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Freitag, 20. September 2019

Wahre Pressefreiheit

Freiheit
Jesus sagt, die Wahrheit macht uns frei. Glauben wir das? Vielleicht meint er doch nur als Wahrheit, dass er Gottes Sohn ist und uns liebt. Denn ob andere Wahrheiten frei machen, ist fragwürdig. Sie verpflichten uns viel mehr zum Handeln und zum Parteiergreifen, sie nehmen uns unsere bequemen Illusionen und unsere Hilflosigkeit.
Anscheinend gehört die Wahrheit nicht zum kostbaren Gut. Nur so kann ich mir die herrschende Stille über die Festnahme von Julian Assange erklären. Ich erinnere mich, wie aufgeregt sich 2015 die Schlagzeilen tage-, ja wochenlang mit dem Anschlag auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» befassten. Alle gingen auf die Barrikaden für die Pressefreiheit – auch für eine Zeitschrift, die andere Menschen und Meinungen lächerlich macht.
Nach Julian Assanges Festnahme gab es keine vergleichbare Reaktion. Aber ich finde die politische Kampagne gegen Assange – einen Journalisten, der mit Hilfe von WikiLeaks wichtige und beunruhigende Informationen, die uns alle betreffen, öffentlich gemacht hat! – sehr gefährlich. Ich vermisse eine angemessene Reaktion, in der die damit verbundene Bedrohung für die Pressefreiheit und für das Zivilrecht auf Wissen und Transparenz angeprangert wird.
Jesus sagt, die Wahrheit macht uns frei. Dazu gehört auch die Wahrheit über das widerrechtliche Handeln von Behörden, über korrupte Regierungen, bis hin zu Kriegsverbrechen (vgl. das Video «Collateral Murder»). Zur Wahrheit, die Jesus als freimachend beschwört, gehören grundlegende Menschenrechte. Ich will nicht in einer Welt leben, in der die Wahrheit nur in der inneren Beziehung zu Jesu Wahrheit zu finden ist. Ich will in einer Welt leben, in der Verbrechen auch Verbrechen genannt und aufgedeckt werden. In einer Welt, in der Rechtsbruch nicht zum Heldentum verklärt wird und Politiker für ihr Handeln haftbar sind.

Sonntag, 1. September 2019

Grüntonnen

Festival
«He, gots no!» riefen die beiden Jugendlichen am Bahnhof aus, als ich versuchte, meine leere Flasche im zwischen ihnen stehenden PET-Container zu entsorgen. Ich konnte ja nicht wissen, dass es ihr Transportgefäss ans Open-Air Frauenfeld war. Normalerweise werden Grüncontainer, dafür zweckentfremdet. Unzählige enthalten in der Festival-Zeit keinen Bioabfall, sondern Kleider, alkoholische Getränke, Zelte, Verstärker, und was man halt so für einen gediegenen Aufenthalt unter freiem Himmel braucht.
Wenn die Musikbegeisterten wieder abreisen, sind manche Grüncontainer deutlich leichter und leerer. Zurück auf dem Gelände bleiben von den 180'000 Hip-Hopern 297 Tonnen Abfall. In diesem Jahr sei weniger liegengelassen worden, meinte der Sprecher Joachim Bodmer vom Open Air Frauenfeld. Aber: «… man hat nicht den Eindruck, dass die Klimaschutz-Debatte einen grossen Einfluss gehabt habe».
Dabei ist das gar nicht so viel Abfall: Nur 560 Gramm pro Kopf und Tag. Zu Hause – in den eigenen vier Wänden – sind es nämlich fast 2 kg. Vielleicht sollten wir mehr an Open Airs und mehr «in uns» gehen.
Erschienen in "Kirche und Welt", 9/2019