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Freitag, 13. August 2021

Verschiedene Beiträge zur Abstimmung "Ehe für Alle" aus dem Ausschuss Kirche und Gesellschaft

Für mich ist es Zeit, dass die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen gegenüber verschiedengeschlechtlichen Paaren aufzuheben. Diese Ungleichbehandlung ist sachlich nicht begründbar und verstösst gegen das Diskriminierungsverbot.

Das Recht auf Ehe und Familie ist ein Menschenrecht, das allen Menschen gleichermassen zusteht. Für die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paaren in der Schweiz ist die Ehe für alle ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung.

Ich meine ausserdem, dass wir von Gott gewollt sind sowie wir geschaffen sind.  Wir sind von Gott zutiefst bejaht.

Die Sexualität und die sexuelle Orientierung in ihrer Vielfalt sind auch ein Ausdruck der guten Schöpfung und der geschöpflichen Fülle.

Markus Nagel



Ehe für Alle – ein Thema, das Viele bewegt – mich eingeschlossen. Ich bin dafür, dass Menschen gleichberechtigt miteinander unterwegs sein dürfen. Ich stelle mich klar gegen Diskriminierung jeglicher Art und somit stehe ich für ein JA zur Ehe für Alle. 

Vor Gott sind alle Menschen gleich! Wir alle sind aufgerufen, ein Miteinander in Liebe zu leben und (Für-)Sorge zueinander zu tragen. Wenn sich zwei Menschen in Liebe dazu entschliessen, den Bund fürs Leben miteinander einzugehen, füreinander zu sorgen in guten und in schlechten Zeiten, sich gegenseitig tragen, in Treue miteinander leben und füreinander da sind, dann kommt es nicht auf das Geschlecht an. Diesen Menschen die Ehe abzusprechen ist diskriminierend, wertend und (ver-)urteilend. 

Die aktuell gültige eingetragene Partnerschaft ist nach wie vor in etlichen Bereichen der Ehe gegenüber benachteiligt und diese Lücken gilt es zu schliessen. Ein Ja zur Ehe für Alle integriert, entstigmatisiert und schafft einen gleichberechtigen gesetzlichen Rahmen für sich liebende und sich fürsorgende Menschen!

 Pia Uhlmann



Bei der Abstimmungsmöglichkeit über die "Ehe für alle" gönne ich allen Mitmenschen die Rechte, die mir selber zustehen. Das schliesst ein, dass die Partnerschaft, in der ich lebe, juristisch und gesellschaftlich anerkannt wird. Diese Partnerschaft darf Raum einnehmen. Ich werde damit aber auch angehalten, dieser Partnerschaft gerecht zu werden. Unsere Gesellschaften gehen auf diese Weise mit verbindlichen Beziehungen um, weil sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und dienen.

Auch in der Kirche gilt es, verantwortungsvolle Beziehungen anzuerkennen, ihre Wirkung dankbar anzunehmen und die Betroffenen darin zu begleiten, in ihren Beziehungen in Hingabe und Liebe zu wachsen.

Darum würde ich es begrüssen, wenn diese Gesellschaft sich auf das Wagnis von mehr Gerechtigkeit für alle einlässt.

Marietjie Odendaal



Ich wuchs in den 1960er und 70er Jahren in Südafrika auf, in einer Gesellschaft, die nicht nur zutiefst rassistisch, sondern auch zutiefst homophob war. Ich war schüchtern und introvertiert, und meine romantischen Beziehungen endeten katastrophal, bevor sie richtig begonnen hatten. In meinen späten Zwanzigern traf ich schließlich die Frau meiner Träume. Doch die Beziehung war nicht das, was ich erwartet hatte. Ich führte das auf unerfüllbare romantische Träume zurück. Wir waren eine Zeit lang zusammen, und gerade als die Beziehung gut lief und wir an eine gemeinsame Zukunft zu denken begannen, machte sie Schluss. Ich war am Boden zerstört. Etwa ein Jahr später sagte sie zu mir: "Dave, ich muss dir etwas sagen." Dann hielt sie inne und nach einigen Versuchen sagte sie. "Ich bin lesbisch." Gefühlsmässig war das wie ein Schlag in die Magengrube, aber intellektuell machte es absolut Sinn für unsere Beziehung.

Meine Freundin und ich verbrachten viele Stunden mit Gesprächen. Sie erzählte, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben wusste, was es heisst, sich in jemanden zu verlieben und eine tiefe emotionale Bindung zu entwickeln. Sie hatte das, wonach ich suchte, aber sie hatte es in einer Beziehung mit einer anderen Frau gefunden. Sie stammte aus einer evangelikalen Familie und hatte in der Vergangenheit Probleme mit ihren romantischen Beziehungen gehabt. Sie hatte sich mit schwulen und lesbischen Menschen angefreundet und begann sich zu fragen: "Bin ich das? Sie begann zu beten, dass Gott ihr einen Mann führen würde, der ihren Idealen entsprach, und wenn es nicht funktionierte, würde sie es wissen. Ich war die Antwort auf ihre Gebete. Ich hatte mir immer gewünscht, die Antwort auf die Gebete einer schönen Frau zu sein, aber das war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Ich wurde sehr wütend auf Gott. Ich fühlte mich wie ein Versuchskaninchen in einem kosmischen Experiment. Meine Freundin hatte entdeckt, wer sie war, und war glücklich in einer Beziehung. Ich war am Boden zerstört, und meine Träume waren geplatzt.

Eines Tages wurde mir plötzlich klar, dass das, was Paulus in Römer 1 schrieb, nicht zu den Erfahrungen meiner Freundin passte. Es schien offensichtlich, dass Paulus sich geirrt hatte. Wenn er sich geirrt hatte, dann hatte er sich wahrscheinlich auch im Rest seiner Schriften geirrt. Vielleicht war alles in der Bibel nur ein Märchen. Existierte der christliche Gott tatsächlich? Ich war jetzt sehr wütend auf einen Gott, von dessen Existenz ich überhaupt nicht überzeugt war. Ich schwankte zwischen Glauben, Zweifeln, Unglauben und wieder zurück. Im Hinterkopf hatte ich die Herausforderung. "Wenn das Evangelium wahr ist, wird es eine gute Nachricht für Schwule und Lesben sein. "Wenn es keine gute Nachricht für sie ist, kann es nicht wahr sein.

