen Zürich-Kloten entfernt. Weiter sah ich erstmals Kiebitze bei der Paarung und Waldwasserläufer und Rotschenkel bei der Nahrungssuche. Störche gab es auch, Lachmöwen brüteten und ebenso Kormorane. Ein Turmfalke schaute von einem Baum auf uns herab und wir hinauf. Milane flogen umher und ein Schwan trieb im Wasser.

Dabei sassen meine Frau und ich gerade einmal 10 Minuten vor den Gucklöchern, dann trieb uns die kalte Bise wieder weiter.

Von den angrenzenden Weiden floh ein Rudel Rehe ins Gehölz, wir zählten 9 Tiere. Und ein Rehbock stand auf dem Feld, nahe an der stark befahrenen Strasse und schaute unverwandt zu uns herüber.

Für den Turmfalken waren wir Rietbesucherinnen und -besucher wohl mindestens so interessant wie er und die andern Vögel für uns. Ob wir Menschen von ihm auch kategorisiert werden, eingeteilt in Harmlose oder Gefährliche, Lärmige und Schweigsame, Kugelige und Dürre, solche mit Feldstechern und solche mit Teleobjektiven? Ob er sich lustig macht über unser Balzverhalten? Und was glaubt ein Turmfalke, woher wir kommen?

Hier kann man mehr über das Neeracherried erfahren: https://www.birdlife.ch/de/content/naturzentrum-neeracherried

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 18. April 2021

Den Riesen des Lebens widerstehen

Ein Gedanke

David und Goliat in der Kirche St. Jakob in Kastelaz, Tramin
Foto © Jörg Niederer
"Und steht man mal auf einem Berg, ist der Riese nur ein Zwerg. So kommt es auf den Standpunkt an, was man unüberwindlich und schwer sehen kann." Unbekannt

Ein Bibelvers - 2. Samuel 21,20+21

"Und es geschah noch Folgendes, als es in Gat zu einem Kampf kam: Da war ein riesengroßer Mann. Der hatte Hände mit sechs Fingern und Füße mit sechs Zehen. Zusammengezählt sind es also 24. Auch er gehörte zu den Nachkommen der Riesen. Als er die Israeliten verspottete, tötete ihn Jonatan, der Sohn des Schima, der ein Bruder Davids war."

Eine Anregung

In der Kirche St. Jakob in Kastelaz im Südtiroler Ort Tramin, direkt auf Höhe der Bankreihe und unterhalb eines Passionsgemäldes schlägt ein klitzekleiner David dem niedergestreckten Goliat den Kopf ab. Das ist nicht gerade ein erbaulicher Anblick. Im heutigen Gottesdienst in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen geht es um diese Geschichte von David und Goliat und um die "Lebensriesen" oder einschüchternden Überforderungen unseres Lebens. Wer wie David nicht vor dem, was im Leben Angst macht, resignieren will, kann einiges lernen aus dieser biblischen Geschichte. Zu finden ist sie in 1. Samuel 17. 

Der Gottesdienst wird auch per Zoom übertragen. Wenn Du live dabei sein möchtest, melde dich bitte bei Pfarrer Jörg Niederer.

Spätestens ab Montag kann die Predigt auch auf dem Youtube-Kanal angehört werden: https://www.youtube.com/channel/UClMn0ETErXuxpjmgajiOuPw

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 17. April 2021

Salz in wirksamen Mengen

Ein Gedanke

Walter Gaberthüel an der Jährlichen Konferenz 1993
Foto © Jörg Niederer
"Ich denke, es könnte doch wieder die Zeit kommen, wo man entdeckt, dass man eine Berufung hat, Salz und Licht der Erde zu sein. Und Salz braucht es nicht in riesigen Mengen, Salz braucht es in kleinen Dosen, in wirksamen Dosen." Walter Gaberthüel, pensionierter Pfarrer der Evangelisch-methodistischen Kirche

Ein Bibelvers - Sirach 39,26

"Der Mensch braucht zu seinem Leben vor allem Wasser, Feuer, Eisen, Salz, Mehl, Milch, Honig, Wein, Öl und Kleider."

