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Dienstag, 14. August 2018

Mit grosser Macht kommt grosse Verantwortung (Teil 5)

Der Ausschuss Kirche und Gesellschaft der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) Schweiz-Frankreich-Nordafrika kommentiert an dieser Stelle in mehreren Blogbeiträgen den Entwurf der vollständig neu überarbeiteten Sozialen Grundsätze. Siehe http://www.umcjustice.org/sp2020!

Die nachfolgenden Bemerkungen von André Töngi beziehen sich auf den
Abschnitt «The Nurturing Community» (Die menschliche Gemeinschaft).

«Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen! Unser Ebenbild, uns gleich sollen sie sein!
Herrschen sollen sie über die Fische im Meer und über die Vögel in der Luft! Sie sollen Macht haben über das Vieh und über die ganze Erde. Und sie sollen über alles gebieten, was sich am Boden bewegt.
Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild. Als Gottes Ebenbild schuf er sie.» (1. Mose 1, 26-27)

Die Sozialen Grundsätze der Evangelisch-methodistischen Kirche
So beginnt der zweite Teil der überarbeiteten Sozialen Grundsätze (Social Principles) und befasst sich dabei mit dem Thema der «Menschlichen Gemeinschaft». In diesem einen Vers sehen wir, warum und wozu wir als Menschen bestimmt sind. Gott hat uns geschaffen, damit er eine Beziehung mit uns haben kann – und damit wir Beziehung miteinander und dieser Schöpfung haben können. Gemeinsam, als Mann und Frau, Mensch und Mit-Mensch, sind wir beauftragt, über alles zu gebieten, was sich am Boden bewegt. Damit wird uns eine Macht zuteil, die es sorgfältig und überlegt zu gebrauchen gilt. Denn, wie heisst es so schön: «Mit grosser Macht kommt grosse Verantwortung». Auf diese Macht und die damit einhergehende Verantwortung, die uns Gott in der Schöpfung zuteil lassen hat, antworten die Sozialen Grundsätze der Evangelisch-methodistischen Kirche. In diesem Unterkapitel geht es besonders darum, wie wir uns als Menschen untereinander verhalten.

Wir sind eine vielfältige Kirche, die in ihrer Zugehörigkeit zu Gott ihre Einheit findet. In dieser Vielfalt wollen wir uns dafür einsetzen, dass die Menschheit wieder zueinander finden kann. Diese fruchtbare Spannung zwischen Vielfalt und Einheit wird in verschiedenen Bereichen in diesem Unterkapitel dargestellt: im Abschnitt über die «Familie» lesen wir, dass Familie die grundlegende Gemeinschaft eines jeden ist, die von gegensätzlicher Liebe, Verantwortlichkeit füreinander und gegenseitiges Füreinander-Sorgen geprägt ist. In welcher Form sich diese Familie zeigt, kann in unseren Kontexten und Kulturen sehr unterschiedlich sein. Eines aber soll ihnen gemeinsam sein: Unsere Familien hier auf der Erde sollen ein Abbild jener Familie sein, die Gott für uns alle schafft.

Die Sozialen Grundsätze betonen, dass es keine Diskriminierung in unserer Gemeinschaft geben darf, da es diese auch von Gott nicht gibt: wir diskriminieren keine Singles oder alleinstehende Elternteile, keine Personen mit Behinderungen, wir diskriminieren nicht aufgrund von Geschlecht und setzen uns über die Kirche hinaus in der Gesellschaft gegen solche Diskriminierungen ein. Dies kann im kleineren Rahmen geschehen, wie beispielsweise, dass wir gegen Mobbing einstehen, oder auch da, wo Diskriminierung längst schon zum System geworden ist, wie zum Beispiel im Falle der sexuellen Ausbeutung. 

In all diesen Abschnitten wird vor allem eines betont: Menschliches Leben und Miteinander erlaubt nicht immer eine klare Linie und somit auch keine strikte Regelhaftigkeit, aber es erlaubt (und Gott gebietet) ein würde-volles Miteinander, das von Vergebung anderen und sich selbst gegenüber geprägt ist. Besonders gelungen finde ich in dieser Hinsicht den neu formulierten Abschnitt über «Ehe und Ehescheidung» - empfehlenswert für die eigene Lektüre und zum weiter drüber Nachdenken: als Singles, Partner und Gemeinschaft. Aber auch die anderen Abschnitte, von denen ich in diesem Text nur einige ansprechen konnte, sollen helfen, uns erneut darüber Gedanken zu machen, welche Werte in unserer Gemeinschaft miteinander und mit Gott wichtig sind.

Ein Abschnitt in diesem Unterkapitel bleibt nun noch offen, nämlich derjenige über die menschliche Sexualität. Hier wird es an der kommenden, speziell einberufenen Generalkonferenz zu Gesprächen darüber kommen, wie mit der Vielfalt und Einheit unserer Kirche und den Menschen in unserer Kirche umgegangen wird. Dies wird ein herausfordernder Prozess für uns als Kirche und Gemeinschaft. Lasst uns also im Gebet, Gespräch und Handeln darüber bleiben, wie wir Gottes Wunsch auf Beziehung auch in unseren Beziehungen untereinander leben können.