Im Laufe der Jahre wurde mir klar, dass die zentrale Botschaft des Evangeliums eine Botschaft der Gerechtigkeit und der Inklusion ist. Jesus identifizierte sich mit denen, die durch die Reinheitsvorschriften des Alten Testaments ausgeschlossen worden waren, und schloss sie ein. Die Situation schwuler und lesbischer Menschen erschien mir als Parallele zur Situation derer, die Jesus einbezog und bejahte. Paulus' Botschaft der Rechtfertigung allein durch den Glauben bedeutete, dass keine weitere Bedingung für die Annahme durch Gott und damit für die volle Teilnahme an der christlichen Gemeinschaft hinzugefügt werden konnte. In den 1980er Jahren hatte mich Paulus' Tadel an Petrus im Brief an die Galater, der sich weigerte, mit den Heiden zu essen, davon überzeugt, dass die Rassentrennung in der Kirche eine Verleugnung der Rechtfertigung durch den Glauben darstellt. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass die Forderung an Schwule und Lesben, entweder "ihre Orientierung zu ändern" oder zölibatär zu bleiben, die sexuelle Orientierung dem Glauben als Grund für die Akzeptanz innerhalb der christlichen Gemeinschaft hinzufügt. Ein christliches Verständnis der Ehe beginnt mit 1. Mose 2,18, wo Gott sagt: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist." Daher können wir nicht sagen, dass es gut ist, wenn Schwule und Lesben allein bleiben. Gott schuf für Adam eine Person, die "eine Hilfe ... die ihn anspricht" war. Aus meiner Erfahrung weiss ich, dass für einen schwulen oder lesbischen Person jemand des anderen Geschlechts nicht jemand ist, der "ihn anspricht", er/sie ist nicht das Heilmittel für das "Alleinsein".

Wie steht es dann mit den Bibelstellen, die zur Verurteilung der Homosexualität herangezogen werden? Erstens bin ich davon überzeugt, dass die zentrale Botschaft der Bibel massgebend ist und nicht alle einzelnen Texte. Zweitens, dass es für alle diese Texte andere, ebenso wahrscheinliche Interpretationen gibt, die eine feste, treue gleichgeschlechtliche Beziehung nicht verurteilen.   

David Field



Es liegt mir am Herzen, dass die EMK die «Ehe für alle» aktiv unterstützt und für ein Ja wirbt. Dadurch würde sie zeigen, dass bei ihr ohne Ausnahme alle Menschen willkommen sind. Selbst für queere Menschen ohne Partner wäre das vorteilhaft: Die Ehe-Öffnung bringt ihnen zwar nicht direkt etwas, doch die zustimmende Haltung der Kirche würde auch ihnen das Gefühl geben, sich angenommen und aufgehoben zu fühlen. Ich glaube nicht an einen Gott, der die Menschen anhand der sexuellen Orientierung be- und verurteilt. Dass Liebe in irgendeiner Form als Sünde betrachtet werden kann, ist mir unverständlich. Ich stamme aus einer Freikirche, die auch heute noch über «von sexueller Abirrung betroffene Menschen» spricht. Ich fühle mich nicht betroffen von meiner Sexualität. Betroffen macht mich, wie diffamierend, diskriminierend und ausgrenzend sich manche Christen, Kleriker wie Laien, über Homosexuelle erheben.

Begründet wird diese vorgegebene Homophobie mit der Bibel. Besonders «bibeltreue» Christen haben die Tendenz, oftmals eine übervorsichtige Bibelauslegung zu praktizieren, um ganz sicher zu gehen, Gottes Willen in jedem Punkt zu erfüllen. Die Bibelstellen, welche als Begründung für Homophobie herangezogen werden, sind nun wirklich nicht eindeutig und verständlich. Durch eine Auslegung um sieben Ecken verfälscht und verzerrt sich der vermeintliche Wille Gottes – abgesehen davon, dass Gott für uns so oder so unfassbar bleibt und wir sein Denken nicht begreifen können. Eine Kirche, die offen zugibt, dass sie Gottes Meinung nicht bis ins Detail kennt, wirkt viel glaubwürdiger als eine, welche für alles nach einer klaren Haltung und Begründung sucht.

Das Festhalten an der traditionellen heterosexuellen Ehe wird oft damit begründet, dass daraus Kinder hervorgehen und sie somit als Keimzelle der Gesellschaft gilt. Doch es gibt auch Ehepaare, die keine Kinder zeugen können oder gar nicht erst welche wollen. Konsequenterweise müsste dann auch solchen Paaren die Ehe verweigert werden. Doch diese Paare können staatlich und in praktisch allen christlichen Konfessionen heiraten, während für homosexuelle Paare oftmals nicht einmal eine Segnungsfeier möglich ist.

Natürlich verlange ich nicht, dass kinderlose Partnerschaften nicht als Ehe gelten können – ich möchte damit nur die durch mich empfundene Ungerechtigkeit aufzeigen. Übrigens haben verschiedene Studien aus verschiedenen Teilen der Welt festgestellt, dass Kinder in Regenbogenfamilien ebenso gesund und wohlbehütet aufwachsen wie in heterosexuellen Ehen.

Bei der «Ehe für alle» geht es übrigens um mehr, als die gleichen Rechte zu haben: Eine vor kurzem veröffentlichte Studie aus den USA zeigt, dass sich die psychische Gesundheit von Queers seit der Öffnung der Ehe verbessert hat und sie glücklicher und mit ihrem Leben zufriedener sind. Der Unterschied ist bei jenen LGBTI+ sogar noch grösser, welche in US-Bundesstaaten leben, welche die Ehe vor dem Urteil des Obersten Gericht noch nicht geöffnet hatten.

Queere Rechte sind unveräusserliche Menschenrechte. Sie gehen uns alle an, denn die eine Person darf nicht mehr Menschenrechte oder grösseren Schutz geniessen als die andere. Es ist höchste Zeit, dass die Kirche ihrer menschenfeindlichen Geschlechter- und Sexualpolitik ein Ende setzt.

Zum Schluss möchte ich ein paar Worte des EKD-Landesbischofs Christian Stäblein vom April 2021 zitieren: «Wir als Kirche haben uns schuldig gemacht an gleichge­schlechtlich Liebenden. Wir haben sie über Jahrhunderte diskriminiert, abgewiesen, in Nischen und ins Abseits gedrängt, aus der Öffentlichkeit und von Ämtern ferngehalten, an vielen Stellen ihr Leben zerstört, seelisch und körperlich. Ich selber spüre Schuld über mein eigenes früheres Reden.»

Gott ist die Liebe. Und die Liebe gewinnt.

Marcel Schmidt



Freitag, 16. Juli 2021

Vielklang

Was passiert, wenn man ein Klavierkonzert von Béla Bartók in seine einzelnen Stimmen zerlegt und diese mit unterschiedlichen Klangfarben wiedergibt? Ein solches Erlebnis wurde mir zuteil an einem Kammermusikkonzert in Hondrich, nachdem solche Events im kleinen Rahmen wieder möglich sind. 