Eine Anregung

Vermutlich der einzige Pfarrer aus der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz, der dauerhaft im Wallis wohnt, ist Walter Gaberthüel. Nun wurde er von Tillmann Luther, dem reformierten Pfarrer in Visp (VS) interviewt. Das Gespräch beginnt der heute pensionierte Pfarrer mit seinem Berufungserlebnis. Etwas später, im Jahr 1993 entstand das Foto von ihm anlässlich der Jährlichen Konferenz. Seine Erfahrung und sein Wissen brachte er  in seinem aktiven Dienst vielfältig ein. Das wird schnell nachvollziehbar anhand der kompetenten Art, wie er über "seine" Kirche im Interview Auskunft gibt. Hier geht es zum Gespräch: https://youtu.be/y5elNx70uyo

Am Sonntag um 10.15 Uhr feiert die Evangelisch-methodistische Kirche St. Gallen den Gottesdienst auch via Zoom. Wenn Sie live dabei sein möchten, melden Sie sich bitte bei Pfarrer Jörg Niederer.
Spätestens ab Montag kann die Predigt auch auf dem Youtube-Kanal angehört werden: https://www.youtube.com/channel/UClMn0ETErXuxpjmgajiOuPw

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Freitag, 16. April 2021

Frühling, bitte putzen!

Ein Gedanke

Bücherregalordnung
Foto © Jörg Niederer
"Mein Leben wäre bedeutend leichter, wenn Putzen zu meinen Hobbys gehören würde."

Ein Bibelvers - Psalm 51,4

"[Gott,] wasch mich rein von meiner Schuld, reinige mich von meiner Sünde!"

Eine Anregung

Beim Kochen muss es bei mir sauber zugehen. Ich halte gar nichts von herumstehendem, schmutzigem Geschirr. Überall sonst kann es auch einmal unordentlich werden. Gerade habe ich meinen Mail-Posteingang aufgeräumt. Nun hat es nur noch 16 Mails, die ich bearbeiten sollte. Wobei, gerade hat sich das leider wieder geändert.

Und ja, es ist mein Bücherregal, auf dem auch Kleiderimprägnierspray und Schutzmasken herumstehen. Es hat ja schon alles seine Ordnung, auch wenn einige das nicht so sehen.

Der Staub aber stört und die Katzenhaare, und ja, es ist Frühling, die Zeit des Putzens. Da kommt Frölein Da Capo mit ihrer persönlichen Chaostheorie gerade recht: https://www.schweizerfamilie.ch/episoedali

Und wer es etwas geistlicher mag, für den sei auf Stefan Pfister verwiesen, der sich in einer königlichen Art zu putzen versucht: https://www.youtube.com/watch?v=wRTwJIL5V1Q

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Donnerstag, 15. April 2021

Bei Andacht Dessert

Ein Gedanke

Kuchen
Foto © Jörg Niederer
"Kuchen ist Gottes Entschuldigung für Salbeitee."

Ein Bibelvers - Prediger 9,7

"Auf, iss mit Freuden dein Brot und trink fröhlich deinen Wein! Denn Gott gefällt schon lange, was du tust."

Eine Anregung

Dessert-Andachten, "Dessert.Devotion" nennt Pfarrerin Dr. Adriane Burgess von der St. Mary's Road United Methodist Church in Columbus im US-Bundesstaat Georgia ihren Youtube-Kanal. Dessert und Andacht, das ist Programm. In ihrem neusten Beitrag verbindet sie das Backen von Karottenkuchen-Cupcakes mit dem Nachdenken darüber, wie man nachösterlich und christlich erfolgreich leben kann. Die jeweilige Andacht erfolgt in der Backzeit. Bei den Rezepten und bei der Andacht ist der amerikanische Background offensichtlich. Da wird beispielsweise eine fertige Karottenkuchen-Backmischung verwendet und die Massangaben müssen umgerechnet werden. Und natürlich gibt es das ganze nur auf Englisch. Doch wer das ein wenig kann, wird beim Backen und während der Andacht gut folgend können. Eine einmalige Kombination: Süsses und Tiefgründiges.

Hier geht es zum Youtubekanal: https://www.youtube.com/channel/UCRjK6tJnydM1dEHues3_CBw

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 14. April 2021

Alltägliche Abenteuerreisen

Ein Gedanke

Das abenteuerliche Glaubensleben nähert sich seinem Ziel
Foto © Jörg Niederer
"Den Glauben [kann man] als Quest, als Abenteuerreise, anschauen." Urs Rotach

Ein Bibelvers - Genesis 12,1+4

"Der Herr sagte zu Abram: 'Verlass dein Land, deine Verwandtschaft und das Haus deines Vaters! Geh in das Land, das ich dir zeigen werde!...' Da ging Abram los, wie der Herr es ihm befohlen hatte. Lot ging mit ihm."

