Wenn ich an die Abstimmung vom 15. Mai über die Beteilung an Frontex denke, kommen mir mehrere Erinnerungen.
Das ist zuerst einmal der Film „Der „Marsch“ aus den Jahr 1990. Ich weiss nicht mehr vieles von diesem Film, den ich damals gesehen habe. Tausende von Afrikanern versuchten verzweifelt nach Europa zu gelangen. Aufgrund der Klimaerwärmung waren weite Teile von Afrika unbewohnbar geworden. Der Marsch ging über die ausgetrockneten Ozeane. Zum Schluss standen die Marschierenden den Grenzwächtern mit gezogenen Waffen gegenüber. Ich meine, der Film endete damit. Dieses Bild hat sich in meine Erinnerung eingebrannt.
Im Jahr 2002 haben meine Frau und ich Ferien in Andalusien gemacht. Eine Station unsere Ferien war die malerische Küstenstadt Tarifa, an der Costa de la Luz gelegen. Der südlichste Punkt Spaniens und des europäischen Festlandes ist nur 14 Kilometer vom afrikanischen Kontinent entfernt. Von den historischen Hafenanlagen hat man bei klarem Wetter einen guten Blick nach Afrika hinüber. Auf einmal erklang die Sirene. Es seien Flüchtlinge auf dem Meer vor Tarifa aufgegriffen worden, meinte ein Reiseführer auf unsere Frage nach der Sirene. Ungefähr 500 Flüchtlinge wären das ungefähr, pro Woche, wusste er weiter. Dabei sei das Meer hier an der Meerenge äusserst wild und unberechenbar. Wir haben dann die ungefähr zwanzig Männer, welche gestrandet sind, gesehen. Sie waren trotz der Wärme in Handtücher gehüllt und wurden zu fensterlosen Containern geleitet.
Dass Tarifa heute wegen seiner starken Winde als Paradies für Kidesurfer gilt, zeigt die grossen Gefahren, denen sich die Menschen aussetzen, bei ihrer Flucht über das Mittelmeer hier vor Tarifa. Unzählige sterben im Mittelmeer, beim Versuch ins sichere und reiche Europa zu gelangen.
Auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise habe ich im deutschen Fernsehen eine Talkshow mit Günter Jauch gesehen. Eine Frau erzählte von ihren Erfahrungen in einem Schlepperboot, unterwegs im östlichen Mittelmeer. Sie sass an Deck eines kleinen Bootes mit ihren beiden Kindern im Arm. Es herrschte Sturm mit grossen Wellen. Sie meinte, dass sie sie panische Angst hatte und sie nicht wusste, nach jeder Welle, ob ihre beiden Kinder nicht von Bord geflogen wären. Der Moderator fragte, wie sie ihre Kinder in so eine grosse Gefahr bringen konnte. Die Frau schaute den Moderator an und fragte ihn, was sie angesichts der fehlenden Perspektive für eine Wahl hätte. Der Moderator und alle Talkgäste waren irgendwie sprachlos und ich auch.
Für mich ist Frontex ein wichtiges Instrument zur Abschottung Europas. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Festung Europa. Trotz der immer höheren Hürde und grossen Gefahren, lassen sich viele Menschen angesichts ihrer Perspektivlosigkeit nicht von ihrer Flucht über das Mittelmeer abhalten.
Mit der stärkeren Unterstützung von Frontex, wie es gefordert wird, würden wir uns viel stärker beteiligen am Ausbau der Festung Europa. Und das kann nicht der richtige Weg sein.
Markus Nagel