Fünf junge Musikschaffende, vereint in der Formation «Blattwerk», gaben mit grosser Spielfreude einen faszinierenden Vielklang zum Besten. Facettenreich und unglaublich dynamisch erklang das «Klavierkonzert» aus Klarinette und Saxophon, Fagott, Bassklarinette und Oboe. 

Der Vielklang dieser Schöpfung wurde sinnlich wahrnehmbar vor Ohren geführt. Ist das nicht ein akustisches Gleichnis für den Vielklang der Kulturen, der unterschiedlichen Menschen, ja der ganzen geschöpflichen Mitwelt? In unverwechselbaren eigenen Klangfarben folgen sie einer geheimnisreichen Partitur, welche sie in wunderbarem Spiel und dynamischer Spannung zusammenfügt. 

Also: Ohren und Herzen auf! Denn wer Ohren hat, zu hören… 

Ernst Hug

Mittwoch, 30. Juni 2021

«Ich hebe meine Augen zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?»

Vor kurzem las ich wieder Spannendes über die Erde. Ich hörte, welche
Auswirkungen unser ständiger Gebrauch des Internets haben kann und
bemerkte, dass dies auch unsere Sorgfalt und Haushaltspflicht der Erde und all
unseren Mitgeschöpfen gegenüber betrifft (https://theshiftproject.org). Gerade
sah es noch so aus, als ob wir wegkommen von unnötigem Papier und
überflüssigen Reisen. Das Internet versprach die Rettung – alles schön
papierlos und dazu noch viel schneller. Aber auch die digitale Kommunikation
verbraucht sehr viele Ressourcen.
Es ist nicht das erste Mal, dass ich zu einer Idee Abstand gewinnen muss, die
ich mich der Umwelt zuliebe erworben habe. Genau so geht es auch, wenn ich
darüber nachdenke, was es bedeutet gesund zu leben. Wenn ich einen
Ratschlag angenommen habe, folgt fast sofort das «Aber…».
Das könnte mich frustrieren. Doch merke ich, dass darin auch die Würze liegt,
immer weiter auf dem Weg zu bleiben. Ich entdecke mit Erleichterung immer
wieder das dies oder das doch nicht die Rettung ist. Der Mangel an
Vollkommenheit bleibt. Ich bleibe unvollendet, werdend. Meine Verantwortung
bleibt weiter bestehen, Entscheidungen zu wagen und Gottes rettender Hand
anzuvertrauen.

Marietjie Odendaal

Dienstag, 1. Juni 2021

Auf Wiedersehen!

Liebe Leser*innen

Jörg Niederer
Foto © Jörg Niederer
Mit meinem Ausscheiden aus dem Ausschuss Kirche und Gesellschaft der Evangelisch-methodistischen Kirche verabschiede ich mich auch hier aus dem Blog.

Es mag zwar in Zukunft immer auch wieder Gastbeiträge von mir geben, aber meine täglichen Gedanken werden nicht mehr hier gepostet. Sie ziehen weiter und können neu in folgendem Blog gefunden, gelesen und bezogen werden: https://emkstgallen.blogspot.com/

Allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs von Kirche und Gesellschaft wünsche ich alles Gute und die Bereitschaft und Kraft, sich für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung weiter einzusetzen.


Gott segne und behüte euch!

Jörg Niederer, Pfarrer   

Ausstellung über Jakob und Elisabeth Künzler, Retter*innen armenischer Christen

Ein Gedanke

Die Kirche in Hundwil
Foto © Jörg Niederer
"Je mehr Verfolgung, umso offensichtlicher wird die Wahrheit." Leo Nikolajewitsch Graf Tolstoi (1828-1910)

Ein Bibelvers - Matthäus 5,44

Jesus: "Ich sage euch aber: Liebt eure Feinde! Betet für die, die euch verfolgen!"

Eine Anregung

Jakob Künzler wurde am 18. März 1871 in Hundwil geboren. In ärmlichen Verhältnissen in Appenzell Ausserroden aufgewachsen, liess er sich 1893 im Diakonenhaus der Basler Mission zum evangelischen Diakon in Krankenpflege ausbilden. 1899 reiste er mit der Christlichen Orientmission, einem armenischen Hilfswerk, das von Johannes Lepsius mitgegründet wurde, nach Urfa im Südosten des Osmanischen Reichs. 1905 heiratete er Elisabeth Bender, eine Tochter eines deutschen Chrischona-Missionars und Enkelin einer äthiopischen Prinzessin, mit der er fünf eigene Kinder hatte. Während eines Urlaubs in der Schweiz 1919 absolvierte er noch die Fähigkeitsprüfung zum Arzt an der Universität Basel mit Auszeichnung.

Während der Zeit in Urfa wurde er zum Zeitzeugen des Völkermords an den Armeniern, Aramäern und Assyrern im Osmanischen Reich. Zugleich retteten er und seine Frau tausende armenische Waisen und Witwen. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_K%C3%BCnzler

Bis zum 30. September 2021 wird in der Kirche Hundwil eine interessante Ausstellung zu diesem bemerkenswerten Mann gezeigt. Ein Besucht lohnt sich. Dort kann man zum Beispiel lesen: "Jakob Künzler ist im Juni 1915 kaum aus einer schweren Typhuserkrankung genesen, als das Unheil unübersehbar wird. Züge von Deportierten aus dem Norden treffen in Urfa ein. Nur Frauen und Kinder. Die Männer sind schon getötet. Bald lässt sich die Erkenntnis nicht unterdrücken: Es handelt sich nicht um spontane Massaker. Die moderne Technik macht ein systematisches Morden möglich... Alle nichttürkischen Volksgruppen werden 'entfernt': zuerst die armenischen, später die syrischen und griechischen Christen, und zuletzt auch die Kurden.
Künzler sammelt Berichte, informiert den deutschen Konsul in Aleppo, notiert die eigenen Beobachtungen und konstatiert, dass er kaum etwas gegen das grauenvolle Unrecht zu tun vermag. Am 10. Oktober 1915 bricht der Widerstand des armenischen Quartiers in Urfa zusammen. Künzlers Freund Leslie nimmt sich verzweifelt das Leben. Mit kühlem Mut gelingt es, die Klinik offen zu halten und einige wenige Menschen zu retten. Ihre zahlreichen Verbindungen in die Frauenwelt Urfas bietet Elisabeth Künzler die Möglichkeit, Kinder und Frauen nach Aleppo zu schleusen..."