Eine Anregung

Diese Zeit hat auch Gutes. Bedingt durch die Einschränkungen im öffentlichen Leben wenden sich viele notgedrungen anderen Kontaktmöglichkeiten zu. Ich zum Beispiel besuche öfter einmal virtuelle Treffpunkte, lasse mich von einem Blog zum nächsten Podcast treiben, schaue mir einen Videoclip an, konsumiere Newsletter von andern Kirchgemeinden. Heute Morgen habe ich in den neusten Podcast der Evangelisch-methodistischen Kirche Aarau hineingehört. Eine junge Frau sprach fast eine Stunde mit einem Mann. Ich kenne sie von früher, als ich noch in Rothrist wohnte und wirkte. Anja Isler ist Jugendarbeiterin und fand wohl früher den von mir gestalteten kirchlichen Unterricht nicht besonders spannend. Aufgeweckt war sie damals, und ein klein wenig aufmüpfig. 

Aber auch die andere Stimme im Podcast hatte ich schon gehört. Sie kam mir eigenartig vertraut vor. Die Tonlage, der Dialekt, das Sprechtempo, die Gedankenpausen, all das weckte alte Erinnerungen. Und dann lass ich auch den Namen, und wusste: Ja auch Urs Rotach durfte ich früher schon begegnen, noch früher als Anja. Es war in den ersten Jahren meines Dienstes im aargauischen Reinach, als er und seine Familie dort ein- und ausgingen. Das ist jetzt schon an die 26 Jahre her, seit wir uns aus den Augen und Ohren verloren haben. Und dann höre ich fasziniert zwei Menschen zu, beide auf verschiedene Weise geprägt vom Glauben an Jesus Christus, beide nicht stehen geblieben in ihrer Glaubensentwicklung, beide bereit, darüber zu erzählen. Doch hört selbst, was sie zu sagen haben über das Thema: "Was hilft im Glauben?": https://emk-aarau.ch/podcast/

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 13. April 2021

Was der Ausschreyer von den Angstkröten denkt

Ein Gedanke

Ziege beim Bauernhof Östran
Foto © Jörg Niederer
"aufküssen: mit einem Kusse auffangen. Die zärtliche Mutter küsste die Tränen ihres Kindes auf." Johann Jakob Spreng in seinem unveröffentlichten deutschen Wörterbuch

Ein Bibelvers - Sprüche 9,8

"Einen Spötter solltest du nicht zurechtweisen, sonst wird er dich hassen. Aber einen klugen Menschen kannst du zurechtweisen, er wird dich dafür lieben."

Eine Anregung

"Während der Ausschreyer sich vom Arschkratzer behandeln liess, dabei dem Treiben der Atzlen in den Bäumen zuschaute, wunderte er sich einmal mehr über die Abenteuerer, die fremde Länder abmürfen wie die Geissen die Alpweiden. Diese Abfäumlinge, diese Angstkröten würde er das nächste Mal auslüften, und die ackergeizigen Bauern ebenso, denen man nicht eine Karotte abgutzeln kann. Da hilft kein Augen schwingen mehr, nun nehme er kein Blatt mehr vor den Mund: 'Angestrausst wird jetzt, das ist doch klar.'" 

Dieser Abschnitt klingt ein bisschen wie Franz Hohlers "Totenmügerli": https://youtu.be/OlY_minvSSg. Doch anders als beim Klassiker des Kabarettisten gibt es die seltsamen Begriffe im obigen Text wirklich. Nichts ist erfunden.

Gefunden habe ich die deutschen Begriffe in einem Buch voller Wortschönheiten, gesammelt von Johann Jakob Spreng, ans Licht gebracht von Nicolas Fink. Hier kann in das Buch reingehört werden: https://www.deutschlandfunkkultur.de/johann-jakob-spreng-unerhoerte-auswahl-vergessener.1270.de.html?dram:article_id=492619 

Und nun zur sinnstiftenden Auflösung des Geschriebenen. Als Pfarrer gefällt mir dabei natürlich der Ausschreyer ganz besonders gut.

"Während der Prediger (Ausschreyer) sich vom Bader (Arschkratzer) behandeln liess, dabei dem Treiben der Elstern (Atzlen) in den Bäumen zuschaute, wunderte er sich einmal mehr über die englischen Kaufleute (Abenteuerer), die fremde Länder abfressen (abmürfen) wie die Geissen die Alpweiden. Diese durchtriebene Schalksbrut (Abfäumlinge), diese elenden Kerle (Angstkröten) würde er das nächste Mal ausschelten (auslüften), und die nimmersatten (ackergeizigen) Bauern ebenso, denen man nicht eine Karotte abbetteln (abgutzeln) kann. Da hilft kein liebes Schauen (Augen schwingen) mehr, nun nehme er kein Blatt mehr vor den Mund: 'Tapfer und feindlich gekämpft (angestrausst) wird jetzt, das ist doch klar.'"

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 12. April 2021

fürbass besser - oder so!