The Nurturing Community in der Version von 2017-2020: http://www.umc.org/what-we-believe/the-nurturing-community

Die Sozialen Grundsätze (deutsch) in der Version 2017-2020: http://www.soziale-grundsaetze.ch


Dienstag, 7. August 2018

Wir sind ein Teil des Gewebes (Teil 4)

Der Ausschuss Kirche und Gesellschaft der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) Schweiz-Frankreich-Nordafrika kommentiert an dieser Stelle in mehreren Blogbeiträgen den Entwurf der vollständig neu überarbeiteten Sozialen Grundsätze. Siehe http://www.umcjustice.org/sp2020!

Die nachfolgenden Bemerkungen von André Töngi beziehen sich auf den
Abschnitt «The Community of all Ceation» (Die Gemeinschaft alles Erschaffenen).


Die Sozialen Grundsätze der Evangelisch-methodistischen Kirche
In seiner berühmten Rede des Häuptlings Seattle an den amerikanischen Präsidenten Franklin Pierce erklärt er, wie die Indianer die Welt verstehen:
«Der Mensch kann kein Gewebe erschaffen, sondern er ist nur wie eine Faser im Gewebe. Jegliche Störung an der Erde wird eine Störung an Euch selbst sein.»

Was hat ein Indianerspruch auf einem christlichen Blog zu suchen? Sehr viel, wenn man die überarbeiteten Sozialen Grundsätze liest. Im Kapitel «C) Wisdom, Science and Technology» aus dem Hauptbereich «The Community of all Creation» steht: «Mensch sind nicht der Mittelpunkt; vielmehr sind wir alle Teile am Netzes des Lebens.»

Die Sozialen Grundsätze, Richtschnur des methodistischen Glaubens, sind einem dynamischen Prozess unterworfen. Immer wieder werden sie der Zeit angepasst und biedern sich trotzdem nicht irgendwelchem Zeitgeist an. Da wird um jedes einzelne Wort gerungen. Die kulturelle und politische Vielfalt, die unsere Kirche prägt, macht es nicht immer einfach, einen gemeinsamen Nenner zu finden. 

Am Anfang der Sozialen Grundsätze steht die Schöpfung, auf Englisch «Creation». Diese beiden Begriffe bringen den Kerngehalt der Urgeschichte recht deutlich zum Ausdruck: Gott schafft mit seinem schöpferischen, kreativen Geist aus dem Chaos eine lebendige Welt.

Die Erde ist bedroht: Waren es früher Naturgewalten wie Dürre und Überschwemmungen, so steht der Mensch immer mehr im Fokus. Zu nennen sind grausamen Kriegen, die bis heute viele Millionen Opfer fordern. Spätestens seit der Aufklärung wird die Natur ausgebeutet. Der Mensch macht sich die Erde untertan – ob das Gott so gewollt hätte – wohl kaum.

In den sozialen Grundsätzen steht: Die ganze Schöpfung gehört dem Herrn, und wir sind für die Art und Weise verantwortlich, in der wir sie brauchen und missbrauchen.

Dieser Hitzesommer mit den vielen verheerenden Waldbränden in ganz Europa zeigt deutlich, dass die Welt aus dem Lot geraten ist. Riesige Urwälder werden abgeholzt, damit wir im reichen Westen billiges Holz, Palmöl, Kaffee und Schokolade kaufen können. Wir schaffen so nicht nur Wirtschaftsflüchtlinge. Immer mehr Menschen müssen ihr Zuhause verlassen; weil es wegen Umweltgefahren unwirtlich geworden ist.
   
Erstmals tauchen in den Sozialen Grundsätzen die indigenen Völker als gleichwertige Partner auf. Es sind nicht mehr die Völker, die man mit aller Gewalt bekehren muss, um in den christlichen Himmel zu kommen. Es heisst: Wir respektieren die Weisheit und die Art und Weise des Wissens, die von indigenen Völkern praktiziert wird…. In einem weiteren Abschnitt wird indigenes Wissen in Bezug auf die Natur anerkennt und indigene Rituale, Traditionen und Lebensweisen respektiert. 

Mit Sorge werden in diesen Grundsätzen die indigenen Völker als erste Opfer unseres Klimawandels betrachtet. Gefordert wird ein Schutz aller Ureinwohner vor einer zu aggressiven Entwicklung.

Es bleibt zu hoffen, dass dieses Papier nicht zum Papiertiger verkommt. Gerade die obersten Gremien der weltweiten United Methodist Church sollten sich diese Sozialen Grundsätze vermehrt zu Herzen nehmen. Immer wieder laden sie weltweit zu einem zwei- oder dreitägigen Meeting nach Amerika ein. Meetings, die man oft auch über Skype abwickeln könnte. Unsere Zentralkonferenz versucht wenigstens mit einem Beitrag an den Klimarappen das Ganze etwas abzufedern. Im letzten Jahr wurde dadurch eine Heizung in Serbien saniert, ein kleiner aber wichtiger Beitrag zum Umweltschutz.

Lassen wir zum Schluss noch einmal Häuptling Seattle zu Wort kommen: 

«Wir sind ein Teil der Erde, und sie ist ein Teil von uns. Die duftenden Blumen sind unsere Schwestern, die Rehe, das Pferd, der grosse Adler sind unsere Brüder. Die felsigen Höhen, die saftigen Wiesen, die Körperwärme des Ponys – und des Menschen – sie alle gehören zur gleichen Familie.»

The Natural World in der Version von 2017-2020: http://www.umc.org/what-we-believe/the-natural-world

Die Sozialen Grundsätze (deutsch) in der Version 2017-2020: http://www.soziale-grundsaetze.ch