Ab Oktober 1922 läuft eine zweite Rettungswelle für Christ*innen in der Türkei an. "Auf dramatische Weise gelingt es etwas 8000 Waisenkinder über den Euphrat in Syrien und im Libanon in Sicherheit zu bringen. Für etwa 1400 von ihnen übernimmt das Ehepaar Künzler die Leitung eines Waisenhauses."

Hier geht es zu den Hinweisen über die Ausstellung: https://kirchehundwil.ch/?page_id=4029

Jörg Niederer war Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 31. Mai 2021

Pfarrpersonen auf Auf- und Abwegen

Ein Gedanke

Bergwirtschaft auf der Hundwiler Höhe
Foto © Jörg Niederer
"Hunde beissen mich nicht. Es sind die Menschen." Marilyn Monroe

Ein Bibelvers - 2. Mose 19,20

"So stieg der Herr auf den Berg Sinai herab, auf den Gipfel des Berges. Als er Mose zu sich rief, stieg Mose auf den Gipfel des Berges."

Eine Anregung

Heute geht es mit der Pfarrkleingruppe über die Hundwiler Höhe. Als ich vor Jahren schon einmal hinauf wanderte, begegnete ich zwar bei einem Haus unzähligen Katzen, aber auf dem ganzen Weg nur gerade einem Hund. Sollte es also besser Katzwiler Höhe heissen?

Ordsnamen.ch klärt wieder einmal auf: Hundwil hat nichts mit Hunden zu tun, sondern ist hergeleitet vom althochdeutschen Personennamen Hundo/Hunto. Hundwil bedeutete also "beim Gehöft des Hundo". Mit Hunden muss folglich nicht mehr als andern Orts gerechnet werden. Das ist bestimmt mindestens für eine der Pfarrpersonen, die dabei sein werden, beruhigend.

Auf Lateinisch heisst unser Wanderhöhepunkt wohl so ähnlich wie: Huntwillare altitudo.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 30. Mai 2021

Ernsthafte Gespräche - im Podcast und in der Kirche

Ein Gedanke

Lastenausgleich
Foto © Jörg Niederer
"Es verliert die schwerste Bürde die Hälfte ihres Drucks, wenn man von ihr reden kann." Jeremias Gotthelf (1797 - 1854)

Ein Bibelvers - Matthäus 11,30

Jesus: "... mein Joch ist leicht. Und was ich euch zu tragen gebe, ist keine Last."

Eine Anregung

Ernst Field bin ich auch schon begegnet. Es war die Zeit, in der seine Mutter, bevor sie Münsterpfarrerin in Basel wurde, die Evangelisch-methodistischen Kirche in Winterthur leitete. Mit seinem Vater David Field arbeitete ich bis vor kurzem im Ausschuss Kirche und Gesellschaft zusammen.

Ernst Field führt heute als Podcaster "Ernsthafte Gespräche". Unter diesem Label sind schon 14 Episoden erschienen. Mir gefallen die lebendige Gesprächsführung und die teils überraschende Fragestellung. Hört doch einmal rein, zum Beispiel in die Episode #9 mit Salome Lang, Spitzenhochspringerin und einstige HSG-Studentin in St. Gallen: https://anchor.fm/ernsthafte-gespraeche

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 29. Mai 2021

Vielseitig und Überraschend - Portrait von Methodistenpfarrer Stefan Moll

Ein Gedanke

Stefan Moll bei Aufnahmen von Musig24.tv
Foto © Jörg Niederer
"Zuletzt hatte er im Regionalanzeiger Limmatwelle eine Kolumne geschrieben, in der er «Gott» als 'G*tt' schrieb, als Allusion auf das Gendersternchen, das in der Debatte um geschlechtergerechte Sprache immer wieder für Aufruhr sorgt." Robin Adrien Schwarz im Beitrag über Methodistenpfarrer Stefan Moll

Ein Bibelvers - Matthäus 5,38+39

Jesus: "Ihr wisst, dass gesagt worden ist: 'Auge für Auge und Zahn für Zahn!'. Ich sage euch aber: Wehrt euch nicht gegen Menschen, die euch etwas Böses antun! Sondern wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann halte ihm auch deine andere Backe hin!"

Eine Anregung

Robin Adrian Schwarz, Redaktor bei der Regionalzeitung Limmatwelle, interessiert sich für Philosophie, Literatur, Journalismus, Musik und Digitales. In diesen Tagen ist er bei einem "Artverwandten" gelandet. Stefan Moll, Pfarrer der Evangelisch-methodistischen Kirche, Radioprediger, Schlagerpfarrer, Literaturjunkie und immer gut für überraschende Gedanken, wurde von Robin Adrian Schwarz in einem Beitrag portraitiert. Herausgekommen ist ein überaus lesenswertes Portrait, fern von Klischees und Banalitäten. Also die ideale Samstagslektüre: https://robinadrienschwarz.medium.com/mit-formeln-brechen-die-nicht-mehr-zeitgem%C3%A4ss-sind-ffdd978bc140

Nun ist der Beitrag über den Methodistenpfarrer Stefan Moll im Blog des Journalisten eingerahmt vom Beiträgen zum Oltner Schreiberling Pedro Lenz und dem Frauenfelder Schriftsteller Usama Al Shahmani. Allein das ist schon fast ein Ritterschlag. 

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Freitag, 28. Mai 2021

Zum letzten Mal

Ein Gedanke

Einige der Produkte von der Fattoria La Vialla
Foto © Jörg Niederer
"Ich wünsche mir eine Kirche, in der Menschen konträr denken und gemeinsam glauben können. Ich wünsche mir eine Kirche, in der niemand ausgegrenzt wird, sondern alle die Liebe erfahren dürfen, die Christus uns Menschen entgegengebracht hat." Jörg Niederer

Ein Bibelvers - Micha 6,8

"Es wurde dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet: das Rechte tun, Nachsicht mit anderen haben und bewusst den Weg mit deinem Gott gehen."

Eine Anregung

Seit etwa 1988 arbeitet ich mit im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz: https://www.emk-schweiz.ch/action/kirche-und-gesellschaft/

Heute findet nun Online meine letzte Sitzung statt. Noch einmal schreibe ich das Protokoll. An den sozialen und ethischen Themen werde ich weiter im Privaten dranbleiben.

Gestern erhielt ich vom Ausschuss ein besonderes Paket zugestellt, ein Geschenk der ganz feinen Art. Eine Kiste voller erlesener Speisen von der Fattoria La Vialla: https://www.lavialla.it/de/

Was für ein schönes, passendes Abschiedsgeschenk. Danke, danke, danke.

