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Mittwoch, 5. Juni 2013

Ein-Wurf von Markus Da Rugna

Eben habe ich vier wertvolle Tage im Kloster erlebt und in Exerzitien eine tiefe Spiritualität kennen gelernt. Ich stehe noch in einer einsamen Ecke des Abfahrtsbahnhofs. Plötzlich steht eine jüngere Frau (zu) dicht neben mir. Sie spricht vehement und gezielt auf mich ein. Sie sucht Arbeit und Hilfe. Niemand wolle ihr helfen, schon gar nicht die offiziellen Ämter. Sie spricht ständig davon, was Gott von ihr wolle und was nicht. Letztlich möchte sie Geld von mir. Ich fühle mich überrumpelt, und nachdem sie merkt, dass da nichts zu holen ist, zieht sie fluchend von dannen. "Eine steile Rückkehr in den Alltag", geht es mir durch den Kopf. 
Mit dem Konferenzthema könnte man fragen: was wäre nun Würde für sie, und wie sieht sie für mich aus? Ich kann nur Vermutungen darüber anstellen, was diese Frau erlebt hat und warum sie so überfahrend ihr Recht einholen will. Ganz subjektiv wurde ihre Würde verletzt. Und nun stand auch ich mit genau diesem Gefühl da. 
Nach dieser Begegnung tauchte bei mir rasch der Gedanke auf, was mir da mein Gott zeigen möchte. 
Für mich wurde nochmals klar: zu einer lebendigen Spiritualität gehört die Herausforderung, auf die Menschen zu reagieren oder auf sie zuzugehen. Auch wenn das spontan nicht immer einfach ist. Kommt nicht da zum Ausdruck, was wir glauben? Ja, wer wir eigentlich sind?

Erschienen in "Kirche und Welt", 5/2013 - Markus Da Rugna ist Mitglied im 
Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich