Als wir als Familie in den oberen Teil meines Elternhauses zogen, konnten unsere Töchter auch mit Grosseltern aufwachsen. Dies war eine Bereicherung für alle. Meiner Frau und mir war bewusst, dass die Zeit kommen kann, in der wir für meine Eltern mehr Mitverantwortung zu tragen haben.
Eines Tages lasen meine Eltern nach dem Frühstück miteinander den Tagestext des Abreisskalenders der EMK. Anschliessend auf dem Weg an eine Beerdigung starb mein Vater unvermittelt und ohne Schmerzen. Er starb so, wie er es wünschte: plötzlich und niemandem zur Last fallen zu müssen.
Meine Mutter erkrankte an Alzheimer. Schwierig war die längere Zeit des Übergangs von der Vergesslichkeit bis zum Tag, an dem sie in ein Pflegeheim eintreten musste. Wir besuchten sie jeden Sonntagnachmittag. Diese Besuche waren kein Muss, sondern es geschah aus Dankbarkeit.
Die Beziehung über die Generationen hinweg ist ein Geben und Nehmen. Je nach Situation kann dies entlastend oder auch belastend sein. Dabei ist immer wieder die Frage zu bedenken, wieviel die ältere Generation von der jüngeren und wieviel die jüngere Generation von der älteren erwarten darf.
Wesentlich darf für uns Christen sein, dass auch diese Beziehungen aus der Freiheit heraus geschehen dürfen und keine Pflichtübung sein sollen.
Erschienen in "Kirche und Welt", 5/2013 - Heiner Studer ist Mitglied im
Ausschuss Kirche und Gesellschaft der EMK Schweiz-Frankreich
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