Übrigens: Ich kann die Mitarbeit im Ausschuss Kirche und Gesellschaft allen empfehlen, die sich für soziale, ethische und politische Themen interessieren und in christlicher Verantwortung etwas tun möchten. Kontaktmöglichkeiten zu den Ausschussmitgliedern gibt es hier: https://www.emk-schweiz.ch/action/kirche-und-gesellschaft/mitarbeiterinnen-und-mitarbeiter/

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Donnerstag, 27. Mai 2021

Das Klima braucht alle

Ein Gedanke

Das Klima und die Wetterkapriolen (Gallen 2017)
Foto © Jörg Niederer
"Wir sind die letzte Generation, die eine realistische Chance hat, eine Klimakatastrophe abzuwenden." Linus Steinmetz, Fridays for Future

Ein Bibelvers - Matthäus 18,3

"Dann sagte Jesus: Amen, das sage ich euch: Ihr müsst euch ändern und wie die Kinder werden. Nur so könnt ihr ins Himmelreich kommen."

Eine Anregung

Der 27. Mai steht in der Schweiz für den Nationaler Klimatag. Über 40 Expert*innen präsentieren und diskutieren  Lösungen gegen den Klimawandel in den Bereichen Einkaufen, Ernährung, Wohnen und Mobilität. Das ganze Programm wird auf der Webseite von https://klimatag.ch/programm übertragen. Zudem sendet Radio Energy live vom Bundesplatz Bern. Durch das Programm führen Mélanie Freymond und Susanne Kunz.

Hinter der Aktion steht die AEE Suisse und ihre Partner, darunter auch die Swisscom, C&A, die SBB oder Mobility. Unter dem Label "Mission Zero" soll der ökologischen Fussabdruck gesenkt und die Schweiz bis spätestens 2050 klimaneutral werden. Dies soll weitgehend auf freiwilliger Basis geschehen.

Aktuell werden auch Klimaversprechen gesammelt: So kann man sich beispielsweise für eine Zeit der veganen Ernährung verpflichten, oder für Hahnenwasser statt abgefülltes Mineralwasser.

Diese Klimaversprechen erinnern mich an die "Aktion lohnender Verzicht" oder wie es jetzt heisst "time:out": https://www.timeoutschweiz.ch, jedoch mit einer Fokussierung auf das Klima. Und das Klima hat alle Anstrengungen nötig, auch die freiwilligen.

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Mittwoch, 26. Mai 2021

Optische Entdeckungen und Täuschungen im römischen Gutshof

Ein Gedanke

Mosaik im römischen Gutshof bei Seeb
Foto © Jörg Niederer
"Das Glück ist ein Mosaikbild, das aus lauter unscheinbaren kleinen Freuden zusammengesetzt ist." Daniel Spitzer (1835-1893)

Ein Bibelvers - Zusätze zu Daniel 1,17

"Und sie [Susanna] sagte zu ihren Mägden: Holt mir Öl und Salben und schließt den Garten zu, damit ich baden kann!"

Eine Anregung

Zwischen Bülach und dem Flughafen Kloten, in Seeb, gab es vor 2000 Jahren den Seeber See, und davor stand ein Römischer Gutshof an bester Lage. Ja, die freien Römer wussten, wie man gut lebt. Bäderlandschaften im eigenen Haus, Zentrale Wasserversorgung, Beheizte Panoramastube, eigene Bäckerei und noch vieles mehr. Funktioniert hat dieser Lebensstil freilich nur mit einer riesigen Schar von Sklaven. Die putzten wohl die Böden, die wir noch heute bewundern. Wie dieses Bodenmosaik aus dem Herrenhaus. Beim abgebildete mit dem Quadratmuster sind mir die Kreuze aufgefallen. Als Pfarrer sieht man ja überall Kreuze. Viele Mosaike können zum Leben erweckt werden, indem man sie aus passender Distanz leicht schielend anstarrt. Eine weitere optische Täuschung ist noch leichter erkennbar. Helle Linien, die diagonal von beiden Seiten wiederum Rhomben oder Quadrate bilden.

Da sehen wir also Dinge, die gar nicht vorhanden sind. Und Anderes sehen wir nicht, ohne das wir gar nicht leben könnten.

Der römische Gutsbetrieb in Seeb: https://www.winkel.ch/roemischergutshof 

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Dienstag, 25. Mai 2021

Schalensteine - Löcher in der Erkenntnis

Ein Gedanke

Schalenstein von Seeb, Schweiz
Foto © Jörg Niederer
"Versuche zeigen, dass mit spitzen Felsstücken in den Fels geschlagene Ausbuchtungen in kurzer Zeit zu glatten Schalen ausgerieben werden können." Wikipedia

Ein Bibelvers - Sprüche 25,11

"Wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen, so ist ein Wort, gesagt im rechten Augenblick."

Eine Anregung

Am Samstag besuchten wir den Schalenstein von Seeb, und damit auch die in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Mauerreste des römischen Gutshof.

Von Menschen geformte Schalensteine stammen aus der Zeit um 4800 vor Christus bis in die unmittelbare Gegenwart. Auch durch Erosion können sie entstehen.

Schalensteine dienten wohl unterschiedlichen Zwecken. Man verwendete sie als Mörser, Feuerschalen, Pechauffangbehälter, Einbuchtungen für Körperfarben oder heiliges Wasser. Auch Opferschalen könnten sie gewesen sein. Manche vermuten bei den Schalensteinen Hilfsmittel für die Gestirnsbeobachtungen. Wahrscheinlich ist auch, dass Material, das bei der Herstellung der Schalen entfernt wurde, für mineralische Pasten verwendet wurde.

Auf manchen der Schalensteinen finden sich Kerben, Fuss- und Handabdrücke, Sterne, Kreuze, Ringe und Spiralen. Diese erinnern mich an die Votivtafeln in Wallfahrtskirchen. In den Steinschalen könnten dann Ölfeuerchen gebrannt und die Ritzzeichnungen in flackerndes Licht getaucht haben. Das muss schön ausgesehen haben.

Eher unwahrscheinlich ist es, dass die Schalensteine für die Formung von Coronamasken gebraucht wurden. Vielleicht waren es aber auch Übungsstücke einstiger prähistorischer Steinmetzschulen.

Hier gibt es Wissenschaftliches zu den Schalensteinen: http://www.ssdi.ch/Uebersicht/Schalensteine.pdf und https://de.wikipedia.org/wiki/Schalenstein

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Montag, 24. Mai 2021

Ist Fussball Religion?