Ein Gedanke

Statue des Hl. Jodokus in der Wallfahrtskapelle Klingenzell
Foto © Jörg Niederer
"festzurrend (mein ich) / die unruh im kopf /und auto-autisten / die schulter zeigend die warme / (der sonne sei dank: / im hades heisst es / wärme sie nicht mehr) /geh ich fürbass / ja ja: fürbass / warum nicht: fürbass?" Kurt Marti, Hannis Äpfel, S. 16

Ein Bibelvers - Psalm 25,4+5

"Zeige mir deine Wege, Herr, und lehre mich, deinen Pfaden zu folgen! Lass mich nach deiner Wahrheit leben und lehre mich! Denn du bist es, Gott, der mir hilft!"

Eine Anregung

Im bezaubernden Büchlein "Hannis Äpfel" von Kurt Marti bin ich im Gedicht "über land" auf das Wörtchen "fürbass" gestossen, und habe mich, obwohl es mir auch anderweitig schon begegnet ist, erstmals gefragt: Was heisst denn das?

https://www.dwds.de/ gibt Auskunft, fasst zusammen, es stehe veraltet und auch scherzhaft für "vorwärts" und "weiter". Das Adverb "bass" sei früher für "sehr, äusserst" verwendet worden, etwa in der Redewendung "bass erstaunt sein", und ist die Steigerungsform von "wohl". Heute wird anstelle von "wohl" "gut" verwendet. Wer sagt schon: "Es geht mir bass", wenn er meint: "Es geht mir besser"?

Was mich auch fasziniert: Nicht nur "besser" geht auf das mittelhochdeutsch "bass" zurück, sondern auch "Busse". Busse als Besserung?

Kurt Marti gebraucht das Wort in Zusammenhang mit dem Gehen: "geh ich fürbass". Fürbass gehe ich besser, zügiger, dynamischer, leichtfüssiger.

Dazu passt der Heiligen Jodokus - hier die Statue aus der Wallfahrtskirche Klingenzell - ein Pilger, Einsiedler und Klostergründer, also der "Gallus" von Saint-Josse-sur-Mer im Norden Frankreichs. Niemand ist bass erstaunt, dass ein Pilger wie Jodokus fürbass voranschreiten konnte.

Ach, und dann gibt es da noch die rätoromanische Gruppe Furbaz, die sich musikalisch einen Namen gemacht hat. Hier zu hören mit dem Lied "Ewigi Liebi": https://youtu.be/0yGfW8TXWtU

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 11. April 2021

Gotteserfahrungen

Ein Gedanke

Der alte jüdische Friedhof in der Stadt St. Gallen, mitten in einem Wohnquartier.
Foto © Jörg Niederer
"Ganz gleich, wie wir Mystik definieren, es geht immer um eine Erfahrung Gottes. Sie muss nicht außergewöhnlich sein. Sie kann auch in einem kurzen Augenblick geschehen, in dem Gottes Wort mich anrührt, mir ins Herz fällt, in der Gottes Liebe mein Herz erfüllt, in dem mir die Augen aufgehen und ich für einen Augenblick in den Grund allen Seins schaue und mein Ego, das alles beurteilen möchte, vergesse." Anselm Grün, Einführung in die christliche Mystik, www.sonntagsblatt.de vom 24.03.2018

Ein Bibelvers - 1. Johannes 4,1

"Ihr Lieben, glaubt nicht einfach allen, die behaupten, vom Geist erfüllt zu sein. Prüft vielmehr, ob sie aus dem Geist Gottes heraus reden."

Eine Anregung

Gotteserfahrung in der christlichen Religion hat viel mit dem sich offenbarenden Gott des Judentums zu tun. Ohne Selbstoffenbarung könnten wir Gott nicht erkennen. Sich selbst offenbart hat Gott sich nach der biblischen Überlieferung Abraham und Sarah, und in noch einmal besonderer Weise Mose.

Dann ist Jesus gekommen mit dem Anspruch, dass in seiner Person Gott selbst Mensch geworden ist, dass wer ihn sehe, den Vater im Himmel sehe.

Wie kann ein Mensch sicher sein, dass ihm Gott begegnet oder in sein Leben hineinwirkt und spricht?

Davon handelt die heutige Predigt, die um 10.15 Uhr auch via Zoom aus der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen übertragen wird. Wenn du online dabei sein möchtest, dann melde dich per E-Mail bei Pfarrer Jörg Niederer: joerg.niederer@emk-schweiz.ch.

Jeweils ab Montag kann die Predigt auch auf unserem Youtube-Kanal https://www.youtube.com/channel/UClMn0ETErXuxpjmgajiOuPw angehört werden.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika