Für mich ist es Zeit, dass die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen gegenüber verschiedengeschlechtlichen Paaren aufzuheben. Diese Ungleichbehandlung ist sachlich nicht begründbar und verstösst gegen das Diskriminierungsverbot.
Das Recht auf Ehe und Familie ist ein Menschenrecht, das
allen Menschen gleichermassen zusteht. Für die Gleichstellung
gleichgeschlechtlicher Paaren in der Schweiz ist die Ehe für alle ein längst
überfälliger Schritt in die richtige Richtung.
Ich meine ausserdem, dass wir von Gott gewollt sind sowie
wir geschaffen sind. Wir sind von Gott
zutiefst bejaht.
Die Sexualität und die sexuelle Orientierung in ihrer
Vielfalt sind auch ein Ausdruck der guten Schöpfung und der geschöpflichen
Fülle.
Markus Nagel
Ehe für Alle – ein Thema, das Viele bewegt – mich eingeschlossen. Ich bin dafür, dass Menschen gleichberechtigt miteinander unterwegs sein dürfen. Ich stelle mich klar gegen Diskriminierung jeglicher Art und somit stehe ich für ein JA zur Ehe für Alle.
Vor Gott sind alle Menschen gleich! Wir alle sind aufgerufen, ein Miteinander in Liebe zu leben und (Für-)Sorge zueinander zu tragen. Wenn sich zwei Menschen in Liebe dazu entschliessen, den Bund fürs Leben miteinander einzugehen, füreinander zu sorgen in guten und in schlechten Zeiten, sich gegenseitig tragen, in Treue miteinander leben und füreinander da sind, dann kommt es nicht auf das Geschlecht an. Diesen Menschen die Ehe abzusprechen ist diskriminierend, wertend und (ver-)urteilend.
Die aktuell gültige eingetragene Partnerschaft ist nach wie vor in etlichen Bereichen der Ehe gegenüber benachteiligt und diese Lücken gilt es zu schliessen. Ein Ja zur Ehe für Alle integriert, entstigmatisiert und schafft einen gleichberechtigen gesetzlichen Rahmen für sich liebende und sich fürsorgende Menschen!
Pia Uhlmann
Bei der Abstimmungsmöglichkeit
über die "Ehe für alle" gönne ich allen Mitmenschen die Rechte, die
mir selber zustehen. Das schliesst ein, dass die Partnerschaft, in der ich
lebe, juristisch und gesellschaftlich anerkannt wird. Diese Partnerschaft darf Raum
einnehmen. Ich werde damit aber auch angehalten, dieser Partnerschaft gerecht
zu werden. Unsere Gesellschaften gehen auf diese Weise mit verbindlichen
Beziehungen um, weil sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und
dienen.
Auch in der Kirche gilt es,
verantwortungsvolle Beziehungen anzuerkennen, ihre Wirkung dankbar anzunehmen
und die Betroffenen darin zu begleiten, in ihren Beziehungen in Hingabe und
Liebe zu wachsen.
Darum würde ich es begrüssen, wenn diese Gesellschaft sich auf das Wagnis von mehr Gerechtigkeit für alle einlässt.
Marietjie Odendaal
Ich wuchs in den 1960er und 70er Jahren in Südafrika auf, in
einer Gesellschaft, die nicht nur zutiefst rassistisch, sondern auch zutiefst
homophob war. Ich war schüchtern und introvertiert, und meine romantischen
Beziehungen endeten katastrophal, bevor sie richtig begonnen hatten. In meinen
späten Zwanzigern traf ich schließlich die Frau meiner Träume. Doch die
Beziehung war nicht das, was ich erwartet hatte. Ich führte das auf
unerfüllbare romantische Träume zurück. Wir waren eine Zeit lang zusammen, und gerade
als die Beziehung gut lief und wir an eine gemeinsame Zukunft zu denken
begannen, machte sie Schluss. Ich war am Boden zerstört. Etwa ein Jahr später
sagte sie zu mir: "Dave, ich muss dir etwas sagen." Dann hielt sie
inne und nach einigen Versuchen sagte sie. "Ich bin lesbisch."
Gefühlsmässig war das wie ein Schlag in die Magengrube, aber intellektuell
machte es absolut Sinn für unsere Beziehung.
Meine Freundin und ich verbrachten viele Stunden mit
Gesprächen. Sie erzählte, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben wusste, was es
heisst, sich in jemanden zu verlieben und eine tiefe emotionale Bindung zu
entwickeln. Sie hatte das, wonach ich suchte, aber sie hatte es in einer
Beziehung mit einer anderen Frau gefunden. Sie stammte aus einer evangelikalen Familie
und hatte in der Vergangenheit Probleme mit ihren romantischen Beziehungen
gehabt. Sie hatte sich mit schwulen und lesbischen Menschen angefreundet und
begann sich zu fragen: "Bin ich das? Sie begann zu beten, dass Gott ihr
einen Mann führen würde, der ihren Idealen entsprach, und wenn es nicht
funktionierte, würde sie es wissen. Ich war die Antwort auf ihre Gebete. Ich
hatte mir immer gewünscht, die Antwort auf die Gebete einer schönen Frau zu
sein, aber das war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Ich wurde sehr
wütend auf Gott. Ich fühlte mich wie ein Versuchskaninchen in einem kosmischen
Experiment. Meine Freundin hatte entdeckt, wer sie war, und war glücklich in
einer Beziehung. Ich war am Boden zerstört, und meine Träume waren geplatzt.
Eines Tages wurde mir plötzlich klar, dass das, was Paulus
in Römer 1 schrieb, nicht zu den Erfahrungen meiner Freundin passte. Es schien
offensichtlich, dass Paulus sich geirrt hatte. Wenn er sich geirrt hatte, dann
hatte er sich wahrscheinlich auch im Rest seiner Schriften geirrt. Vielleicht
war alles in der Bibel nur ein Märchen. Existierte der christliche Gott
tatsächlich? Ich war jetzt sehr wütend auf einen Gott, von dessen Existenz ich
überhaupt nicht überzeugt war. Ich schwankte zwischen Glauben, Zweifeln,
Unglauben und wieder zurück. Im Hinterkopf hatte ich die Herausforderung.
"Wenn das Evangelium wahr ist, wird es eine gute Nachricht für Schwule und
Lesben sein. "Wenn es keine gute Nachricht für sie ist, kann es nicht wahr
sein.
Im Laufe der Jahre wurde mir klar, dass die zentrale
Botschaft des Evangeliums eine Botschaft der Gerechtigkeit und der Inklusion
ist. Jesus identifizierte sich mit denen, die durch die Reinheitsvorschriften
des Alten Testaments ausgeschlossen worden waren, und schloss sie ein. Die
Situation schwuler und lesbischer Menschen erschien mir als Parallele zur
Situation derer, die Jesus einbezog und bejahte. Paulus' Botschaft der
Rechtfertigung allein durch den Glauben bedeutete, dass keine weitere Bedingung
für die Annahme durch Gott und damit für die volle Teilnahme an der
christlichen Gemeinschaft hinzugefügt werden konnte. In den 1980er Jahren hatte
mich Paulus' Tadel an Petrus im Brief an die Galater, der sich weigerte, mit
den Heiden zu essen, davon überzeugt, dass die Rassentrennung in der Kirche
eine Verleugnung der Rechtfertigung durch den Glauben darstellt. Ich bin zu der
Überzeugung gelangt, dass die Forderung an Schwule und Lesben, entweder
"ihre Orientierung zu ändern" oder zölibatär zu bleiben, die sexuelle
Orientierung dem Glauben als Grund für die Akzeptanz innerhalb der christlichen
Gemeinschaft hinzufügt. Ein christliches Verständnis der Ehe beginnt mit 1.
Mose 2,18, wo Gott sagt: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein
ist." Daher können wir nicht sagen, dass es gut ist, wenn Schwule und
Lesben allein bleiben. Gott schuf für Adam eine Person, die "eine Hilfe
... die ihn anspricht" war. Aus meiner Erfahrung weiss ich, dass für einen
schwulen oder lesbischen Person jemand des anderen Geschlechts nicht jemand
ist, der "ihn anspricht", er/sie ist nicht das Heilmittel für das
"Alleinsein".
Wie steht es dann mit den Bibelstellen, die zur Verurteilung
der Homosexualität herangezogen werden? Erstens bin ich davon überzeugt, dass
die zentrale Botschaft der Bibel massgebend ist und nicht alle einzelnen Texte.
Zweitens, dass es für alle diese Texte andere, ebenso wahrscheinliche
Interpretationen gibt, die eine feste, treue gleichgeschlechtliche Beziehung
nicht verurteilen.
David Field
Es liegt mir am Herzen, dass die EMK die «Ehe für alle»
aktiv unterstützt und für ein Ja wirbt. Dadurch würde sie zeigen, dass bei ihr
ohne Ausnahme alle Menschen willkommen sind. Selbst für queere Menschen ohne
Partner wäre das vorteilhaft: Die Ehe-Öffnung bringt ihnen zwar nicht direkt
etwas, doch die zustimmende Haltung der Kirche würde auch ihnen das Gefühl
geben, sich angenommen und aufgehoben zu fühlen. Ich glaube nicht an einen
Gott, der die Menschen anhand der sexuellen Orientierung be- und verurteilt.
Dass Liebe in irgendeiner Form als Sünde betrachtet werden kann, ist mir
unverständlich. Ich stamme aus einer Freikirche, die auch heute noch über «von
sexueller Abirrung betroffene Menschen» spricht. Ich fühle mich nicht betroffen
von meiner Sexualität. Betroffen macht mich, wie diffamierend, diskriminierend
und ausgrenzend sich manche Christen, Kleriker wie Laien, über Homosexuelle
erheben.
Begründet wird diese vorgegebene Homophobie mit der Bibel.
Besonders «bibeltreue» Christen haben die Tendenz, oftmals eine übervorsichtige
Bibelauslegung zu praktizieren, um ganz sicher zu gehen, Gottes Willen in jedem
Punkt zu erfüllen. Die Bibelstellen, welche als Begründung für Homophobie
herangezogen werden, sind nun wirklich nicht eindeutig und verständlich. Durch
eine Auslegung um sieben Ecken verfälscht und verzerrt sich der vermeintliche
Wille Gottes – abgesehen davon, dass Gott für uns so oder so unfassbar bleibt
und wir sein Denken nicht begreifen können. Eine Kirche, die offen zugibt, dass
sie Gottes Meinung nicht bis ins Detail kennt, wirkt viel glaubwürdiger als
eine, welche für alles nach einer klaren Haltung und Begründung sucht.
Das Festhalten an der traditionellen heterosexuellen Ehe
wird oft damit begründet, dass daraus Kinder hervorgehen und sie somit als
Keimzelle der Gesellschaft gilt. Doch es gibt auch Ehepaare, die keine Kinder
zeugen können oder gar nicht erst welche wollen. Konsequenterweise müsste dann
auch solchen Paaren die Ehe verweigert werden. Doch diese Paare können
staatlich und in praktisch allen christlichen Konfessionen heiraten, während
für homosexuelle Paare oftmals nicht einmal eine Segnungsfeier möglich ist.
Natürlich verlange ich nicht, dass kinderlose
Partnerschaften nicht als Ehe gelten können – ich möchte damit nur die durch
mich empfundene Ungerechtigkeit aufzeigen. Übrigens haben verschiedene Studien
aus verschiedenen Teilen der Welt festgestellt, dass Kinder in
Regenbogenfamilien ebenso gesund und wohlbehütet aufwachsen wie in
heterosexuellen Ehen.
Bei der «Ehe für alle» geht es übrigens um mehr, als die
gleichen Rechte zu haben: Eine vor kurzem veröffentlichte Studie aus den USA
zeigt, dass sich die psychische Gesundheit von Queers seit der Öffnung der Ehe
verbessert hat und sie glücklicher und mit ihrem Leben zufriedener sind. Der
Unterschied ist bei jenen LGBTI+ sogar noch grösser, welche in US-Bundesstaaten
leben, welche die Ehe vor dem Urteil des Obersten Gericht noch nicht geöffnet
hatten.
Queere Rechte sind unveräusserliche Menschenrechte. Sie
gehen uns alle an, denn die eine Person darf nicht mehr Menschenrechte oder
grösseren Schutz geniessen als die andere. Es ist höchste Zeit, dass die Kirche
ihrer menschenfeindlichen Geschlechter- und Sexualpolitik ein Ende setzt.
Zum Schluss möchte ich ein paar Worte des EKD-Landesbischofs
Christian Stäblein vom April 2021 zitieren: «Wir als Kirche haben uns schuldig
gemacht an gleichgeschlechtlich Liebenden. Wir haben sie über Jahrhunderte
diskriminiert, abgewiesen, in Nischen und ins Abseits gedrängt, aus der
Öffentlichkeit und von Ämtern ferngehalten, an vielen Stellen ihr Leben
zerstört, seelisch und körperlich. Ich selber spüre Schuld über mein eigenes
früheres Reden.»
Gott ist die Liebe. Und die Liebe gewinnt.
Marcel Schmidt