Ein Gedanke

Fussball-Ampeln in St. Gallen
Foto © Jörg Niederer
"Der Fußball und v.a. die Beziehung der Fans zum Verein und ihr daraus resultierendes Verhalten weisen, darin sind sich viele Autoren einig, eine Reihe formaler Ähnlichkeiten zu Religionen und religiösem Handeln auf." Mike S. Schäfer & Mathias Schäfer in "Abseits-Religion. Fußball als Religionsersatz?"

Ein Bibelvers - Jesaja 22,17+18a

"Du hältst dich für stark, aber du wirst sehen: Der Herr wird dich kräftig durchschütteln. Er wird dich packen und wie Wolle zusammenknüllen. Dann schleudert er dich wie einen Ball in ein riesiges Land." [Der vielleicht einzige Hinweis auf einen Ball in der Bibel]

Eine Anregung

Die Fussballclubs von St. Gallen und Luzern spielen heute im Cupfinal um den Meistertitel. Dazu wurden selbst die Ampelmännchen in der Gallusstadt angepasst. Von 14:30 - 17:30 Uhr überträgt SRF2 den Sportanlass.

Brot und Spiele waren im alten Rom Wahlgeschenke. Stark verbilligt oder kostenlos abgegebenes Getreide sowie gesponserte Zirkusspiele sollten die Machthaber vor Aufstände der Armen bewahren und die Bevölkerung bei Laune halten.

Das ist in Luzern und St. Gallen heute anders als im Rom der Cäsaren. Dagegen haben Brot und Spiele durchaus immer noch rituellen oder ersatzreligiösen Charakter.

Das Gipfeli zum Kaffee am Morgen, das Pariserbrot, ohne das in Frankreich kein Tag beginnen kann, das Bürli zur St. Galler Bratwurst, die Hostie zur Eucharistie.

Beim Fussballspiel fallen besonders die Schlachtgesänge auf, die kollektive Verehrung von Spielern und Trainern, das Vokabular (Fussballgott, Heiliger Rasen, Hand Gottes) der feierliche Einzug der Akteur*innen, die liturgische Fankleidung, das Kreuzzeichen mancher Spieler, der Kniefall nach einem Tor oder Sieg.

Mike S. Schäfer und Mathias Schäfer kommen in ihrer Untersuchung: "Abseits-Religion. Fußball als Religionsersatz?" zu folgender Erkenntnis:

"Die Ergebnisse weisen also darauf hin, dass sich Fußball und Religion sehr wohl in einer, der sozialen Funktion überschneiden und hinsichtlich dieses Aspekts auch in einem Konkurrenzverhältnis stehen. Wenn man nun, etwa mit Hitzlers (1994) These des 'Sinnbastelns' erwartet, dass Menschen die Befriedigung verschiedener Bedürfnisse in der Moderne nicht mehr gebündelt bei einer Institution, etwa einer Glaubensgemeinschaft, suchen, sondern für jede Aufgabe den ihrer Meinung nach jeweils besten ‚Anbieter‘ wählen, dann ist vorstellbar, dass Fußball und Religion die herausgearbeiteten Funktionen untereinander aufteilen. Der Entscheidung für ein solches Angebot könnte dann eine bewusste oder unbewusste Kosten-Nutzen-Abwägung des Einzelnen zugrunde liegen. Wird das Bedürfnis nach Integration beispielsweise besser im Fußball bedient, sinkt die Notwendigkeit für Gemeinschaftserlebnisse in der Kirche. Sind religiöse Lehren geeigneter, die eigene Existenz in einen größeren Sinnzusammenhang einzuordnen, so muss nicht im Fußball nach übergreifenden Werten gesucht werden. Fußball und Religion haben zweifellos ihre je eigenen Potenzen, können in Teilbereichen, etwa in der Gemeinschaftsdimension, in Konkurrenz zueinander stehen, unterscheiden sich in ihrer konkreten Ausrichtung und ihrem Geltungsanspruch aber ausreichend voneinander, um sich als Gesamtphänomene nicht gegenseitig auszuschließen." Siehe https://www.uzh.ch/cmsssl/ikmz/dam/jcr:de90cf56-188b-4301-beea-8fd36525d6a2/4_13.pdf

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 23. Mai 2021

Vor allem sing geistlich!

Ein Gedanke

Griechische Musik und Gesang in der Kirche
Foto © Jörg Niederer
"Bei manchen Völkern wird der Reichtum eines Menschen daran bemessen, wieviele Lieder er im Herzen trägt." Autor unbekannt

Ein Bibelvers - Psalm 63,4+5

"Ja, deine Güte bedeutet mir mehr als das Leben. Meine Lippen sollen dich loben. So will ich dich preisen mein Leben lang. Mit deinem Namen auf den Lippen erhebe ich meine Hände zum Gebet."

Eine Anregung

Erstmals nach meinen Ferien und nach einer langen Zeit, in der Singen im Gottesdienst nicht erlaubt war, werde ich diesen Sonntag im Gottesdienst selbst wieder singen dürfen. Ich freue mich darauf, und erinnere mich dabei zugleich an die Singanregungen von John Wesley, Mitbegründer der methodistischen Bewegung. Im Methodist Hymn Book von 1933 finden sich seine Tipps. Sie lauten kurz und knapp so: "Sing die Melodien wie sie gedruckt vorliegend! Sing alle Lieder! Sing frisch und mutig! Sing zurückhaltend und brülle nicht! Sing im Takt! Vor allem singe geistlich!"

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Heute wird der Abendmahls-Pfingstgottesdienst aus der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen ist auf Youtube jetzt verfügbar: https://youtu.be/cvYtg9semD0

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Samstag, 22. Mai 2021

Verdingkind auf Instagram

Ein Gedanke

Erlebnis-Gasthof Waldegg: Die gute alte Zeit ist eine Fiktion
Foto © Jörg Niederer
"Du hattest kein Zuhause, du konntest nirgendwohin" Rita Soltermann - https://www.saiten.ch/du-hattest-kein-zuhause-du-konntest-nirgendwohin/

Ein Bibelvers - 1. Mose 37,26+27

"Da sagte Juda zu seinen Brüdern: 'Was haben wir davon, wenn wir unseren Bruder erschlagen und den Mord verheimlichen? Kommt, wir verkaufen ihn [Josef] an die Ismaeliter, statt ihn umzubringen. Er ist doch unser Bruder – unser Fleisch und Blut.' Seine Brüder hörten auf Juda."

Eine Anregung

Alleinerziehenden Müttern oder armen Familien wurden in der Schweiz bis vor 50 Jahren Kinder weggenommen, und als "Arbeitskräfte" meist auf Bauernhöfen fremdplatziert. Davon handelt eine Instagram-Filmserie, die von den Kunststudentinnen Yvonne Haberstroh und Elena Clavadetscher produziert wird. Die Produktion will der jüngeren Generation die Schicksale dieser Verdingkinder näher bringen. Darum wurde der Instagram-Kanal gewählt. In Form von Echtzeit-Posts entsteht der Eindruck, als würde das Verdingkind Anna ihren Alltag als entmündigte und unbezahlte Arbeitskraft direkt mit den heutigen Usern teilen.

Wer auf Instagram ist, sollte unbedingt einmal in diese Kurzfilm-Serie hineinschauen: https://www.instagram.com/vergiss.mich.nie/

Eine gute Übersicht gibt der Beitrag "Morgengast" von SRF unter https://www.srf.ch/kultur/film-serien/insta-serie-vergiss-mich-nie-die-junge-generation-muss-an-die-verdingkinder-erinnert-werden

Später soll die Serie dann auch auf Youtube am Stück zu sehen sein.

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Freitag, 21. Mai 2021

Das Wichtigste ist ein barmherziger Umgang

Ein Gedanke

Weiler Altenhausen. Das Haus ganz rechts ist die Evangelisch-methodistische Kirche Klingenberg.
Foto © Jörg Niederer
"Wird der Reiche wahrhaft barmherzig, so hört er bald auf, reich zu sein." Leo Tolstoi (1828 - 1910)

Ein Bibelvers - 1. Korinther 13,4+5

"Die Liebe ist geduldig. Gütig ist sie, die Liebe. Die Liebe ereifert sich nicht. Sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Sie ist nicht unverschämt. Sie sucht nicht den eigenen Vorteil. Sie ist nicht reizbar und trägt das Böse nicht nach."

Eine Anregung

Er sei introvertiert, neugierig, wissbegierig, kaum katholisch, aber reformiert und charismatisch und jetzt methodistisch. Der neue Pfarrer, der ab Herbst in der Evangelisch-methodistischen Kirche Klingenberg wirken wird, heisst Sascha Schmiedl, studierte einst Biologie, was ihn das Staunen gelehrt habe, und freut sich auf die Region und die Menschen auf dem thurgauischen Seerücken. Später dann wird er auch noch ein kleines Pensum in Weinfelden übernehmen, und dann werde ich mit ihm wohl vermehrt zusammenarbeiten. Darauf freue ich mich, kenne ich ihn doch schon von der Zeit, als er als theologischer Praktikant die gleiche Pfarrkleingruppe wie ich besucht hatte.

In einem Interview stellt er sich den Menschen in der unscheinbaren Kirche an der Hirtenstrasse (und der ganzen Welt) vor: https://www.youtube.com/watch?v=uLgJ2Xj1cY4

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Donnerstag, 20. Mai 2021

Maria und die Frage nach dem Richter

Ein Gedanke

Darstellung des Jüngsten Gerichts - Kirche "Unserer lieben Frau von der Vill" in Neumarkt, Südtirol
Foto © Jörg Niederer
"Erfahrene Juristen bezeugen, dass es vor Gericht von Vorteil sein kann, wenn man im Recht ist." Graham Arthur Chapman (1941-1989) Mitglied bei der Komiker-Gruppe Monty Python

Ein Bibelvers - Johannes 12,48

Jesus: "Wer mich ablehnt und meine Worte nicht annimmt, hat seinen Richter schon gefunden: Das Wort, das ich gesprochen habe, wird ihn am letzten Tag verurteilen."

Eine Anregung

Wie lese ich die Bibel in meinem privaten Umfeld. Maria-Sybille Bienentreu erzählte davon im Domradio.

Gestern traf ich sie. Maria Bienentreu wird ab kommendem Jahr die Arbeitsgruppe Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung (GFS) der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Appenzell/St. Gallen leiten. Ursprünglich aus Deutschland, lebt sie heute in Gossau SG.

Wie liest Maria die Bibel? Das Dialogische ist ihr besonders wichtig. Im gemeinsamen Nachdenken sieht sie einen grossen Gewinn. Über eine Woche legte die katholische, feministische Theologin und pensionierte Lehrerin täglich einen Bibeltext aus. Zum Beispiel am 28. April über Johannes 12,44-50.

"Von welchem Richter spricht Jesus hier?" wurde sie von Moderator Carsten Döpp gefragt. Ihre Antwort ist geprägt von betendem Nachdenken und aus eigenen Erfahrungen. Dazu gehöre auch das Lied "Strenger Richter aller Sünder". Doch hört am besten selbst, was Maria Bienentreu auf die Frage nach dem Richter antwortete: https://www.domradio.de/audio/joh-1244-50-gespraech-mit-maria-sybille-bienentreu

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Mittwoch, 19. Mai 2021

Zoom-Anlass über eine spezielle Pilgerreise nach London

Ein Gedanke

Katzenskulptur an der Themse in London
Foto © Jörg Niederer
"In Dartford fällt mir ein Busstopp namens 'Pilgrims Way' an der gleichnamigen Strasse auf. Ich bin also voll und ganz auf dem richtigen Weg." Aus meinem Buch 

Ein Bibelvers - Römer 15,23b+24

Paulus: "Seit vielen Jahren ist es mein sehnlicher Wunsch, zu euch zu kommen. Das könnte ich tun, wenn ich nach Spanien reise. Ich hoffe also, euch auf der Durchreise zu treffen. Und ich erwarte auch, bei euch für die Weiterreise ausgerüstet zu werden. Aber vorher möchte ich gerne eine Weile die Gemeinschaft mit euch genießen."

Eine Anregung

Seit mehr als einem Jahr musste ich mehrere meiner Lesungen und Vorträge über meine Fussreise von Frauenfeld (Schweiz) nach London absagen. So auch zwei Anläufe in Freiburg in Breisgau. Dort konnte ich damals auf der Wanderung einen Gottesdienst besuchte und bei einer netten Dame in der 8. Etage eines Hochhauses übernachten.

Nun findet morgen dieser Anlass statt, allerdings nicht vor Ort, sondern per Zoom. Natürlich hätte ich mich gefreut, die Reisebekanntschaften im wirklichen Leben wieder zu treffen. Doch Zoom hat auch Vorteile. So ist es möglich, von überall her daran teilzunehmen.

Alle, die sich für eine solche Pilgerreise, es ging zum Grab des Gründers der methodistischen Bewegung, zum anglikanischen Pfarrer John Wesley (1703-1791), interessieren, oder auch einfach hören möchten, wie eine Weitwanderung durch vier europäische Länder ablaufen kann, sind herzlich eingeladen, sich einzuloggen. Am Donnerstag, 20.05.2021 um 19.30 Uhr geht es via Link auf der folgenden Webseite los: https://www.atlas.emk.de/emk-freiburg/aktuell/ 

Zu sehen sind viele Bilder von der zweimonatigen Wanderung, dazu lese ich Auszüge aus meinem Buch und erzähle von Begegnungen und Erfahrungen. Natürlich beantworte ich auch Fragen.

Wer weiss, vielleicht sehen wir uns morgen per Zoom.

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Dienstag, 18. Mai 2021

Apfelkreuz und Steindenkmal

Ein Gedanke

Wegkreuz aus Stein in Schönenmatt bei Dornach
Foto © Jörg Niederer
"Sie kommen jeden Tag und verunstalten unsere Städte. Sie hinterlassen überall ihre idiotischen Schriftzüge. Sie machen aus der Welt einen hässlichen Ort. Wir nennen sie Werbeagenturen und Stadtplaner." Banksy

Ein Bibelvers - 1. Mose 31,51-53

"Weiter sagte Laban zu Jakob: 'Sieh diesen Steinhügel an und diesen Kultstein, den ich zwischen uns aufgestellt habe. Der Steinhügel und der Kultstein sind Zeugen für unseren Vertrag: Ich werde diesen Steinhügel als Grenze zu dir niemals in feindlicher Absicht überschreiten. Auch du wirst diesen Steinhügel und diesen Kultstein als Grenze zu mir nie in böser Absicht überschreiten. Sonst bestrafe uns der Gott Abrahams und der Gott Nahors, der Gott ihres gemeinsamen Vaters.'"

Eine Anregung

In einer Arbeit über die Felsbilder der Alpen stosse ich auf das Apfelkreuz. Ein gekreuzigter Apfel wird das wohl nicht sein, denke ich. Und so suche ich nach einer Antwort und finde einen entscheidenden Hinweis unter http://www.kunstdirekt.net/Symbole/symbolkreuz.htm

Was für eine Vielfalt an Kreuzen es doch gibt. Auf dem Foto hängt der rostige Jesus an einem Kleeblattkreuz aus Stein, das ich vor Jahren bei Dornach fotografierte. Kreuze lassen sich einfach in Stein einritzen. Vielleicht gibt es deshalb auf so vielen prähistorischen Schalensteinen auch Kreuze aus späterer Zeit. Die Schweiz ist voll davon. Das kann man erkunden auf der Webseite des Schweizerischen Steindenkmäler-Inventars unter http://www.ssdi.ch/

Besonders aufschlussreich ist die Googlekarte auf dieser Webseite. Was es da nicht alles gibt? Und an was allem ich auf meinen Ausflügen nicht schon unwissend vorbeigewandert bin. Da möchte ich doch gleich wieder losziehen.

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Montag, 17. Mai 2021

Beim Namen nennen - Ein Zeichen gegen die Ausgrenzung

Ein Gedanke

Stacheldraht gegen Menschen
Foto © Beim Namen nennen - St. Gallen
Hoffnung kennt keine Stacheln. Hoffnung will geteilt werden.

Ein Bibelvers - Römer 5,3b-5

"Das Leid lehrt, standhaft zu bleiben. Die Standhaftigkeit lehrt, sich zu bewähren. Die Bewährung lehrt zu hoffen. Aber die Hoffnung macht uns nicht zum Gespött. Denn Gott hat seine Liebe in unsere Herzen hineingegossen. Das ist durch den Heiligen Geist geschehen, den Gott uns geschenkt hat."

Eine Anregung

Stacheldraht. Regelmässige Wandererfahrung. Todesfalle vieler Tiere. Verpönt und mancherorts für Viehweiden verboten.

Gegen Menschen kommt dagegen meist ein anderer Zaun zum Einsatz: Der Nato-Stacheldraht, auch Rasiermesserdraht genannt. In einem Werbetext heisst es dazu: "Er sichert sogar militärische Anlagen, Gefängnisse und Regierungsbehörden, aber auch kommerzielle oder private Gebäude."

Solche Stacheldrähte haben eine klare Sprache: "Bleibt weg!" Die Verletzungen sind gewollt.

Stacheldrähte stehen real und symbolisch für eine Abschottungspolitik, die tausendenden von Menschen den Tod gebracht hat. Gerade jetzt in diesen Sommertagen flüchten wieder viele Menschen über das Mittelmeer. Nicht wenige sterben dabei. Sie sollen nicht vergessen werden. In St. Gallen werden sie beim Namen genannt. Statt Stacheln sollen ihre Namen um die Kirche St. Laurenzen im Wind flattern. Deine Mithilfe ist erwünscht.

Schaue dir das Video dazu an auf: https://1drv.ms/v/s!AkPHRrUIwnB9tOAKaxLjvIGHStB2RA?e=A9jthU oder https://www.instagram.com/p/COkqJYTrslj/ oder https://www.facebook.com/beimnamennennen/videos/941690203252999

Willst du mitmachen? Hier findest du alle Angaben: https://www.kathsg.ch/DE/180/BeimNamennennen.htm

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika

Sonntag, 16. Mai 2021

Der Engel mit der Schaufel

Ein Gedanke

Engel neben Schaufel in Homburg TG
Foto © Jörg Niederer
"Nur in einem ruhigen Teich spiegelt sich das Licht der Sterne." Chinesisches Sprichwort 

Ein Bibelvers - 1. Mose 2,2-3

"Am siebten Tag vollendete Gott sein Werk, das er gemacht hatte. An diesem Tag ruhte er aus von all seiner Arbeit, die er getan hatte. Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn zu einem heiligen Tag."

Eine Anregung

Ora et Labora - beten und arbeiten - in dieser Reihenfolge. Der lebensgrosse, geschnitzte Engel steht etwas verloren am Strassenrand im thurgauischen Homburg. Neben ihm eine Schaufel, als hätte der Gottesbote sie gerade weggestellt. Die Hände gefaltet zum Gebet, der Untätigkeits-Tätigkeit.

Heute ist Sonntag. Die Arbeit darf ruhen. Ein idealer Tag für das Gebet, den Gottesdienstbesuch, die Familie, den Mittagsschlaf, das Aufatmen.

Brauchst du noch eine Anregung, wie Ruhe auch aussehen kann: Zwischen Homburg und Steckborn liegt einer von zwei Ruhewälder von Thurgauer Bürgergemeinden: https://ruheimwald.ch/

Jörg Niederer ist Mitglied im Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika